Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den PKH-Antrag in Schätzungsfällen
Leitsatz (NV)
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das FA auf wesentliche Lücken und Unklarheiten in der eingereichten Erklärung hinweist und der Steuerpflichtige keinen Versuch unternimmt, in Erfüllung der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 114 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) war als Buchmacher und als Aufsteller von Spielgeräten gewerblich tätig. Das Gewerbe wurde nach den Feststellungen des Beklagten (Finanzamt - FA -) zum 1. Februar 1986 abgemeldet. Da der Antragsteller Erklärungen zur gesonderten Feststellung der gewerblichen Gewinne nicht abgab, schätzte das FA die Gewinne aus Gewerbebetrieb für 1985 auf . . . DM und für 1986 auf . . . DM. Mit den hiergegen eingelegten Einsprüchen trug der Antragsteller u. a. vor, er habe bereits im Jahre 1984 den Betrieb des Wettbüros eingestellt; er sei seit dieser Zeit schwer erkrankt und arbeitsunfähig. Das FA wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Die hiergegen gerichteten Klagen hatte der Antragsteller zunächst nicht begründet; er sei schwer krank und könne seinen Prozeßbevollmächtigten nicht die notwendigen Informationen geben.
Die Anträge auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) und der Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten hat das Finanzgericht (FG) abgelehnt.
Im Beschwerdeverfahren legte der Antragsteller dem FA Erklärungen zur gesonderten Feststellung der Einkünfte für 1985 und 1986 sowie zwei Ordner mit Belegen vor. Er erklärte Verluste aus Gewerbebetrieb in Höhe von . . . DM (1985) und . . . DM (1986). Den Verlust des Jahres 1985 erläutert er mit Schriftsatz vom 10. Januar 1990. Das FG hat den Beschwerden nicht abgeholfen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, die Vorentscheidungen aufzuheben und ihm unter Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten PKH für die im Rubrum genannten Rechtsstreite zu gewähren.
Das FA ist diesem Antrag mit dem Hinweis entgegengetreten, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerden, die der Senat entsprechend § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbindet, sind unbegründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).
Letztere Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist erfüllt, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. März 1986 III B 6/85, BFHE 146, 225, BStBl II 1986, 477). In Schätzungssachen findet keine abschließende Würdigung statt; es ist lediglich anhand der wichtigsten Tatumstände zu prüfen, ob eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Behauptung des Antragstellers spricht. Insbesondere in Schätzungsfällen darf im allgemeinen nicht durch eine abschließende Würdigung der Umstände die Endentscheidung vorweggenommen und der Antragsteller dadurch gehindert werden, seine Rechte in vollem Umfang wahrzunehmen (vgl. Beschluß des Senats vom 18. Mai 1988 X B 185/87, BFH/NV 1988, 731, m. w. N.). Dies schließt nicht aus, daß das Gericht die Möglichkeit einer Beweisführung dann für ganz unwahrscheinlich hält, wenn das FA für die Richtigkeit des von ihm angenommenen Sachverhalts konkrete Tatsachen und Schlußfolgerungen benennt und der Steuerpflichtige dies lediglich pauschal bestreitet (BFH-Beschluß vom 7. April 1989 VI B 70/88, BFH/NV 1989, 662). Gleiches muß gelten, wenn das FA auf wesentliche Lücken und Unklarheiten in der eingereichten Erklärung hinweist und der Steuerpflichtige keinen Versuch unternimmt, in Erfüllung der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen. So verhält es sich im Streitfall.
Der Antragsteller hat die Gewinnermittlung für das Jahr 1986 überhaupt nicht, für das Jahr 1985 nur unzureichend erläutert. Die Angabe eines vom FA geschätzten Umsatzes ersetzt nicht die eigene Erklärung des Steuerpflichtigen über die Höhe seiner Betriebseinnahmen. Die im Verhältnis zum erklärten Umsatz ungewöhnlich hohen ,,Bankkosten" (insgesamt ca. 257 000 DM) sind nach Aktenlage nicht erklärbar; diesen Aufwandsposten hätte der Antragsteller, nachdem das FA hierauf hingewiesen hatte, im vorliegenden Verfahren erläutern können und müssen. Weiterhin nicht nachvollziehbar ist die Behandlung des Aufwandes für ,,Großanschaffungen" (lt. Erklärung u. a. ,,Spielhalle", ,,Kauf des Geschäfts"). In der Erklärung für das Jahr 1986 fehlen jegliche Erläuterungen zur Höhe des erklärten Verlusts sowie Angaben darüber, welche steuerrechtlichen Folgen aus der Beendigung der gewerblichen Tätigkeit - insbesondere Ermittlung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns - zu ziehen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 417289 |
BFH/NV 1991, 184 |