Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablaufhemmung nach Steuerfahndungsprüfung; grundsätzliche Bedeutung nur bei Entscheidungserheblichkeit
Leitsatz (NV)
1. Die durch eine Steuerfahndungsprüfung eintretende Ablaufhemmung erfaßt nur solche Steueransprüche, die Gegenstand der Prüfung waren.
2. Grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen können nur dann zur Revisionszulassung führen, wenn sie im Streitfall entscheidungserheblich sind. Das gilt auch für die Frage, ob der Grundsatz, wonach die Amtssprache deutsch ist, mit EG-Recht vereinbar ist.
Normenkette
AO 1977 § 171 Abs. 5, § 87 Abs. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) stützt ihre Nichtzulassungsbeschwerde auf grundsätzliche Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt dabei nur in Frage wegen einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage (vgl. z. B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rdnrn. 7 ff.). Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, inwieweit durch eine Steuerfahndungsprüfung eine Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO 1977) eintrete, ist im Streitfall nicht klärungsfähig. Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, daß der Umfang der Ablaufhemmung, die durch eine Steuerfahndungsprüfung eintritt, im Schrifttum strittig ist (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung -- Finanzgerichtsordnung, § 171 AO 1977 Tz. 23, m. w. N.; Höllig in Koch, Abgabenordnung 1977, 4. Aufl., § 171 Rdnr. 28) und höchstrichterlich noch nicht geklärt ist. Unstreitig ist aber, daß eine Ablaufhemmung keinesfalls eintritt bezüglich solcher Steueransprüche, die nicht mit den Ermittlungen des Steuerfahndungsdienstes zusammenhängen (vgl. Höllig, a.a.O.). Da im Streitfall nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Finanzgerichts die Steuerfahndungsprüfung ausschließlich das Jahr 1983 betraf, berühren die Ermittlungen der Steuerfahndungsprüfung nicht den Ablauf der Festsetzungsverjährung für die Streitjahre 1984 und 1985.
2. Soweit die Klägerin die Frage geklärt wissen will, ob der Grundsatz, daß die Amtssprache deutsch ist (vgl. § 87 Abs. 1 AO 1977), im Zuge der Europäischen Einigung noch aufrechterhalten werden könne, fehlt es in der Beschwerdeschrift schon an der notwendigen Darlegung, in welchem entscheidungserheblichen Zusammenhang möglicherweise mangelhafte Deutschkenntnisse des Geschäftsführers der Klägerin mit dem Beginn und Ablauf der Festsetzungsverjährung stehen könnten. Es ist insbesondere nicht erkennbar, inwieweit der Streitfall mit den zitierten Urteilsfällen vergleichbar sein könnte. Weder ist vorgetragen, daß mangelhafte Kenntnisse der deutschen Sprache zur Versäumnis einer Rechtsbehelfs- oder -mittelfrist geführt hätten (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts des 2. Senats vom 10. Juni 1975 2 BvR 1074/74, BVerfGE 40, 95; Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 14. Juli 1981 1 StR 815/80, Neue Juristische Wochenschrift 1982, 532), noch ist die Sach- und Rechtslage mit der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 7. Juli 1985 Rs 137/84 (EuGHE 1985, 2681) vergleichbar, in der dem sprachunkundigen Ausländer eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit zur Sprachwahl versagt worden war. Beginn und Ablauf der Festsetzungsfrist sind sprach- und damit verschuldensunabhängig. Die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in eine abgelaufene Festsetzungsfrist ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Im übrigen ergeht dieser Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2236, BStBl I 1994, 100) ohne Begründung.
Fundstellen