Entscheidungsstichwort (Thema)
AdV, Identitätserfordernis
Leitsatz (NV)
1. Vorläufiger Rechtsschutz nach § 69 FGO setzt Identität zwischen dem im Hauptsacheverfahren angefochtenen und dem Verwaltungsakt voraus, dessen Aussetzung der Vollziehung begehrt wird.
2. Im Hauptsache- wie im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ist genau zu unterscheiden zwischen dem jeweiligen Objekt des Rechtsschutzbegehrens, z. B. zwischen dem Steuerbescheid und dem Bescheid, durch den die Korrektur des Steuerbescheids abgelehnt worden ist.
Normenkette
AO 1977 § 172 Abs. 2; FGO §§ 69, 114
Tatbestand
Die Antragstellerin begehrte vor dem FG erfolglos Änderung des gegen sie für 1980 ergangenen Einkommensteuerbescheids. Die Revision gegen das klageabweisende Urteil wurde nicht zugelassen, die hierwegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde mit Senatsbeschluß vom heutigen Tage als unbegründet zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat außerdem, nach erfolglosem Antrag beim Antragsgegner (FA), im Hinblick auf die im Beschwerdeverfahren geltend gemachten Zweifel an der Rechtmäßigkeit "des angefochtenen Verwaltungsakts" beantragt, die "Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1980 bis zum Eintritt der Rechtskraft" auszusetzen.
Das FA beantragt, den Antrag als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist unzulässig.
Das Gericht der Hauptsache kann die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen (oder auch aufheben), wenn an seiner Rechtmäßigkeit ernstliche Zweifel bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Das setzt einen im Hauptsacheverfahren angefochtenen, zudem vollziehbaren Verwaltungsakt sowie Identität zwischen dieser und derjenigen Hoheitsmaßnahme voraus, der gegenüber vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (s. Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., 1993, § 69 Rz. 23ff., m. w. N.). Daran fehlt es hier (in jedem Fall).
1. Der Einkommensteuerbescheid 1980 selbst kam für eine Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung nicht (mehr) in Betracht, nachdem er unanfechtbar geworden war. Insoweit ist der hier gestellte Aussetzungsantrag unzulässig, weil er keinen "angefochtenen" Verwaltungsakt zum Gegenstand hat (s. auch Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 9. August 1994 IV S 8/94, BFH/NV 1995, 409; Gräber, a. a. O., § 69 Rz. 8, 23, jeweils m. w. N.).
2. Bezieht man das Begehren auf das ein zige in dieser Sache noch anhängige (mit Senatsbeschluß heute abgeschlossene) Verfahren, so ist es unstatthaft; denn insoweit betrifft es die Ablehnung der erstrebten Änderung des bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheids 1980 durch das FA (s. § 172 Abs. 2 der Abgabenordnung -- AO 1977 --), also ein im Wege der Verpflichtungsklage zu verfolgendes Rechtsschutzbegehren (vgl. dazu Gräber, a. a. O., § 40 Rz. 41 und die dortigen Nachweise). So lautete auch der (zuletzt) vor dem FG gestellte Klageantrag. In solchen Fällen aber ist mangels Vollziehbarkeit des in Frage stehenden Verwaltungsakts vorläufiger Rechtsschutz nicht nach § 69 FGO, sondern allenfalls nach § 114 FGO (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. März 1991 I B 187/90, BFHE 164, 173, BStBl II 1991, 643, und in BFH/NV 1995, 409; Gräber, a. a. O., § 69 Rz. 31) eröffnet, eine entsprechende Umdeutung in Fällen fachkundiger Vertretung jedoch grundsätzlich ausgeschlossen (s. Gräber, a. a. O., § 114 Rz. 84, m. w. N.).
Fundstellen