Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Darlegung der Wiedereinsetzungsgründe
Leitsatz (NV)
Macht der Steuerpflichtige geltend, sein Prozeßbevollmächtigter habe die Revisionsbegründungsfrist aus Gründen der Arbeitsüberlastung versäumt, so hat er darzulegen, welche Vorkehrungen der Prozeßbevollmächtigte getroffen hat, um sicherzustellen, daß die notierten Fristen ordnungsgemäß überwacht werden.
Normenkette
FGO § 56
Verfahrensgang
Tatbestand
Umstritten ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) zu Recht einen Antrag der Kläger und Revisionskläger (Kläger) auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 1973 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) abgelehnt hat.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
1. Die Kläger haben zwar die Revision fristgerecht eingelegt. Für die Zulässigkeit einer Revision ist jedoch außerdem erforderlich, daß diese innerhalb eines weiteren Monats nach Ablauf der Revisionsfrist begründet wird (§ 120 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Im Streitfall endete die Revisionsbegründungsfrist am 28. März 1985. Die Revisionsbegründung ging jedoch erst am 29. April 1985 und damit verspätet ein.
2. Der Antrag der Kläger, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO zu gewähren, ist unbegründet.
a) Innerhalb des gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO maßgeblichen Zwei-Wochen-Zeitraums haben die Kläger lediglich vorgetragen, der Prozeßbevollmächtigte führe eine Terminliste, in die sämtliche fristgebundenen Arbeiten eingetragen würden, die nicht umgehend von den jeweiligen Sachbearbeiterinnen, sondern von dem Prozeßbevollmächtigten selbst bearbeitet würden. Das Einhalten der Fristen werde von einer qualifizierten und zuverlässigen Mitarbeiterin überwacht. Dies schließe ,,normalerweise" Fristüberschreitungen aus. Die Säumnis im Streitfall sei ,,wohl" nur damit zu erklären, daß die Mitarbeiterin durch übermäßige Mitinanspruchnahme bei anderen Arbeiten die Wiedervorlage der Akte unterlassen habe. Diese Gründe rechtfertigen nicht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
b) Wiedereinsetzung könnte nach § 56 Abs. 1 FGO nur gewährt werden, wenn die Kläger ohne Verschulden verhindert waren, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten. Dabei haben sie sich ein Verschulden des Bevollmächtigten zurechnen zu lassen. Dieser hat jedoch keine Gründe vorgetragen, welche die Annahme rechtfertigten, er habe beim Bearbeiten der Streitsache die von der Rechtsprechung geforderte Sorgfalt angewendet. Zwar hat er erklärt, regelmäßig Fristen in eine Terminliste eintragen und kontrollieren zu lassen. Er hat jedoch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist nicht - wie erforderlich - im einzelnen dargetan, wie im Streitfall selbst verfahren wurde und aus welchem Grund die Frist tatsächlich versäumt worden ist. Der Hinweis, die Säumnis sei ,,wohl" mit einer Arbeitsüberlastung der zuständigen Mitarbeiterin zu erklären, kann nur dahin verstanden werden, daß der Prozeßbevollmächtigte selbst nicht mehr mit der gebotenen Sicherheit feststellen kann, warum er die Revisionsbegründungsfrist nicht hat einhalten können. Er hat zudem nicht dargelegt, welche Vorkehrung er getroffen hatte, um sicherzustellen, daß trotz der großen Arbeitsbelastung die notierten Fristen eingehalten werden.
Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger hat zwar in seinem Schriftsatz vom 18. Juli 1985 näher beschrieben, auf welche Weise Fristen in die nunmehr als ,,Fristenkontrollbuch" bezeichnete Terminliste eingetragen würden, und daß im Streitfall drei näher bezeichnete Eintragungen vorgenommen worden seien. Der Senat kann unerörtert lassen, ob diese Gründe nur der Vervollständigung und Ergänzung des ursprünglichen Vortrags dienen (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, Anm. 51 zu § 56) oder ob es sich um verspätetes Vorbringen einer neuen Begründung handelt. Entscheidend ist, daß der Prozeßbevollmächtigte nach wie vor nicht im einzelnen dargelegt hat, welche organisatorischen Maßnahmen er getroffen hat, um sicherzustellen, daß die notierten Fristen ordnungsgemäß überwacht werden. Er hat lediglich vorgebracht, die Fristen würden ,,normalerweise" ständig überwacht. Es wäre aber Sache der Kläger gewesen, einen Sachverhalt vorzutragen, der ihr eigenes Verschulden oder das ihres Prozeßbevollmächtigten ausschließt und nicht die Möglichkeit, daß die Frist ohne Verschulden versäumt ist, der Aufklärungstätigkeit des Gerichts überläßt.
Fundstellen