Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Grundsätzliche Bedeutung; kumulative Urteilsbegründung; behinderungsbedingter Mehrbedarf
Leitsatz (NV)
1. Zu den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage.
2. An der Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage mangelt es, wenn das FG seine Entscheidung auch auf einen anderen als den vom Beschwerdeführer für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsgrund gestützt hat, der die Entscheidung ebenfalls trägt, jedoch nur zu der nicht allein entscheidungserheblichen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung geltend gemacht wird, während zu der rechtserheblichen Begründung des FG ein Zulassungsgrund für die Revision nicht dargetan ist.
3. Da der BFH die Frage der Berücksichtigung von Eingliederungshilfen bei der Ermittlung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs volljähriger behinderter Kinder bereits entschieden hat, kann die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage darauf nicht gestützt werden.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 32 Abs. 4 S. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Nürnberg (Urteil vom 15.05.2003; Aktenzeichen IV 385/2001) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht hinreichend dargelegt. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F., vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23, m.w.N; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Mai 2000 IV B 55/99, juris). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Insbesondere muss die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. BFH-Beschluss vom 26. August 1992 II B 100/92, BFH/NV 1993, 662, 663, m.w.N., ständige Rechtsprechung). Ferner sind Ausführungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. November 1989 VII S 10/89, BFH/NV 1990, 585, 586; vom 25. Mai 1999 V B 162/98, BFH/NV 1999, 1497, sowie vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837); darüber hinaus muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig sein.
An der Klärungsfähigkeit fehlt es, wenn das Finanzgericht (FG) seine Entscheidung auch auf einen anderen als den vom Beschwerdeführer für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsgrund gestützt hat, der die Entscheidung ebenfalls trägt, jedoch nur zu der nicht allein entscheidungserheblichen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung geltend gemacht wird, während zu der rechtserheblichen Begründung des FG ein Zulassungsgrund für die Revision nicht dargetan ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. Oktober 1994 I B 76/94, BFH/NV 1996, 42; vom 24. August 1998 VII B 136, 137/98, BFH/NV 1999, 331; vom 10. April 2003 VII B 310/02, juris; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 31, m.w.N.).
So liegt der Streitfall. Bei der Berechnung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs der Tochter des Klägers war das FG zwar der Auffassung, der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes könne nicht angesetzt werden, weil der Kläger nicht dargelegt habe, wodurch bzw. wofür ein derartiger Mehraufwand anfällt. Bei der tatsächlichen Berechnung des Gesamtbedarfs hat das FG aber --zugunsten des Klägers-- dennoch den vollen bzw. anteiligen Behinderten-Pauschbetrag angesetzt. Auch das hat (nach der Berechnung des FG) jedoch nicht zu dem Ergebnis geführt, die Tochter des Klägers sei behinderungsbedingt außerstande, sich selbst zu unterhalten.
2. Die Rüge, das FG habe die für die Tochter des Klägers gewährte Eingliederungshilfe in Form der Werkstattkosten zuzüglich Pflegegeld zu Unrecht bei den Einkünften und Bezügen der Tochter des Klägers angesetzt, ist ebenfalls nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen. Zum einen hat der BFH die Frage der Berücksichtigung von Eingliederungshilfen bereits entschieden (vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1999 VI R 40/98, BFHE 189, 449, BStBl II 2000, 75); zum anderen wird damit konkludent die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung gerügt. Die Zulassung der Revision kann darauf nicht gestützt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 24, m.w.N.).
3. Soweit der Kläger rügt, das FG sei bei der Berechnung des Gesamtbedarfs seiner Tochter zu Unrecht davon ausgegangen, die Eigenbeteiligung erhöhe nicht den Lebensbedarf des Kindes und insoweit liege ein Fehlurteil vor, richtet sich seine Rüge gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung. Darauf kann die Zulassung der Revision nicht gestützt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 24, m.w.N.). Denn die Zulassung der Revision wegen eines Rechtsanwendungsfehlers kommt nur in Betracht, wenn ein Fehler geltend gemacht wird, der von erheblichem Gewicht und geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (BFH-Beschluss vom 16. Juli 2002 V B 152/01, BFH/NV 2002, 1600). Ein solcher liegt offenkundig nicht vor.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen