Entscheidungsstichwort (Thema)
Bekanntgabe eines Steuerbescheids an geschiedene Eheleute
Leitsatz (NV)
Erklären Eheleute in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 1991, dass sie zusammen veranlagt werden wollen und dass der Bescheid an ihren Steuerberater in X gesandt werden soll, dann hat das Finanzamt nicht fehlerhaft gehandelt, wenn es 1997 einen geänderten Einkommensteuerbescheid betr. das Jahr 1991 an den Steuerberater X gesandt hat, obwohl die Eheleute seit 1992 getrennt lebten, der Ehemann 1994 nach C gezogen war und 1995 dem Finanzamt in C mitgeteilt hatte, dass er künftig durch den Steuerberater Y vertreten werde.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; AO 1977 §§ 25, 26 S. 2, § 80 Abs. 1 S. 4
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehrt mit seiner Klage die Aufhebung des Änderungsbescheids vom 18. November 1997 betreffend die Einkommensteuer 1991. Der Kläger und seine damalige Ehefrau erklärten in ihrer am 14. Juli 1993 beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) eingegangenen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1991, dass der Einkommensteuerbescheid nicht an sie, sondern an den Steuerberater X gesandt werden solle. Dementsprechend gab das FA den Einkommensteuerbescheid 1991 am 19. August 1993 dem Steuerberater X bekannt, ebenso zwei weitere Änderungsbescheide vom 23. November 1993 und vom 2. Februar 1994, schließlich auch den streitigen Änderungsbescheid vom 18. November 1997. Nachdem die Eheleute ab 1992 getrennt lebten, zog der Kläger im Januar 1994 an seinen gegenwärtigen Wohnort. Dem FA C, das im Jahre 1995 das Steuerkonto des Klägers übernommen hatte, teilte der Kläger am 27. November 1995 mit, dass er künftig durch die Prozessbevollmächtigte vertreten werde. Am 20. Januar 1998 teilte die Steuerberatungsgesellschaft, deren Geschäftsführer der Steuerberater X ist, dem beklagten FA mit, dass das Mandatsverhältnis gegenüber dem Kläger nicht mehr bestehe. Darauf wurde dem Kläger der Einkommensteuerbescheid 1991 am 24. März 1998 nachrichtlich übersandt. Den dagegen eingelegten Einspruch verwarf das FA wegen Verspätung als unzulässig.
Mit der Klage trug der Kläger vor, die Bekanntgabe des Steuerbescheides an den Steuerberater X sei nicht wirksam geworden, weil die von den Eheleuten erteilte Vollmacht durch die Scheidung erloschen sei. Darüber hinaus habe er dem zuständigen FA den Wechsel des steuerlichen Beraters mitgeteilt. Schließlich habe der Steuerberater X den Änderungsbescheid vom 18. November 1997 möglicherweise nicht erhalten.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Der Einkommensteuerbescheid 1991 sei dem Steuerberater X wirksam bekannt gemacht worden. Dieser habe die Eheleute auch noch zwei Jahre nach der Trennung gegenüber dem beklagten FA vertreten, so dass die Trennung der Eheleute kein Anlass sei, am Fortbestehen der Vollmacht zu zweifeln. Auch der Umzug des Klägers stelle die Vollmacht nicht in Frage. Da der Kläger für das Streitjahr 1991 mit seiner damaligen Ehefrau zusammenveranlagt worden sei, sei für das Streitjahr nach wie vor das beklagte FA zuständig geblieben. Auch aus diesem Grund habe die Mitteilung an das FA C vom 27. November 1995 die Vollmacht nicht zum Erlöschen gebracht, weil sie nicht gegenüber dem zuständigen FA abgegeben worden sei.
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs ―BFH― (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Die zu klärende Rechtsfrage laute:
"Ist die Behörde, der ein Widerruf der Vertretungsvollmacht gemäß § 80 Abs. 1 Satz 4 AO zu erklären ist,
1. einheitlich das zum Zeitpunkt des Widerrufs der Vertretungsvollmacht gemäß § 19 AO örtlich zuständige Finanzamt oder
2. jedes Finanzamt für sich, das neben dem unter 1. genannten Amt gemäß § 26 Satz 2 AO ein Verwaltungsverfahren fortführt."
Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und es bedarf auch keiner Entscheidung des BFH gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt hat. Die formulierte Rechtsfrage könnte jedenfalls in einem eventuellen Revisionsverfahren nicht geklärt werden.
Der Kläger unterstellt bei seiner Rechtsfrage, dass nicht das beklagte FA, sondern das FA C jedenfalls für den Erlass des Einkommensteuerbescheids 1991 vom 18. November 1997 örtlich zuständig war und ferner, dass das beklagte FA die Einkommensteuerveranlagung 1991 gemäß § 26 Satz 2 der Abgabenordnung ―AO 1977― (Fortführung des Verwaltungsverfahrens) vorgenommen hat. Das FG geht dagegen von anderen Voraussetzungen aus. Im Gerichtsbescheid vom 11. Februar 2000, auf den es in seinem Urteil vom 19. Juni 2001 gemäß § 90a Abs. 4 FGO Bezug nimmt, vertritt das FG zutreffend die Ansicht, dass das beklagte FA für die Einkommensteuerveranlagung 1991 des Klägers und seiner damaligen Ehefrau mit Rücksicht auf die Zusammenveranlagung zuständig geblieben sei (§ 25 AO 1977; vgl. auch Klein/ Brockmeyer, Abgabenordnung, 7. Aufl., § 19 Rz. 2; Oberfinanzdirektion ―OFD― Magdeburg, im Einvernehmen mit den OFD der anderen Länder, Verfügung vom 2. Juni 1998, Der Betrieb 1998, 1492); der Widerruf der Vollmacht habe diesem FA gegenüber erklärt werden müssen (§ 80 Abs. 1 Satz 4 AO 1977). Darauf geht der Kläger nicht ein. Geht man von diesem Standpunkt des FG aus, würde sich die vom Kläger formulierte Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren nicht stellen.
Im Übrigen hat der Kläger gerügt, dass das Urteil des FG materiell-rechtlich falsch sei; die mögliche Verletzung materiellen Rechts durch das FG kann jedoch alleine nicht zu einer Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO führen.
Fundstellen