Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts bei Wechsel der Richter
Leitsatz (NV)
Nach Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder nach Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung ist -- im Unterschied zu einer bloßen Unterbrechung der mündlichen Verhandlung -- ein Richterwechsel unschädlich.
Normenkette
FGO §§ 103, 116 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
In der Sache geht es um die Frage, ob ein Verlust-Feststellungsbescheid noch geändert werden kann. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) und das Finanzgericht (FG) haben eine Änderungsmöglichkeit verneint. An der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 1996 nahmen als ehrenamtliche Richter Frau B und Herr A teil. Unter dem 22. April 1996 beschloß das FG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten. Erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung und Urteilsberatung habe sich die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung herausgestellt. An der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 1996 nahm bei ansonsten unveränderter Besetzung als ehrenamtliche Richterin anstelle von Frau B Frau C teil.
Das FG wies die Klage ab, ohne die Revision zuzulassen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig
1. Gemäß Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet abweichend von §115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Revision nur statt, wenn sie das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat oder wenn ein Fall der zulassungsfreien Revision gemäß §116 FGO gegeben ist. Hierauf wurden die Kläger und Revisionskläger (Kläger) durch die der angefochtenen Vorentscheidung beigefügte Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich hingewiesen.
a) Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die von den Klägern eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat als unzulässig verworfen.
b) Gründe, die eine zulassungsfreie Revision gemäß §116 FGO gerechtfertigt erscheinen lassen, sind nicht schlüssig dargelegt worden. Gemäß §116 Abs. 1 Nr. 1 FGO ist ein wesentlicher Mangel die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts; gemäß §103 FGO kann das Urteil nur von den Richtern und ehrenamtlichen Richtern gefällt werden, die an der dem Urteil zugrundeliegenden Verhandlung teilgenommen haben. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH bezieht sich das Merkmal "dem Urteil zugrundeliegende Verhandlung", das nach §103 FGO den gesetzlichen Richter bestimmt, nur auf die letzte mündliche Verhandlung, in der das Urteil ergangen ist. Daraus folgt, daß bei einer Verhandlung an mehreren Sitzungstagen ein Richterwechsel nach Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder -- wie hier -- nach Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung unschädlich ist. Etwas anderes gilt in der Regel bei einer bloßen Unterbrechung der mündlichen Verhandlung, wenn sich ein und dieselbe mündliche Verhandlung über mehrere Verhandlungstage hinzieht. Wird als wesentlicher Mangel des Verfahrens i. S. von §116 Abs. 1 Nr. 1 FGO gerügt, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil an den Terminen zur mündlichen Verhandlung jeweils verschiedene ehrenamtliche Richter teilgenommen hätten, gehört deshalb zur schlüssigen Darlegung dieser Verfahrensrüge auch die Darlegung konkreter Tatsachen, aus denen folgt, daß im zweiten Termin lediglich die nach dem ersten Termin unterbrochene mündliche Verhandlung fortgesetzt worden ist (zu Vorstehendem vgl. im einzelnen BFH-Urteil vom 23. April 1996 VIII R 70/93, BFH/NV 1997, 31).
Entsprechende Tatsachen haben die Kläger nicht vorgetragen; sie haben nur geltend gemacht, daß das Gericht an den beiden Terminen nicht in derselben Besetzung getagt habe.
2. Der Senat entscheidet gemäß §126 Abs. 1 FGO durch Beschluß; er hält eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, §126 Rz. 3).
Fundstellen