Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung oder Vertagung des Termins zur mündlichen Verhandlung wegen Verhinderung des Klägers
Leitsatz (amtlich)
Das FG muß im Falle der Vertretung des Klägers durch einen Prozeßbevollmächtigten den Termin zur mündlichen Verhandlung wegen Verhinderung des Klägers in der Regel nur dann aufheben oder vertagen, wenn in dem Aufhebungs- oder Vertagungsantrag substantiiert Gründe vorgetragen werden, die eine persönliche Anwesenheit des Klägers neben dem Prozeßbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung erfordern. Das gilt jedenfalls dann, wenn die mündliche Verhandlung durch einen oder mehrere Erörterungstermine vorbereitet worden ist und der Kläger Gelegenheit hatte, an diesen Terminen teilzunehmen.
Orientierungssatz
1. Liegen erhebliche Gründe i.S. von § 227 ZPO vor, muß der Termin zur mündlichen Verhandlung zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verlegt werden, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird (vgl. BFH-Rechtsprechung). Die in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit verdichtet sich dann zu einer Rechtspflicht. Die Prüfung der Frage, ob erhebliche Gründe in diesem Sinne vorliegen, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles. Der Prozeßstoff und die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten und ihrer Prozeßbevollmächtigten sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, daß das FG im steuergerichtlichen Verfahren die einzige Tatsacheninstanz ist und die Beteiligten ein Recht darauf haben, ihre Sache in einer mündlichen Verhandlung vorzutragen.
2. NV: Bei der Errichtung von Eigentumswohnungen ist mangels eindeutiger anderer Anhaltspunkte von einer wenigstens bedingten Verkaufsabsicht auszugehen, wenn die Wohnungen in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung verkauft werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).
3. NV: Für die für einen gewerblichen Grundstückshandel erforderliche Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr ist allein entscheidend, daß der Verkäufer sich insofern an den allgemeinen Markt wendet, als er an jeden, der die Kaufbedingungen erfüllt, verkaufen will (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
FGO §§ 155, 96 Abs. 2; ZPO § 227 Abs. 1, 3; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1; GewStDV § 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Errichtung und der Verkauf von Eigentumswohnungen und Einfamilien-Reihenhäusern in den Streitjahren durch den Rechtsvorgänger der Klägerin, Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) als gewerblicher Grundstückshandel zu werten ist.
Die Klägerin ist die Gesamtrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes ++/, des Bauunternehmers /++ (E). ++/ Mit Vertrag vom 29.März 1972 erwarb E ein unbebautes Grundstück in X. Auf diesem Grundstück errichtete E ein Wohngebäude mit 24 Wohnungen und Garagen. Das Haus wurde am 1.Februar 1974 bezugsfertig.
Nach Aufteilung des Gebäudes in Eigentumswohnungen veräußerte E noch im Jahre 1974 vier der Wohnungen. Drei weitere Wohnungen wurden in 1977 und eine Wohnung in 1978 veräußert. Die übrigen Wohnungen vermietete E.
Die Verkäufe in 1977 waren jeweils an einen Angehörigen (Ehefrau, Sohn und Tochter) erfolgt. Dabei lagen die Verkaufspreise je qm der Wohnungen erheblich unter den bei den anderen Verkäufen erzielten Preisen.
In den Jahren 1971 und 1972 hatte E ferner in Y ein unbebautes Grundstück erworben. Auf diesem Grundstück baute er sechs Einfamilienreihenhäuser in zwei Blöcken von je drei Häusern mit Garagen. Der erste Block war im Jahre 1974, der zweite Block im Jahre 1975 bezugsfertig. Aus dem ersten Block veräußerte er ein Haus im Jahre 1975, aus dem zweiten Block ein ab Bezugsfertigkeit vermietetes Haus im Jahre 1977. Die übrigen Häuser vermietete E.
Alle genannten Häuser und Eigentumswohnungen hatte E mit Hilfe seines Bauunternehmens errichtet. Die als halbfertige Arbeiten aktivierten Aufwendungen waren vor der Bezugsfertigkeit entnommen worden.
E rechnete die Verkäufe in seinen Einkommensteuer- und Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre nicht seinem Gewerbebetrieb zu. /++
Der Beklagte, Beschwerdegegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt ―FA―) veranlagte E und die Klägerin zur Einkommensteuer und E zum Gewerbesteuermeßbetrag für die Streitjahre zunächst gemäß ihren Erklärungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Aufgrund einer Betriebsprüfung kam das FA dann zu einer anderen Auffassung. In Änderungsbescheiden für die Einkommensteuer und die Gewerbesteuermeßbeträge in Gestalt der Einspruchsentscheidungen behandelte das FA alle Verkäufe der Eigentumswohnungen und Einfamilienreihenhäuser als gewerblichen Grundstückshandel.
Mit der hiergegen gerichteten Klage wurde geltend gemacht, daß durch die Verkäufe die Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels nicht erfüllt worden seien.
Das Finanzgericht (FG) bereitete die mündliche Verhandlung über die Klage durch vier Erörterungstermine des Berichterstatters vor. An den letzten beiden dieser Termine nahm die Klägerin neben ihrem Prozeßbevollmächtigten persönlich teil.
Danach bestimmte das FG Termin zur mündlichen Verhandlung. Drei Tage vor diesem Termin beantragte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin die Aufhebung und Verlegung des Termins. Er begründete diesen Antrag damit, daß sich die Klägerin wegen einer schweren Erkrankung in stationärer Krankenhausbehandlung befinde. Die Klägerin halte es für unbedingt erforderlich, persönlich an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, um weitere sachdienliche Erläuterungen vorzutragen.
In der trotzdem durchgeführten mündlichen Verhandlung wiederholte der Prozeßbevollmächtigte zu Beginn seinen Antrag auf Terminsverlegung. Die Niederschrift über die mündliche Verhandlung führt dazu wörtlich aus: "Er verwies darauf, daß die Klägerin zur Zeit stationär behandelt werde und den Termin nicht wahrnehmen könne. Die Klägerin lege Wert darauf, an dem Termin persönlich teilzunehmen. Die Durchführung des Termins verletze ihr Recht auf rechtliches Gehör."
Das FG verkündete nach geheimer Beratung den Beschluß, daß der Vertagungsantrag abgewiesen werde. Es setzte die mündliche Verhandlung fort.
Aufgrund der mündlichen Verhandlung wies das FG die Klage zum größten Teil ab.
Das FG ließ die Revision nicht zu. Hiergegen richten sich die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerin und des FA.
Die Klägerin beruft sich auf einen Verfahrensfehler des FG ++/ und auf die Abweichung der FG-Entscheidung von einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) /++. Den Verfahrensfehler sieht die Klägerin in einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil das FG die wegen der Erkrankung der Klägerin beantragte Vertagung der mündlichen Verhandlung abgelehnt hat. ++/ Eine Divergenz des angegriffenen FG-Urteils besteht nach Auffassung der Klägerin zu der Entscheidung des BFH vom 28.April 1988 IV R 130-131/86 (BFH/NV 1989, 102). In dieser Entscheidung habe der BFH ausgeführt, daß die Beweggründe des Steuerpflichtigen für Veräußerungsvorgänge bei der Grenzziehung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit von entscheidender Bedeutung seien. Die gewerbliche Tätigkeit sei in dem Urteilsfall verneint worden, da der Steuerpflichtige die Absicht gehabt habe, die Wohnungen zu vermieten, und diese Absicht nach außen deutlich in Erscheinung getreten sei. Die Anzahl der veräußerten Objekte habe keine Rolle gespielt. Demgegenüber stelle das FG in der angegriffenen Entscheidung nicht auf die Motive des E beim Bau der Wohnungen und Häuser, sondern ausschließlich auf die Zeitspanne zwischen Bau und Veräußerung und auf die Anzahl der veräußerten Objekte ab.
Das FA begründet seine Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls mit einer Abweichung des angegriffenen Urteils von einer Entscheidung des BFH. Nach Auffassung des FA liegt eine Divergenz zu der Entscheidung des erkennenden Senats vom 23.Oktober 1987 III R 275/83 (BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293) vor. Nach dieser Entscheidung brauche bei im Zusammenhang zu sehenden Verkäufen nicht für jeden einzelnen Verkauf festgestellt zu werden, daß sich der Verkäufer mit seiner Verkaufsabsicht an die Allgemeinheit gewandt habe. Ausreichend sei, daß bei einzelnen dieser Verkäufe eine Werbung stattgefunden habe. Diese Werbung gebe dann allen im Zusammenhang zu sehenden Verkäufen das Gepräge der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Demgegenüber habe das FG bei einer Veräußerung der drei Eigentumswohnungen an Angehörige eine gewerbliche Tätigkeit des E verneint, weil es "insoweit" an einer Beteiligung des E am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr fehle. Die Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr bei jeder einzelnen Verkaufshandlung sei jedoch nach dem BFH-Urteil gerade nicht erforderlich.
Sowohl die Klägerin als auch das FA beantragen, die Revision zuzulassen. /++
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unbegründet. ++/ Das gleiche gilt für die Nichtzulassungsbeschwerde des FA. /++
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das FG keine Verfahrensfehler begangen.
Die Durchführung der mündlichen Verhandlung trotz des Vertagungsantrags der Klägerin und das angegriffene Urteil, das aufgrund dieser mündlichen Verhandlung ergangen ist, haben die Klägerin nicht in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Das FG war im Streitfall zu einer Aufhebung oder Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung nicht verpflichtet.
Die Voraussetzungen für die Aufhebung oder Verlegung eines Termins ergeben sich gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO), aus § 227 Abs.1 und Abs.3 der Zivilprozeßordnung (ZPO). Danach kann das Gericht "aus erheblichen Gründen" auf Antrag oder von Amts wegen einen Termin aufheben oder verlegen. Liegen erhebliche Gründe i.S. von § 227 ZPO vor, verdichtet sich die in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht. In diesen Fällen muß der Termin zur mündlichen Verhandlung zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verlegt werden, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird (BFH-Urteil vom 14.Oktober 1975 VII R 150/71, BFHE 117, 19, BStBl II 1976, 48; s. auch BFH-Urteil vom 5.Dezember 1979 II R 56/76, BFHE 129, 297, BStBl II 1980, 208). Die Prüfung der Frage, ob erhebliche Gründe in diesem Sinne vorliegen, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles. Der Prozeßstoff und die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten und ihrer Prozeßbevollmächtigten sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, daß das FG im steuergerichtlichen Verfahren die einzige Tatsacheninstanz ist und die Beteiligten ein Recht darauf haben, ihre Sache in einer mündlichen Verhandlung vorzutragen (Senatsbeschluß vom 20.Mai 1977 III B 17/76, nicht veröffentlicht; Urteil in BFHE 117,19, BStBl II 1976, 48).
Im Streitfall war die Erkrankung der Klägerin kein erheblicher Grund i.S. des § 227 Abs.1 ZPO für eine Aufhebung oder Verlegung des Termins für die mündliche Verhandlung. Zwar hat der BFH wiederholt entschieden, daß die Verhinderung eines Klägers oder seines Prozeßbevollmächtigten ein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung sein kann (vgl. BFH-Urteile in BFHE 117, 19, BStBl II 1976, 48, und in BFHE 129, 297, BStBl II 1980, 208). Aus diesen Entscheidungen ergeben sich aber nur Maßstäbe für die Fälle, in denen bei Vertretung durch einen Prozeßbevollmächtigten dieser verhindert ist oder in denen ein nichtvertretener Kläger oder ein Kläger, der persönlich geladen worden ist, den Termin nicht wahrnehmen kann. Der BFH hat sich noch nicht mit Fällen wie dem Streitfall befaßt, in denen ein durch einen Prozeßbevollmächtigten vertretener Kläger erkrankt oder durch sonstige Gründe an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gehindert ist.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat für das Verwaltungsprozeßrecht entschieden, daß ein Kläger, der sein persönliches Erscheinen vor Gericht trotz Vertretung durch einen Prozeßbevollmächtigten für unerläßlich hält, die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung unter substantiierter Darlegung der für die Notwendigkeit seiner Anwesenheit sprechenden Gründe beantragen muß (Urteil des BVerwG vom 30.August 1982 9 C 1.81, Die Öffentliche Verwaltung ―DÖV― 1983, 247; vgl. auch Beschluß des BVerwG vom 13.Oktober 1978 2 B 24.77, Buchholz, Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 310, § 108 VwGO Nr.106). Ebenso wird für das Zivilprozeßrecht im Schrifttum die Auffassung vertreten, daß ein Termin wegen der Erkrankung eines vertretenen Klägers nur dann zu verlegen ist, wenn der Kläger hinreichend begründet, warum er neben seinem Prozeßbevollmächtigten an der mündlichen Verhandlung teilnehmen will (Zöller/Stephan, Zivilprozeßordnung, 16.Aufl. 1990, § 227 Tz.6; vgl. auch Schumann in Stein-Jonas, Zivilprozeßordnung, 20.Aufl. 1984, § 227 Tz.16).
Der Senat neigt zu der Auffassung, daß diese Grundsätze uneingeschränkt auch für das finanzgerichtliche Verfahren gelten (so auch Stöcker in Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz.7742/2). Darüber braucht jedoch nicht abschließend entschieden zu werden.
Eine Übertragung dieser Grundsätze auf das finanzgerichtliche Verfahren erscheint jedenfalls dann als gerechtfertigt, wenn die mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter eingehend durch einen oder mehrere Erörterungstermine vorbereitet worden ist und der Kläger Gelegenheit hatte, an diesen Terminen teilzunehmen. So war es im Streitfall, wo vor der mündlichen Verhandlung vier Erörterungstermine, davon zwei in Anwesenheit der Klägerin, stattgefunden haben.
Die Erörterungstermine dienen der eingehenden Erörterung der Sach- und Rechtslage. Sie ermöglichen es zudem dem Berichterstatter, im Gespräch mit den Beteiligten die streitentscheidenden Punkte herauszuarbeiten und Hinweise auf die noch aufklärungsbedürftigen Punkte zu geben (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 79 Tz.12). Nach Erörterungsterminen muß es daher jedenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs in der Regel ausreichen, wenn der jeweilige Kläger in der mündlichen Verhandlung durch seinen Prozeßbevollmächtigten vertreten wird, sofern nicht besondere Gründe (z.B. noch aufklärungsbedürftige Punkte) seine persönliche Anwesenheit erfordern. In dieser mündlichen Verhandlung können nämlich auch ohne persönliche Anwesenheit des Klägers die aus der Sicht des Klägers maßgebenden Gesichtspunkte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch den Prozeßbevollmächtigten gegenüber dem Gesamtsenat des FG geltend gemacht werden.
Die besonderen Gründe, die in solchen Fällen eine persönliche Anwesenheit des Klägers neben dem Prozeßbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung erfordern, müssen daher bei einem Vertagungsantrag substantiiert vorgetragen werden, wenn der Kläger an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verhindert ist. Dies ist im Streitfall nicht geschehen. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat in seinem Vertagungsantrag und auch in der mündlichen Verhandlung nur geltend gemacht, daß die Klägerin Wert auf ihre persönliche Teilnahme lege, um weitere sachdienliche Erläuterungen vorzutragen. Welcher Art diese Erläuterungen sein sollten und warum dazu nach den vorausgegangenen vier Erörterungsterminen die persönliche Anwesenheit der Klägerin erforderlich war, wurde nicht dargelegt. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat daher bei seinem Vertagungsantrag nicht hinreichend begründet, warum die Klägerin neben ihm die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung für erforderlich hielt.
++/ Die von der Klägerin ferner geltend gemachte Divergenz des angegriffenen Urteils von dem BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 102 besteht nicht. Dieses BFH-Urteil betrifft einen Fall, in dem ein Steuerpflichtiger anders als im Streitfall ein Mietwohngrundstück erworben, in Eigentumswohnungen aufgeteilt und diese Eigentumswohnungen verkauft hatte. In diesem Fall hat der BFH, unabhängig von der Zahl der veräußerten Eigentumswohnungen, den Erwerb des Grundstücks in Veräußerungsabsicht verneint, weil der Steuerpflichtige in den Wohnungen keine Umgestaltungs-, sondern nur Instandhaltungsmaßnahmen vorgenommen hatte. In dem Urteil wird ausdrücklich ausgeführt, daß die Rechtslage anders sei, wenn auf einem erworbenen Grundstück Eigentumswohnungen durch Bebauung erst geschaffen werden oder wenn der Erwerber eines Mietwohnhauses die Wohnung vor ihrer Veräußerung umgestaltet.
Im Streitfall hat E die veräußerten Eigentumswohnungen und Einfamilienreihenhäuser erst gebaut. Das BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 102 bietet daher keine Maßstäbe für die Entscheidung des Streitfalles. Das angegriffene FG-Urteil kann daher auch nicht von diesem BFH-Urteil abweichen. Es kann deshalb auch offenbleiben, ob das Urteil in BFH/NV 1989, 102 nicht durch die neuere Rechtsprechung des BFH überholt ist.
Jedenfalls entspricht es der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des BFH, daß mangels eindeutiger anderer Anhaltspunkte von einer wenigstens bedingten Verkaufsabsicht bei der Errichtung von Eigentumswohnungen auszugehen ist, wenn die Wohnungen in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung verkauft werden (Urteile des erkennenden Senats vom 23.Oktober 1987 III R 275/83, BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; vom 26.Februar 1988 III R 321/84, BFH/NV 1988, 561; vgl. auch das Urteil des erkennenden Senats vom 6.April 1990 III R 28/87, BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057). Dieser Rechtsprechung entspricht das angegriffene Urteil des FG.
Die in der Nichtzulassungsbeschwerde des FA behauptete Abweichung des angegriffenen Urteils von dem BFH-Urteil in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293, ist ebenfalls nicht gegeben.
In diesem Urteil hat der BFH ausgeführt, daß die für einen gewerblichen Grundstückshandel erforderliche Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr hinsichtlich aller verkauften Objekte schon dann gegeben ist, wenn nur für einzelne dieser Verkäufe eine Werbung erfolgt ist. In späteren Entscheidungen hat der BFH die Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr sogar schon dann bejaht, wenn überhaupt keine Werbung für die Verkäufe betrieben worden ist. Entscheidend ist danach allein, daß der Verkäufer sich insofern an den allgemeinen Markt wendet, als er an jeden, der die Kaufbedingungen erfüllt, verkaufen will (BFH-Urteile vom 26.Februar 1988 III R 321/84, BFH/NV 1988, 561; vom 22.November 1988 VIII R 184/84, BFH/NV 1989, 726, und vom 14.März 1989 VIII R 96/84, BFH/NV 1989, 784). Davon ist das FG in dem angegriffenen Urteil zu Recht ausgegangen. Es hat daraus den Schluß gezogen, daß E bei den Verkäufen an seine Angehörigen nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen habe, weil er zu den seinen Angehörigen gewährten Bedingungen nicht an fremde Erwerber habe verkaufen wollen. Ob diese Folgerung zutreffend ist, braucht im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht entschieden zu werden. Jedenfalls widerspricht die Folgerung nicht dem vom BFH aufgestellten Rechtssatz. Sie hat auch nichts mit der vom FA angeführten Aussage in dem Urteil in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293 zu tun, wonach eine "Werbung" für einzelne Verkäufe auch anderen Verkäufen das Gepräge der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr geben kann. /++
Fundstellen
Haufe-Index 63264 |
BFH/NV 1991, 26 |
BStBl II 1991, 240 |
BFHE 163, 115 |
BFHE 1991, 115 |
BB 1991, 540 (L) |
DB 1991, 1156 (KT) |
DStR 1991, 413 (KT) |
DStZ 1991, 409 (KT) |
HFR 1991, 355 (LT) |
StE 1991, 107 (K) |