Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweigerung der Akteneinsicht
Leitsatz (NV)
Das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist verletzt, wenn das FG Akteneinsicht nur unter unzumutbaren Bedingungen zuläßt.
Das Recht auf rechtliches Gehör wird durch die ungerechtfertigte Ablehnung eines Antrags auf Aufhebung eines Termins zur mündlichen Verhandlung verletzt.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; FGO §§ 76, 78, 96 Abs. 2, § 115 Abs. 3 S. 3; ZPO § 227
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. a) Das Finanzgericht (FG) hat das Recht der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--; § 78 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht durch Verweigerung der Akteneinsicht verletzt. Die Klägerin selbst behauptet auch nicht, daß ihrem Prozeßbevollmächtigten die Einsicht in die Akten des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) vom FG ausdrücklich verweigert worden sei. Sie ist aber zu Recht der Ansicht, daß es auf eine Verweigerung der Akteneinsicht hinausläuft, wenn das FG die Einsicht nur unter unzumutbaren Bedingungen zuläßt. Das war jedoch nicht der Fall.
Wie das FA zutreffend vorträgt, hat die Klägerin in ihrer Klageschrift vom 24. August 1998 keinen Antrag auf Akteneinsicht gestellt. Die Klägerin hatte in der Klageschrift lediglich "vorsorglich und nachdrücklich" unter anderem die Nichtgewährung von Akteneinsicht gerügt. Eine derartige Rüge war in diesem Zusammenhang nicht verständlich. Das FG konnte dem Vortrag der Klägerin aber entnehmen, daß sie die Akten des FA einsehen wollte. Der Mitteilung des FG vom 8. Dezember 1998, daß die Akten vom FA dem FG übersandt worden seien, konnte der Prozeßbevollmächtigte entnehmen, daß nunmehr grundsätzlich Gelegenheit zur Akteneinsicht bestand. Entgegen der Ansicht der Klägerin hatte das FG darüber hinaus keinen Anlaß, einem "Antrag auf Akteneinsicht" der Klägerin stattzugeben. Auch den im Schriftsatz vom 28. Januar 1999 gestellten Antrag auf Akteneinsicht "nach Zuziehung", d.h. wohl nach Zuziehung der Steuerakten, mußte das FG nicht als Bitte um einen Termin zur Akteneinsicht verstehen. Es ist nicht zu beanstanden, daß das FG in dem Schreiben vom 3. Februar 1999 dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mitteilte, daß Akteneinsicht jederzeit nach telefonischer Terminabsprache mit der Geschäftsstelle des Senats möglich sei.
Ca. sieben Wochen später hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin wegen eines Termins zur Akteneinsicht bei der Geschäftsstelle des Senats anrufen lassen. Ob dies am 24. oder 25. März geschah und ob dabei ein Termin vereinbart wurde oder sein Antrag nur entgegengenommen wurde, kann dahinstehen. Als dem Prozeßbevollmächtigten am 25. März die Ladung auf den 13. April zugestellt wurde, war ihm im Rahmen seiner Prozeßverantwortung (vgl. dazu Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 96 Anm. 33) jedenfalls zuzumuten, alsbald entweder einen neuen Termin zur Akteneinsicht zu vereinbaren oder einen Vertagungsantrag unter Angabe von Gründen zu stellen, warum ihm in der bis zur mündlichen Verhandlung verbleibenden Zeit Akteneinsicht nicht möglich sei. Das hat er nicht getan.
Auch auf das Schreiben der Berichterstatterin vom 26. März, das ihn einige Tage vor Beginn seines Urlaubs am 2. April erreichte, hat er erst nach Rückkehr aus dem Urlaub am 12. April reagiert. Nach dem Hinweis der Berichterstatterin im Schreiben vom 26. März blieb ihm --auch unter Berücksichtigung seiner Urlaubspläne-- zur Akteneinsicht noch hinreichend Zeit. Er wußte auch oder hätte sich jedenfalls leicht darüber informieren können, daß die Akten nicht umfangreich waren. Gründe, warum er in den ihm verbleibenden Arbeitstagen keine Akteneinsicht nehmen konnte, hat der Prozeßbevollmächtigte nicht vorgetragen. Es ist nicht dem Gericht anzulasten, wenn er, nachdem er sich mit einer Terminabsprache viel Zeit gelassen hatte, sich dazu in der ihm verbleibenden Zeit wegen seines Urlaubs und anderer nicht genannter Gründe außerstande sah (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Juni 1974 IV B 55-56/73, BFHE 113, 4, BStBl II 1974, 637).
b) Auch die Ablehnung des Antrags vom 12. April, den Termin am 13. April aufzuheben, durch das Schreiben des Vorsitzenden vom selben Tage (Bekanntgabe durch Fax), verletzt nicht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör. Die Klägerin ist aber zu Recht der Auffassung, daß durch die ungerechtfertigte Ablehnung eines solchen Antrags Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO verletzt werden könnten.
Das FG (der Vorsitzende) hat jedoch ohne Rechtsverstoß die Aufhebung des Termins abgelehnt, weil der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin keine erheblichen Gründe i.S. des § 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozeßordnung (ZPO) für eine Terminsaufhebung vorgetragen hat (vgl. BFH-Beschluß vom 30. November 1992 X B 18/92, BFH/NV 1993, 732, zu III. 1. b). Zunächst hat er nicht vorgetragen, daß er verhindert war, den Termin wahrzunehmen. Seine Begründung läuft vielmehr darauf hinaus, daß er mangels Akteneinsicht die Beschwerde gegen den Beiladungsbeschluß nicht habe begründen können. Die Gründe dafür sind nicht überzeugend (vgl. § 227 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Wie unter 1. a ausgeführt, ist nicht erkennbar, warum der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin Akteneinsicht nicht nehmen konnte. Abgesehen davon ist nach den allgemeinen Ausführungen auf S. 2 seines Schriftsatzes vom 12. April 1999 nicht erkennbar, warum die Akteneinsicht Voraussetzung für die Begründung der Beschwerde und die weitere Klagebegründung sein sollte. Unklarheiten im Vortrag der Beigeladenen hätten im übrigen gerade in der mündlichen Verhandlung vorgebracht und erörtert werden können. Es wäre im Anschluß daran zu entscheiden gewesen, ob weitere Sachaufklärungsmaßnahmen zu treffen waren.
2. Die Rüge der mangelnden Sachaufklärung (§ 76 FGO) genügt nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Dazu ist die Angabe der ermittlungsbedürftigen Tatsachen und das voraussichtliche Ergebnis einer Beweisaufnahme erforderlich (Gräber/ Ruban, a.a.O., 4. Aufl., § 120 Anm. 40). Nur so ist erkennbar, ob die behauptete Verletzung der Sachaufklärungspflicht entscheidungserheblich sein kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Der Sachvortrag in der Beschwerdeschrift (S. 4) und im Schriftsatz vom 12. April 1999, auf den die Klägerin verweist, ist pauschal und unsubstantiiert. Wie das FG zu Recht ausführt, enthält er vor allem keine konkreten Angaben zu den Einnahmen und Werbungskosten der Klägerin. Es ist auch nicht erkennbar, wer die "5 Parteien der Eigentümergemeinschaft anstelle 3" sein sollen.
Fundstellen