Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsverteilung; fehlende Begründung
Leitsatz (NV)
1. Wird eine FG-Entscheidung zu mehreren Steuern angefochten, welche in die Zuständigkeit mehrerer BFH-Senate fallen, ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des BFH für das Jahr 1998 der Senat zuständig, in dessen Aufgabengebiet die Sache mit dem höchsten Streitwert fällt.
2. Selbst wenn ein FG-Urteil (insgesamt) unrichtig sein sollte, ist dies kein Grund für die Zulassung der Revision.
3. Für eine Nichtzulassungsbeschwerde mit der Begründung, das FG-Urteil sei nicht mit Gründen versehen, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2, § 116 Abs. 1 Nr. 5
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) von Januar 1991 bis November 1994 mit einem Betrieb der Unternehmensberatung, der Buchführung, des Büroservices und der EDV-Beratung gewerblich tätig. Daneben bezog er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Steuerfachgehilfe im Steuerberatungsbüro seines Vaters, des Prozeßbevollmächtigten.
Im August 1996 beantragte der Kläger beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --), ihm die fälligen, teilweise durch Schätzungsbescheide festgesetzten Umsatz- und Einkommensteuern zu erlassen. Das FA lehnte den Erlaß durch Bescheid ab und wies den dagegen eingelegten Einspruch durch Einspruchsentscheidung zurück.
Die Klage des Klägers mit dem Antrag, das FA zum Erlaß von -- näher bezeichneten -- Steuern und Nebenleistungen zu verpflichten, wies das FG als unbegründet ab. Es führte zur Begründung aus, das FA habe das ihm bei der Entscheidung über den Erlaßantrag zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt und dem Kläger die dafür maßgeblichen Erwägungen zuletzt in seiner Einspruchsentscheidung in zwar knapper, aber ausreichender Form bekanntgegeben.
Die Einziehung der im Streitfall gegen den Kläger festgesetzten Steuern und Nebenabgaben sei nicht sachlich unbillig. Das FA habe auch das Vorliegen persönlicher Billigkeitsgründe -- jedenfalls im Ergebnis -- mit zutreffender Begründung verneint.
Die Wertung des FA sei vertretbar, es fehle an der Erlaßbedürftigkeit des Klägers, weil sich seine wirtschaftliche Lage infolge eines etwa gewährten Steuererlasses nicht bessern würde, seine Überschuldung weiterhin erheblich wäre und der Erlaß wirtschaftlich nicht ihm selbst, sondern allenfalls den übrigen Gläubigern zugute käme.
Das FA habe ferner zu Recht die Erlaßwürdigkeit des Klägers verneint. Er begehre hauptsächlich den Erlaß von Umsatzsteuer- Abschlußzahlungen für 1992, 1993 und 1994 in Höhe von zusammen ... DM. Umsatzsteuer-Abschlußzahlungen in derartiger Höhe deuteten darauf hin, daß der Kläger die Umsatzsteuer objektiv durch Abgabe inhaltlich falscher Umsatzsteuer-Voranmeldungen verkürzt habe; es bestehe eine (widerlegbare, hier aber nicht widerlegte) Vermutung dafür, daß der Kläger insoweit auch schuldhaft gehandelt habe. Er habe mithin seine möglicherweise bestehende mangelnde Leistungsfähigkeit selbst herbeigeführt und durch sein Verhalten in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Zur Begründung macht er im wesentlichen geltend, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen, es sei teilweise falsch und weiche von verschiedenen Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) ab.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig.
1. Der erkennende, für Umsatzsteuer zuständige Senat (vgl. Geschäftsverteilungsplan des BFH für das Jahr 1998, A. Sachliche Zuständigkeit der Senate, V. Senat) ist für die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde auch insoweit zuständig, als der Kläger den Erlaß von Einkommensteuer und von damit im Zusammenhang stehenden Nebenleistungen begehrt. Ist eine Entscheidung zu mehreren Steuern angefochten, welche in die Zuständigkeit mehrerer Senate fallen, ist der Senat zuständig, in dessen Aufgabengebiet die Sache mit dem höchsten Streitwert fällt (vgl. Geschäftsverteilungsplan des BFH für das Jahr 1998, Ergänzende Regelungen, I. Übergreifende Zuständigkeiten, 1.). Im Streitfall begehrt der Kläger hauptsächlich den Erlaß von Umsatzsteuer.
2. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ( §115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) oder das Urteil von einer Entscheidung des BFH oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht ( §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann ( §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden ( §115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
3. Der Kläger macht ohne Erfolg geltend, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen und schon deswegen aufzuheben, weil das FG -- wie das FA -- sich nicht dazu geäußert habe, daß er nicht einmal die Sozialhilfesätze erreiche, so daß schon deswegen die Einziehung der Steuern und Nebenleistungen unbillig wäre. Wenn gerügt wird, daß die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist, bedarf es einer Zulassung zur Einlegung der Revision nicht (§116 Abs. 1 Nr. 5 FGO). Daraus folgt, daß für eine auf diesen Mangel gestützte Nichtzulassungsbeschwerde das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, §115 FGO Rz. 19, m. w. N.).
4. Der Kläger kann die Zulassung der Revision auch nicht mit seiner Behauptung erreichen, falsch sei die -- vom FG übernommene -- Unterstellung des FA, durch den angestrebten Erlaß würde sich seine wirtschaftliche Lage nicht verbessern. Dasselbe gilt für die Rüge des Klägers, der Schluß des FG sei unzulässig, er habe seine Einkommenssituation nicht vollständig und wahrheitsgemäß dargelegt. Denn die Gründe für die Zulassung der Revision sind in §115 Abs. 2 FGO abschließend aufgezählt. Selbst wenn eine finanzgerichtliche Entscheidung (insgesamt) unrichtig sein sollte, ist dies kein Grund für die Zulassung der Revision (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., §115 FGO Rz. 97, m. w. N.).
5. Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen Divergenz ( §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) beantragt, weil das FG von der Rechtsprechung des BFH in den von ihm bezeichneten Entscheidungen abgewichen sei, entspricht die Beschwerde nicht den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Danach muß der Beschwerdeführer abstrakte entscheidungserhebliche Rechtssätze aus dem finanzgerichtlichen Urteil und abstrakte Rechtssätze aus divergenzfähigen Entscheidungen des BFH so genau bezeichnen, daß eine Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Beschlüsse vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987; vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Der Kläger bezeichnet keine Abweichung, sondern behauptet sie nur.
6. Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat ab (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 67606 |
BFH/NV 1998, 1107 |