Rz. 29

Stand: EL 129 – ET: 02/2022

Nach § 9 Absatz 2 Satz 3 EStG können Menschen mit Behinderungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte an Stelle der Entfernungspauschale die tatsächlichen Aufwendungen ansetzen. Bei Benutzung eines privaten Fahrzeugs können die Fahrtkosten aus Vereinfachungsgründen auch mit den pauschalen Kilometersätzen gemäß § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a EStG angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind (vgl. auch Rz. 37 des BMF-Schreibens zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts vom 25. November 2020, BStBl I Seite 1228). Bei Benutzung eines eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftwagens kann danach ohne Einzelnachweis der Kilometersatz von 0,30 EUR je gefahrenen Kilometer angesetzt werden. Unfallkosten, die auf einer Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte entstanden sind, können neben dem pauschalen Kilometersatz nach § 9 Absatz 1 Satz 1 EStG berücksichtigt werden (vgl. Rz. 30). Werden die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit verschiedenen Verkehrsmitteln zurückgelegt, kann das Wahlrecht – Entfernungspauschale oder tatsächliche Kosten – für beide zurückgelegten Teilstrecken – nur einheitlich ausgeübt werden (BFH vom 5. Mai 2009, VI R 77/06, BStBl II Seite 729).

 

Beispiel 12:

Ein Arbeitnehmer A (Grad der Behinderung von 90) fährt an 220 Arbeitstagen im Jahr 2021 mit dem eigenen Kraftwagen 17 km zu einem behindertengerechten Bahnhof und von dort 82 km mit der Bahn zur ersten Tätigkeitsstätte. Die tatsächlichen Bahnkosten betragen 240 EUR im Monat.

A wählt das günstigste Ergebnis, das sich aufgrund der Höchstgrenze von 4.500 EUR der Entfernungspauschale für die Teilstrecke mit der Bahn ergibt. Dies erreicht er mit dem Ansatz der Entfernungspauschale für 162 Tage (4.500 EUR Höchstbetrag : tägliche Entfernungspauschale für 82 km von 27,70 EUR [20 km × 0,30 EUR = 6 EUR zuzüglich 62 km × 0,35 EUR = 21,70 EUR] = 162 Tage) und dem Ansatz der tatsächlichen Kosten für 58 Tage.

a)

Ermittlung der Entfernungspauschale 162 Tage (erhöhte Entfernungspauschale vorrangig auf die Teilstrecke mit dem eigenen Kraftwagen, vgl. Rz. 22)

Für die Teilstrecke mit dem eigenen Kraftwagen errechnet sich eine Entfernungspauschale von 162 Arbeitstagen × 17 km × 0,35 EUR = 963,90 EUR.

Für die Teilstrecke mit der Bahn beträgt die Entfernungspauschale 162 Arbeitstagen × 20 km × 0,30 EUR = 972 EUR zuzüglich 162 Arbeitstagen × 62 km × 0,35 EUR = 3.515,40 EUR, insgesamt 4.487,40 EUR.

so dass sich eine insgesamt anzusetzende Entfernungspauschale von 5.451,30 EUR (963,90 EUR + 4.487,40 EUR) ergibt.

b)

Ermittlung der tatsächlichen Kosten für 58 Tage

Für die Teilstrecke mit dem eigenen Kraftwagen sind nunmehr 58 Arbeitstage × 17 km × 2 × 0,30 EUR = 591,60 EUR anzusetzen (= tatsächliche Aufwendungen mit pauschalem Kilometersatz je Fahrtkilometer).

Für die verbleibende Teilstrecke mit der Bahn sind die anteiligen tatsächlichen Kosten von 759,27 EUR (240 EUR × 12 Monate = 2.880 EUR : 220 Tage × 58 Tage) anzusetzen,

so dass sich insgesamt ein Betrag von 1.350,87 EUR (591,60 EUR + 759,27 EUR) ergibt.

Insgesamt kann somit ein Betrag von 6.803 EUR (5.451,30 EUR + 1.350,87 EUR) abgezogen werden.

 

Beispiel 13:

Ein Arbeitnehmer A fährt an 220 Arbeitstagen im Jahr mit dem eigenen Kraftwagen 17 km zum Bahnhof und von dort 82 km mit der Bahn zur ersten Tätigkeitsstätte. Die tatsächlichen Bahnkosten betragen 240 EUR im Monat. Mitte des Jahres 2021 (110 Arbeitstage) tritt eine Behinderung ein (Grad der Behinderung von 90).

A wählt wieder das günstigste Ergebnis (für 162 Tage die Entfernungspauschale und für 58 Tage während des Zeitraums der Behinderung den Ansatz der tatsächlichen Kosten).

a)

Ermittlung der Entfernungspauschale

Für die Teilstrecke mit dem eigenen Kraftwagen errechnet sich eine Entfernungspauschale von 162 Arbeitstagen × 17 km × 0,35 EUR = 963,90 EUR.

Für die Teilstrecke mit der Bahn errechnet sich eine Entfernungspauschale von 162 Arbeitstagen × 20 km × 0,30 EUR = 972 EUR zuzüglich 162 Arbeitstagen × 62 km × 0,35 EUR = 3.515,40 EUR, insgesamt 4.487,40 EUR.

so dass sich eine insgesamt anzusetzende Entfernungspauschale von 5.451,30 EUR (963,90 EUR + 4.487,40 EUR) ergibt.

b)

Ermittlung der tatsächlichen Kosten

Für die Teilstrecke mit dem eigenen Kraftwagen sind nunmehr 58 Arbeitstage × 17 km × 2 × 0,30 EUR = 591,60 EUR anzusetzen (= tatsächliche Aufwendungen mit pauschalem Kilometersatz).

Für die verbleibende Teilstrecke mit der Bahn sind die anteiligen tatsächlichen Kosten von 759,27 EUR (240 EUR × 12 Monate = 2.880 EUR : 220 Tage × 58 Tage) anzusetzen, so dass sich insgesamt ein Betrag von 1.350,87 EUR (591,60 EUR + 759,27 EUR) ergibt.

Insgesamt kann auch in diesem Fall ein Betrag von 6.803 EUR (162 Tage Entfernungspauschale und 58 Tage tatsächliche Kosten) abgezogen werden.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Hartz, ABC-Führer Lohnsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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