Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung als Zulassungsgrund
Leitsatz (NV)
Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nur dann betroffen, wenn dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler von so erheblichem Gewicht unterlaufen sind, dass sie, würden sie von einem Rechtsmittelgericht nicht korrigiert, geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, etwa weil Verfahrensgrundrechte verletzt worden sind oder das aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitende Recht eines Beteiligten auf eine willkürliche gerichtliche Entscheidung durch das Urteil des FG berührt wird.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 3 S. 3, § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3; GG Art. 3 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4
Verfahrensgang
FG des Saarlandes (Urteil vom 29.01.2004; Aktenzeichen 2 K 211/00) |
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil u.a. dann zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert. Dieser von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) in Anspruch genommene Zulassungsgrund liegt zum einen dann vor, wenn das Urteil des Finanzgerichts (FG) im Sinne des bis zum Jahr 2000 geltenden Revisionsrechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO i.d.F. bis zum In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567) von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen Gerichts abweicht (BFH-Beschlüsse vom 28. Januar 2002 VII B 41/01, BFH/NV 2002, 932; vom 16. April 2002 X B 102/01, BFH/NV 2002, 1045). Zum anderen ist er gegeben, wenn das erstinstanzliche Urteil unter einem so schweren Rechtsfehler leidet, dass sein Fortbestehen das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen würde (BFH-Beschlüsse vom 14. Februar 2002 VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798; vom 28. Juni 2002 III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474; vom 14. Oktober 2002 V B 170/01, BFH/NV 2003, 197). Dagegen reicht es für die Zulassung der Revision auch nach neuem Recht nicht aus, dass das FG im konkreten Einzelfall unrichtig entschieden und dabei ggf. eine vorhandene höchstrichterliche Rechtsprechung übersehen oder fehlerhaft umgesetzt hat (BFH-Beschlüsse vom 25. November 2002 I B 2/02, BFH/NV 2003, 488; vom 11. Dezember 2002 IX B 124/02, BFH/NV 2003, 495; vom 24. Februar 2003 III B 117/02, BFH/NV 2003, 810, jeweils m.w.N.).
Mit der Neuregelung soll dem BFH nicht in dem Sinne eine Gewährleistung für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung auferlegt werden, dass er auf entsprechende Rüge Entscheidungen der Instanzgerichte umfassend auf ihre rechtliche Richtigkeit zu überprüfen und zu korrigieren hätte, weil er bei einer eigenen Subsumtion aufgrund der getroffenen Feststellungen zu einem abweichenden Ergebnis gelangen würde. Vielmehr soll mit den neu gefassten Zulassungsgründen neben den Fällen der Divergenz eine Zulassung der Revision ermöglicht werden, wenn dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler von so erheblichem Gewicht unterlaufen sind, dass sie, würden sie von einem Rechtsmittelgericht nicht korrigiert, geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Nach der Begründung zu dem Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (BTDrucks 14/3750) ist dies vorzugsweise anzunehmen, wenn Verfahrensgrundrechte verletzt worden sind. Gleiches wird zu gelten haben, wenn das aus Art. 3 Abs. 1 und 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) abzuleitende Recht eines Beteiligten auf eine willkürfreie gerichtliche Entscheidung durch das angefochtene Urteil des FG berührt wird, weil es an einem in der gekennzeichneten Art qualifizierten Fehler leidet (ausführlich BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 798, 799). In einem solchen Fall obliegt es primär der Fachgerichtsbarkeit, im Rahmen der jeweils maßgeblichen Verfahrensordnung die Grundrechte der Beteiligten zu wahren und durchzusetzen (so Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 68, m.w.N.; ebenso Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 204 f., m.w.N.).
Die Klägerin hat indes keinen schwerwiegenden Fehler im angefochtenen Urteil dargelegt, der die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO rechtfertigen würde. Es ist vielmehr eine mögliche, den Denkgesetzen nicht widersprechende Schlussfolgerung des FG, dass die beträchtlichen, von der Klägerin auf Bankkonten eingezahlten Beträge in den Streitjahren 1993 bis 1995 in Höhe von 487 300 DM bzw. für Luxuslimousinen und Hausbau ausgegebenen Beträge in Höhe von 130 000 DM bzw. 70 391 DM aus unversteuerten Einkünften stammen sollen.
2. Auch der Verfahrensmangel ist nicht ordnungsgemäß dargelegt.
Wird mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 FGO) geltend gemacht, das FG habe Beweisanträge übergangen, ist diese nach ständiger Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteil vom 31. Juli 1990 I R 173/83, BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 48, 49, m.w.N.) nur dann formgerecht erhoben, wenn dargelegt wird:
a) die ermittlungsbedürftigen Punkte,
b) die Beweisthemen und Beweismittel,
c) der Schriftsatz mit Datum und Seitenzahl, in dem die Beweismittel benannt worden sind,
d) weshalb das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann,
e) dass bei nächster sich bietender Gelegenheit die Nichterhebung des Beweises gerügt worden ist oder dass die Absicht des FG, die angebotenen Beweise nicht zu erheben, nicht so rechtzeitig erkennbar war, um dies noch vor dem FG rügen zu können.
Die Klägerin hat zu den Punkten c) bis e) nichts vorgetragen.
3. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen