Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung wegen Verfassungswidrigkeit
Leitsatz (NV)
1. Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wegen Verfassungswidrigkeit einer entscheidungserheblichen Norm geltend gemacht, ist neben den Gründen für die angenommene Verfassungswidrigkeit darzulegen, daß es bei verfassungskonformer Besteuerung voraussichtlich auch zu einer den Beschwerdeführer weniger belastenden Besteuerung kommen würde.
2. Ist bei einer Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid der Geschäftsführer einer Personengesellschaft persönlich klagebefugt, muß geklärt werden, ob er nur persönlich, nur in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer oder sowohl für die Gesellschaft als auch persönlich klagt. Klagt er nur persönlich, ist er in seiner Eigenschaft als Organ der Gesellschaft notwendig beizuladen.
3. Das Bestehen einer Mitunternehmerschaft und die Höhe des Gewinns sind jeweils selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlagen.
Normenkette
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 3, § 60 Abs. 3, § 115 Abs. 3 S. 3; AO 1977 § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Die Beschwerde ist begründet, soweit sie die Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid betrifft. Hinsichtlich des Gewerbesteuermeßbescheids ist die Beschwerde unzulässig.
1. Das Finanzgericht (FG) hat zu Unrecht die Beiladung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in dem Verfahren gegen den Gewinnfeststellungsbescheid unterlassen.
a) Sind an einem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie nach §60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) notwendig beizuladen. Klagen nicht alle von mehreren nach §48 FGO Klagebefugten, müssen deshalb die übrigen Klagebefugten mit Ausnahme solcher nach §48 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 FGO a.F. klagebefugten Personen, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sind, zum Verfahren beigeladen werden (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 31. Januar 1992 VIII B 33/90, BFHE 167, 5, BStBl II 1992, 559).
Nach §48 Abs. 1 Nr. 3 FGO in der hier anzuwendenden Fassung vor seiner Änderung durch das Grenzpendlergesetz sind gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid über gewerbliche Einkünfte einer Personengesellschaft klagebefugt die zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter. Der BFH hat diese Bestimmung in ständiger Rechtsprechung dahin ausgelegt, daß der Gesellschaft in Prozeßstandschaft für ihre Gesellschafter eine Klagebefugnis eingeräumt wird (vgl. z.B. BFH-Beschluß in BFHE 167, 5, BStBl II 1992, 559, m.w.N.). Von der Klagebefugnis macht die Gesellschaft dadurch Gebrauch, daß ihr Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft in deren Namen Klage erhebt. Ist der Geschäftsführer als Gesellschafter zugleich auch selbst klagebefugt, ist zu klären, ob er nur persönlich, nur in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer oder sowohl für die Gesellschaft als auch persönlich klagt (BFH-Urteil vom 26. März 1980 I R 87/79, BFHE 131, 1, BStBl II 1980, 586).
b) Die vorliegende Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid ist ausschließlich von den Eheleuten X persönlich eingelegt worden. In der Klageschrift heißt es ausdrücklich, die Eheleute klagten insoweit als Beteiligte des Feststellungsverfahrens, gegen den Gewerbesteuermeßbescheid aber für die Gewerbesteuerpflichtige, also für die GbR. Mit dieser Unterscheidung wird unzweifelhaft deutlich gemacht, daß die Eheleute hinsichtlich der Gewinnfeststellung nicht für die Gesellschaft, sondern ausschließlich im eigenen Namen klagen wollten.
Es kann dahinstehen, ob eine spätere Klarstellung, auch für die GbR klagen zu wollen, ausgereicht hätte, um eine von Anfang an auch für die GbR erhobene Klage annehmen zu können. Denn eine derartige Äußerung der Eheleute ist nicht erfolgt. Bei dieser Sachlage mußte die GbR notwendig beigeladen werden.
c) Klagegegenstand der ursprünglich erhobenen Klage ist nur die Höhe des einheitlich und gesondert festgestellten Gewinns. Im Rahmen einer einheitlich und gesonderten Feststellung nach §§179, 180 der Abgabenordnung (AO 1977) ist jede einzelne festgestellte Besteuerungsgrundlage als eigenständiger Regelungsgegenstand des Verwaltungsakts anzusehen. Der Feststellungsbescheid bildet eine Zusammenfassung einzelner Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die auch selbständiger Gegenstand eines Klageverfahrens sein können, soweit sie eine rechtlich selbständige Würdigung beinhalten und eines rechtlich selbständigen Schicksals fähig sind (BFH-Urteil vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544). Das Bestehen einer Mitunternehmerschaft und die Höhe des laufenden Gewinns sind in diesem Sinne selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlagen (BFH-Urteile vom 9. Mai 1984 I R 25/81, BFHE 141, 252, BStBl II 1984, 726, und in BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544).
Das Klagebegehren erstreckte sich vorliegend nur auf die Höhe des Gewinns. Die Existenz der Mitunternehmerschaft wurde nicht in Frage gestellt, sondern in der Klagebegründungsschrift vom November 1994 sogar ausdrücklich behauptet. Insoweit ist deshalb mit Ablauf der Klagefrist Bestandskraft eingetreten. Die Erstreckung der Klage auf die Existenz der Mitunternehmerschaft in der mündlichen Verhandlung vom August 1997 ist um weit mehr als die Jahresfrist des §56 Abs. 3 FGO verspätet. Unter diesen Umständen war das FG nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 9. Mai 1979 I R 100/77 (BFHE 128, 142, BStBl II 1979, 632) nicht verpflichtet, sonstige Klagebefugte zu der Klage wegen Bestehens der Mitunternehmerschaft beizuladen.
d) Das Unterlassen der Beiladung der GbR zur Klage gegen die Feststellung der Einkünfte ist ein Verfahrensfehler, der zur Zulassung der Revision nach §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO führt. Auf den weiteren gerügten Verfahrensfehler kommt es danach nicht mehr an.
2. Die auf grundsätzliche Bedeutung gestützte Beschwerde gegen die den Gewerbesteuermeßbescheid betreffende Entscheidung ist als unzulässig zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Das Vorliegen der Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig dargelegt werden (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschlüsse vom 15. Juli 1966 VI B 2/66, BFHE 86, 708, BStBl III 1966, 628; vom 13. September 1989 II B 77/89, BFH/NV 1990, 513, und vom 9. Februar 1996 VIII B 1/95, BFH/NV 1996, 617).
Das Beschwerdevorbringen beschränkt sich auf den Hinweis, das Niedersächsische FG habe die Gewerbesteuer für verfassungswidrig gehalten. Das allein reicht zur Geltendmachung einer grundsätzlichen Bedeutung i.S. des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht aus. Der Beschwerdeführer muß nämlich schlüssig darlegen, daß die angefochtene Entscheidung auf der für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsfrage beruht. Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm gerügt, muß mit der Beschwerde neben den Gründen der vermuteten Verfassungswidrigkeit dargelegt werden, daß es bei verfassungskonformer Besteuerung voraussichtlich auch zu einer den Beschwerdeführer weniger belastenden Steuerfestsetzung kommen würde. Hierbei kann weder ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß ein Verfassungsverstoß auch zu einer (rückwirkenden) Nichtigerklärung führt, noch daß im Fall einer Appellentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) der Gesetzgeber die beanstandete Besteuerungsungleichheit dadurch beseitigt, daß der Beschwerdeführer steuerlich entlastet wird. Deshalb hat der BFH in seinem Urteil vom 11. November 1997 VIII R 49/95 (BFHE 185, 46, BStBl II 1998, 272) bereits entschieden, daß sich eine die Verfassungswidrigkeit des Gewerbesteuergesetzes bestätigende Entscheidung des BVerfG auf die Festsetzung von Gewerbesteuermeßbeträgen für vergangene Jahre nicht auswirken würde.
Vorliegend enthält die Beschwerde keine derartigen Darlegungen, so daß der Senat dahinstehen lassen kann, ob es nicht bereits an einer hinreichenden Darlegung der Verfassungswidrigkeit fehlt.
3. Die Revision ist nur in bezug auf die Feststellung der Einkünfte zuzulassen, da trennbare Streitgegenstände vorliegen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §136 Abs. 1 Satz 1 FGO (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605).
Fundstellen
Haufe-Index 154272 |
BFH/NV 1999, 590 |