Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Sachverständigenbeweis bei eigener Sachkunde des Gerichts
Leitsatz (NV)
1. Ein nur schriftsätzlich gestellter Beweisantrag braucht nicht in der mündlichen Verhandlung beschieden zu werden; seine Ablehnung im Urteil ist ausreichend.
2. Ein Antrag auf Erhebung des Sachverständigenbeweises darf abgelehnt werden, wenn das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu dem Ergebnis kommt, selbst die erforderliche Sachkunde zu besitzen. Die Grenzen des Ermessens werden erst dann erreicht, wenn sich die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen aufdrängt.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1
Gründe
Von einer Darstellung des Tatbestands wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Die Beschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht ordnungsgemäß dargelegt. Insoweit ist die Beschwerde unzulässig. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und der Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Das Vorliegen der Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig dargelegt werden (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH --, vgl. Beschlüsse vom 15. Juli 1966 VI B 2/66, BFHE 86, 708, BStBl III 1966, 628; vom 13. September 1989 II B 77/89, BFH/NV 1990, 513, und vom 9. Februar 1996 VIII B 1/95, BFH/NV 1996, 617). Im Streitfall haben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) keinerlei Ausführungen dazu gemacht, warum die von ihnen herausgearbeitete Rechtsfrage klärungsbedürftig sein soll und worin das besondere Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Handhabung des Rechts liegen soll. Die floskelhafte Darlegung, nicht nur in Einzelfällen gäbe es entsprechende Einbringungsvorgänge, reicht hierfür nicht aus.
2. Die Beschwerde ist ebenfalls unzulässig, soweit sie sich auf Verfahrensmängel i. S. des §116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt. Derartige Mängel können nur mit der zulassungsfreien Revision geltend gemacht werden, eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht statthaft (BFH-Beschluß vom 9. Juni 1986 IX B 90/85, BFHE 146, 395, BStBl II 1986, 679). Dementsprechend haben die Kläger zugleich auch Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) eingelegt, über die der Senat mit gleichem Datum entschieden hat.
Unzulässig ist die Beschwerde auch, soweit die falsche Bezeichnung der Kläger als Ehegatten gerügt wird. Solche Fehler können nach §107 FGO als offenbare Unrichtigkeit von dem Gericht, das das Urteil erlassen hat, jederzeit berichtigt werden. Sie sind keine Verfahrensfehler i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., §115 FGO Tz. 67; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, §115 Rz. 32).
3. Soweit das Übergehen eines Beweisantrags geltend gemacht wird, ist die Beschwerde unbegründet. Die Nichtbescheidung des Beweisantrags auf Zuziehung eines Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung bedeutet keinen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob -- wie die Kläger meinen -- ein solcher Verfahrensfehler immer dann vorliegt, wenn ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag nicht noch innerhalb der mündlichen Verhandlung durch Beschluß beschieden wird (a. A. BFH-Beschluß vom 31. August 1993 I B 4--5/93, nicht veröffentlicht). Denn im Streitfall kann nicht festgestellt werden, daß ein Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung gestellt worden ist. Weder im Protokoll über die mündliche Verhandlung, das nach §94 FGO i. V. m. §§160 Abs. 2, 165 der Zivilprozeßordnung (ZPO) alleiniges Beweismittel für derartige Beweisanträge ist, noch im Urteil findet ein solcher Antrag Erwähnung. Nach Aktenlage ist ein Antrag auf Erhebung des Sachverständigenbeweises nur schriftsätzlich gestellt worden. Ein solcher Antrag braucht jedenfalls nicht in der mündlichen Verhandlung beschieden zu werden. Seine -- begründete -- Ablehnung im Urteil ist ausreichend.
Die Ablehnung des Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens ist auch in der Sache nicht zu beanstanden. Zwar kann das Übergehen eines Beweisantrags einen Verfahrensfehler wegen Nichtbeachtung der Sachaufklärungspflicht gemäß §76 FGO darstellen (vgl. BFH-Beschluß vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372). Einen Antrag auf Erhebung des Sachverständigenbeweises darf das Gericht aber ablehnen, wenn es nach pflichtgemäßem Ermessen zu dem Ergebnis kommt, selbst die erforderliche eigene Sachkunde zu besitzen. Die Grenze des Ermessens ist erst dann erreicht, wenn sich die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen mangels eigener Sachkunde aufdrängen mußte (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 15. April 1980 2 BvR 827/79, BVerfGE 54, 86, 93; BFH-Urteil vom 19. November 1985 VIII R 4/83, BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289; Gräber/von Groll, a. a. O., §76 Rz. 22). Im Streitfall bestehen bei Anwendung dieser Grundsätze keine Zweifel, daß das FG von eigener Sachkunde ausgehen durfte. Für die Bewertung eines nach Meinung des FG im Zusammenhang mit dem Handelsvertretungsrecht bestehenden immateriellen Wirtschaftsguts -- dessen Existenz vom erkennenden Senat im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde wegen Verfahrensmangels nicht zu beurteilen ist -- war es naheliegend und entsprach den wirtschaftlichen Gegebenheiten, sich an dem Ausgleichsanspruch gemäß §89 b des Handelsgesetzbuches zu orientieren. Dessen Bemessung war in dem vom Kläger geschlossenen Vertrag ausdrücklich geregelt und orientierte sich an der durchschnittlichen Jahresprovision in den letzten fünf Jahren. Eine solche Berechnung verlangt keine besondere Sachkunde und kann von jedem Gericht ohne weiteres selbst durchgeführt werden.
Fundstellen