Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Anforderungen an die Rüge des Übergehens von Beweisanträgen, der Verletzung des rechtlichen Gehörs sowie bei grundsätzlicher Bedeutung
Leitsatz (NV)
1. Die bloße Behauptung, in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag gestellt zu haben, stellt dann keine ausreichende Bezeichnung eines Verfahrensmangels im Sinne von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO dar, wenn sich aus dem Inhalt des Protokolls ein solcher Antrag nicht ergibt. Vielmehr ist dann zusätzlich vorzutragen, daß das FG den Beweisantrag nicht in das Protokoll aufgenommen und hierüber einen Beschluß nach § 160 Abs. 4 ZPO getroffen hat und - soweit auch dieser Beschluß nicht in das Protokoll aufgenommen wurde - ein Antrag auf Berichtigung des Protokolls nach § 164 ZPO gestellt wurde (vgl. BFH-Beschluß vom 4. März 1992 II B 201/91, BFHE 166, 574, BStBl II 1992, 562). Auch die bloße Behauptung, einen Protokollberichtigungsantrag gestellt zu haben, ohne daß dies tatsächlich geschehen ist, entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.
2. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt wegen fehlender Rechtserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensfehlers dann nicht vor, wenn der Beschwerdeführer geltend macht, er habe lediglich noch etwas mündlich vortragen wollen, was er bereits schriftsätzlich ausgeführt habe.
3. Die bloße Behauptung, die angesprochene Rechtsfrage habe grundsätzliche Bedeutung, oder der Hinweis, es liege bislang zu dieser Rechtsfrage keine höchstrichterliche Entscheidung vor, entspricht nicht den Darlegungserfordernissen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Vielmehr ist darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten und inwieweit sie allgemein klärungsbedürftig ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 3 S. 3; ZPO § 160 Abs. 4, § 164
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Soweit der Kläger geltend macht, das Finanzgericht (FG) habe durch Nichterheben von angebotenen Beweisen seiner Pflicht zur Sachaufklärung gemäß § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht genügt, hat er den Verfahrensmangel in der Beschwerdeschrift nicht ausreichend bezeichnet (vgl. § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Wird ungenügende Sachaufklärung durch Nichterheben von Beweisen geltend gemacht, müssen zur ausreichenden Bezeichnung des Verfahrensmangels die angeblich übergangenen Beweismittel einschließlich der Beweisthemen und die genaue Stelle aufgeführt werden, an der die Beweise angetreten worden sind. Der Kläger hat zwar behauptet, sein Prozeßbevollmächtigter habe in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt, ihn, den Kläger, als Partei zu der Frage zu vernehmen, welche Absichten er im Erwerbszeitpunkt mit dem Grundstück verfolgt hat. Die bloße Behauptung, in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag gestellt zu haben, reicht aber dann nicht aus, wenn sich aus dem Inhalt des Protokolls ein solcher Antrag nicht ergibt. Vielmehr ist dann zusätzlich vorzutragen, daß das FG den Beweisantrag nicht in das Protokoll aufgenommen hat und hierüber einen Beschluß nach § 160 Abs. 4 der Zivilprozeßordnung (ZPO) getroffen hat und - soweit dieser Beschluß nicht in das Protokoll aufgenommen wurde - ein Antrag auf Berichtigung des Protokolls nach § 164 ZPO gestellt wurde (vgl. Senatsbeschluß vom 4. März 1992 II B 201/91, BFHE 166, 574, BStBl II 1992, 562).
Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger hat nicht mitgeteilt, daß das FG beschlossen habe, davon abzusehen, seinen Antrag auf Parteivernehmung in das Terminsprotokoll aufzunehmen. Er hat darüber hinaus auch nur behauptet, einen Protokollberichtigungsantrag gestellt zu haben, ohne dessen Inhalt mitzuteilen oder die Antragsschrift vorzulegen. Die bloße Behauptung, einen Protokollberichtigungsantrag gestellt zu haben, ohne daß dies tatsächlich geschehen ist, entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.
2. Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe, auch ohne daß es eines besonderen Beweisantrags bedurft hätte, von sich aus ihn, den Kläger, als Partei zu seinen Absichten im Erwerbszeitpunkt vernehmen müssen, ist die Beschwerde unbegründet. Das FG war aufgrund der Gesamtumstände im Rahmen seiner Sachaufklärung nicht verpflichtet, den Kläger nochmals persönlich zu seinen Absichten im Erwerbszeitpunkt als Partei zu vernehmen. Das FG ist davon ausgegangen, daß die Absicht des Klägers im Erwerbszeitpunkt zwar eine sog. innere Tatsache darstellt, die sich aber anhand objektiver Umstände insbesondere aus dem Verhalten desjenigen, dessen Absicht festzustellen ist, ergeben kann. Dementsprechend ist es nicht zu beanstanden, daß das FG unter Berücksichtigung aller von ihm festgestellten objektiven Umstände zu der Überzeugung gelangt ist, der Kläger habe im Erwerbszeitpunkt nicht die Absicht gehabt, das auf dem Grundstück befindliche Mietwohnhaus bis zum Kellergeschoß abzureißen. Die Parteivernehmung konnte sich für das FG auch deshalb nicht als für die weitere Sachaufklärung geeignete Erkenntnisquelle aufdrängen, weil sich der Kläger im Laufe des Verfahrens gegenüber dem Finanzamt (FA) und dem FG (und auch gegenüber der Stadt X als Baugenehmigungsbehörde) in sich widersprechender Weise zu seinen Absichten geäußert hat. Unter diesen Umständen stellt es keinen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht dar, daß das FG in erster Linie auf die objektiven Gegebenheiten abgestellt und im übrigen darauf hingewiesen hat, der Kläger habe selbst erklärt, im Erwerbszeitpunkt die Absicht gehabt zu haben, das Gebäude nicht abzureißen, sondern lediglich durchzusanieren. Hinzu kommt, daß es sich bei der Vernehmung eines Beteiligten im Steuerprozeß nur um ein Hilfsbeweismittel handelt (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 81 FGO Tz. 5, § 82 FGO Tz. 52).
3. Auch die Rüge der Verletzung seines Rechts, sich vor Erlaß der gerichtlichen Entscheidung zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern, vermag ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision zu führen. Dabei kann dahinstehen, ob die Beschwerde insoweit den Zulässigkeitsanforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht. Eine Verletzung des Rechts des Klägers auf rechtliches Gehör liegt im Streitfall jedenfalls schon deshalb nicht vor, weil er sich nach dem in der mündlichen Verhandlung gegebenen Hinweis des Gerichts auf die Entscheidungserheblichkeit des Tatbestandsmerkmals Absicht durch seinen in der mündlichen Verhandlung anwesenden Prozeßbevollmächtigten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht hat äußern können. Der Anordnung des persönlichen Erscheinens bzw. der nochmaligen Vernehmung des Klägers zu diesem Punkt bedurfte es aus der Sicht des FG schon deshalb nicht, weil sich der Kläger - wenn auch widersprüchlich - zu seinen Absichten im Erwerbszeitpunkt bereits vorher schriftlich geäußert hatte und letztendlich den objektiven Umständen entscheidende Bedeutung zukam. Eine Rechtserheblichkeit des vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmangels Verletzung des rechtlichen Gehörs kann demnach nicht erkannt werden. Dies gilt insbesondere auch bezüglich des Vortrags des Klägers, er hätte bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs seinen Vortrag aus der Klageschrift wiederholt. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs kann dann nicht vorliegen, wenn jemand geltend macht, er habe lediglich noch etwas mündlich vortragen wollen, was er bereits schriftsätzlich ausgeführt hat.
4. Soweit der Kläger geltend macht, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, ist seine Beschwerde unzulässig. Die Begründung der Beschwerde entspricht insoweit nicht den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die bloße Behauptung des Klägers, die von ihm angesprochene Rechtsfrage habe grundsätzliche Bedeutung, reicht nicht aus. Auch der Hinweis, es liege bislang zu dieser Rechtsfrage keine höchstrichterliche Entscheidung vor, stellt ebenfalls keine substantiierte Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung dar. Der Kläger hätte vielmehr - was er nicht getan hat - darlegen müssen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten und inwieweit sie im allgemeinen klärungsbedürftig ist. Der Kläger verweist insoweit nicht auf das allgemeine Interesse an der Klärung der angesprochenen Rechtsfrage, sondern lediglich darauf, daß von der Beantwortung dieser Rechtsfrage die Entscheidung des (vorliegenden) Rechtsstreits mit abhängt.
Fundstellen