Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausländische Zeugen; Beteiligtenvernehmung i.d.R. kein Beweismittel
Leitsatz (NV)
1. Nach § 90 Abs. 2 AO haben Beteiligte Beweismittel, die sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs der AO beziehen, selbst zu beschaffen, mithin im Ausland ansässige Zeugen in die Sitzung zu stellen, sofern es sich um den Nachweis eines im Ausland verwirklichten Sachverhalts handelt.
2. Eines entsprechenden Hinweises seitens des Gerichts bedarf es nicht, wenn der Verfahrensbeteiligte in der mündlichen Verhandlung rechtskundig vertreten ist und der Klägervertreter im finanzgerichtlichen Verfahren zuvor sogar schriftsätzlich unter Hinweis auf die Problematik des § 90 Abs. 2 AO angekündigt hat, die Zeugen in die mündliche Verhandlung zu stellen.
3. Eine Beteiligtenvernehmung ist regelmäßig kein Beweismittel, das sich dem FG aufdrängen muss, weil ein Beteiligter ohnehin im Verfahren alle ihm bekannten Umstände darlegen kann.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3; AO § 90 Abs. 2
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Urteil vom 26.06.2007; Aktenzeichen 1 K 421/03) |
Gründe
Der Senat kann offenlassen, ob die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht, denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.
a) Mit der Rüge, das Finanzgericht (FG) habe durch Nichterhebung angebotener Beweise --im Streitfall: Vernehmung der Zeugen X und Y-- seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) verletzt, machen die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zwar einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend. Diese Rüge ist aber schon deshalb unbegründet, weil es sich bei den von den Klägern benannten Personen um im Ausland ansässige Zeugen handelt. Denn nach § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) haben Beteiligte Beweismittel, die sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs der AO beziehen, selbst zu beschaffen, mithin im Ausland ansässige Zeugen in die Sitzung zu stellen, sofern es sich --wie hier-- um den Nachweis eines im Ausland verwirklichten Sachverhalts handelt (vgl. Senatsbeschluss vom 3. April 2007 VIII B 60/06, BFH/NV 2007, 1341, m.w.N.). Eines entsprechenden Hinweises seitens des Gerichts bedarf es nicht, wenn der Verfahrensbeteiligte --wie im Streitfall-- in der mündlichen Verhandlung rechtskundig vertreten ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. April 2006 X B 38/05, BFH/NV 2006, 1444, m.w.N.) und der Klägervertreter im finanzgerichtlichen Verfahren zuvor sogar schriftsätzlich unter Hinweis auf die Problematik des § 90 Abs. 2 AO angekündigt hat, die Zeugen in die mündliche Verhandlung zu stellen. Werden die Zeugen indes entgegen der vorherigen Ankündigung nicht in der mündlichen Verhandlung sistiert, ohne dass in irgendeiner Weise deutlich gemacht wird, aus welchen Gründen das nicht möglich gewesen sei, kann dem FG nicht angelastet werden, es habe von der Erhebung beantragter Beweise abgesehen. Das gilt erst recht, wenn die Nichteinvernahme der Zeugen nicht ausdrücklich gerügt und Vertagung beantragt wird.
b) Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht kann auch nicht darauf gestützt werden, das FG hätte die Kläger persönlich zur mündlichen Verhandlung laden müssen, um Unklarheiten auszuräumen bzw. sich bestimmte Dinge aus erster Hand näher erläutern zu lassen. Die Kläger verkennen insoweit, dass eine Beteiligtenvernehmung regelmäßig kein Beweismittel ist, das sich dem FG aufdrängen muss, weil ein Beteiligter ohnehin im Verfahren alle ihm bekannten Umstände darlegen kann (BFH-Beschlüsse vom 7. Juli 1998 I B 102/97, juris, und vom 19. Juli 2005 X B 30/05, BFH/NV 2005, 1861). Abgesehen davon blieb es den Klägern auch unbenommen, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen und sich zur Sache zu äußern (BFH-Beschluss vom 25. Juli 2006 IV B 116/04, BFH/NV 2006, 2270).
c) Soweit mit der Beschwerde gerügt wird, angesichts der steuerlichen Belastung der vierköpfigen Familie der Kläger im Vergleich zu einem Ledigen ohne Kinder verkenne das FG, dass insoweit ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 des Grundgesetzes (GG) vorliege, genügt das Beschwerdevorbringen nicht den Darlegungsanforderungen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt die bloße Behauptung, eine Norm und deren Auslegung seien verfassungswidrig, nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, sofern diese nicht offenkundig ist. Vielmehr ist für die schlüssige Darlegung der Verfassungswidrigkeit eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts orientierte rechtliche Auseinandersetzung erforderlich (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 9. Dezember 1996 II B 82/96, BFH/NV 1997, 254; vom 3. April 2001 VI B 224/99, BFH/NV 2001, 1138; vom 3. September 2001 XI B 154/00, BFH/NV 2002, 203; Senatsbeschlüsse vom 9. März 2004 VIII B 271/02, juris, vom 15. Dezember 2004 VIII B 181/04, BFH/NV 2005, 896). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift, die sich im Wesentlichen auf die Wiederholung der bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Argumente beschränkt und sich damit gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung richtet, nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 2059340 |
BFH/NV 2008, 2028 |