Leitsatz (amtlich)
Wirbt ein Verkaufsagent um Käufer mit dem Versprechen, er werde zum Zwecke der Kaufpreisermäßigung dem Käufer bei Abschluß eines Kaufvertrages einen Teil seiner Verkaufsprovision zuwenden, bildet die Annahme des vom Verkaufsagenten (im Auftrage des Verkäufers) unterbreiteten Vertragsangebots durch den Käufer keine von diesem gegenüber dem Verkaufsagenten erbrachte sonstige entgeltliche Leistung mit einer Gegenleistung in Form des zugewendeten Provisionsteils.
Normenkette
UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin betreibt als selbständiges Kraftfahrzeughandelsunternehmen eine Vertretung der Daimler-Benz AG. Für diese verkauft sie auf Provisionsbasis Kraftfahrzeuge zu den von der Daimler-Benz AG bestimmten Preisen. Die Klägerin ist nicht berechtigt, Preisnachlässe auf die festgesetzten Verkaufspreise zu gewähren. In der Mehrzahl der Neugeschäfte versucht die Klägerin, die Kunden durch eine günstige Festsetzung des Gebrauchtwagenpreises für den in Zahlung genommenen Lastkraftwagen zum Kauf eines neuen Fahrzeugs zu bewegen. Darüber hinaus hat die Klägerin einen Teil der ihr zustehenden Verkaufsprovisionen an den Käufer weitergegeben. Soweit die Käufer Unternehmer waren, schrieb die Klägerin den Kunden diese Beträge gut und erteilte ihnen hierüber Abrechnungen, in denen zusätzlich darauf entfallende Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen war. Diese gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer hat die Klägerin in den Jahren 1972 mit 1975 als abziehbare Vorsteuerbeträge im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 behandelt. Eine stichprobenweise Überprüfung der steuerlichen Verhältnisse bei den Kunden ergab, daß diese den ihnen gutgeschriebenen Teil der Verkaufsprovision als Minderung der Anschaffungskosten behandelt und ihre Vorsteuerbeträge aus dem Kfz-Kauf um die in den Abrechnungen der Klägerin gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuern gekürzt hatten.
Durch berichtigte oder erstmalige Steuerbescheide für die Jahre 1972 mit 1975 hat das beklagte Finanzamt den von der Klägerin begehrten Vorsteuerabzug aus den von ihr den Kunden erteilten Abrechnungen versagt. Über die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht noch nicht entschieden. Es hat den von der Klägerin gestellten Antrag, gemäß § 69 Abs. 3 FGO die Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide im Umfang der strittigen Vorsteuerbeträge auszusetzen, zurückgewiesen (EFG 1982, 160; UStR 1982, 121).
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Klägerin: Die streitigen Kfz-Verkäufe beträfen in erster Linie die Vermittlung des Verkaufs von Lastkraftwagen. Im Lastwagengeschäft spielten sowohl das günstigste Preisangebot als auch die intensiven Bemühungen des Verkäufers bzw. Agenten eine ganz wesentliche Rolle. Günstige Konditionen bei der Inzahlungnahme eines gebrauchten LKW seien notwendige Voraussetzungen für ein Verkaufsgespräch. Darüber hinaus erwarte der Käufer noch ein zusätzliches Preiszugeständnis, bevor er sich zum Abschluß eines Kaufvertrages entschließe. Als Agent der Daimler-Benz AG könne sie (die Klägerin) diesen Vorstellungen der Käufer nur dadurch nachkommen, daß sie auf einen Teil ihrer Provision verzichte. Neuwagenbestellung, Gebrauchtwagenverkauf und Provisionsnachlaß stellten wirtschaftlich eine Gesamtheit dar. Dies komme auch darin zum Ausdruck, daß sie das zu ihren Lasten gehende Zugeständnis in eine schriftliche Abwicklungsvereinbarung einbringen müsse. Ohne diese schriftliche Zusage wäre der Käufer nicht bereit, den vermittelten Kaufvertrag zwischen ihr und der Daimler-Benz AG zu unterschreiben. Daraus folge, daß sie mit der Zuwendung eines Teiles ihrer Provision an die Kunden ein Entgelt entrichte für deren in einer Abschlußbereitschaft bestehenden sonstigen Leistung. Damit habe sie (die Klägerin) über eine entgeltliche Leistung (i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967) der Kunden, die in dem Abschluß des LKW-Kaufvertrages bestehe, abgerechnet.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.
Die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Umsatzsteuerbescheide 1972 mit 1975 ist im Umfang der mit der Klage angegriffenen Herabsetzung abziehbarer Vorsteuerbeträge nicht ernstlich zweifelhaft im Sinne des § 69 FGO. Die Klägerin begehrt den Vorsteuerabzug aus Abrechnungspapieren, die sie selbst angefertigt und den Käufern von Lastkraftwagen der Daimler-Benz AG zugeleitet hat. Mit dieser Handlungsweise behauptet die Klägerin konkludent, Empfängerin von Leistungen dieser Käufer zu sein; denn nur ein Leistungsempfänger kann aus selbsterstellten Abrechnungspapieren einen Anspruch auf Vorsteuerabzug herleiten. Die Klägerin nimmt mithin für sich in Anspruch, den begehrten Vorsteuerabzug auf Abrechnungspapiere stützen zu können, die den Anforderungen des § 5 der 1. UStDV genügen.
Dies trifft jedoch nicht zu. Es wird in diesem Zusammenhang zugunsten der Klägerin unterstellt, daß die zur weiteren Anwendung der rechtsungültigen Vorschrift des § 5 der 1. UStDV ergangene Verwaltungsregelung (BMF-Schreiben vom 15. Oktober 1979, BStBl I 1979, 623) im vorliegenden Fall als eine von den Gerichten zu beachtende Milderungsregelung zu beurteilen wäre (vgl. auch Abschn. 6 Abs. 2 des Urteils vom 4. März 1982 V R 107/79, BFHE 135, 118, BStBl II 1982, 309). Mit einer Gutschrift im Sinne des § 5 Abs. 1 der 1. UStDV kann vom Leistungsempfänger jedoch nur dann abgerechnet werden, wenn der Gutschriftsempfänger ein Unternehmer ist, der an den Gutschriftsaussteller steuerpflichtige Leistungen ausgeführt hat. Liegt diese allgemeine Abrechnungsberechtigung des Leistungsempfängers nicht vor, braucht das Vorhandensein der weiteren Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 der 1. UStDV nicht mehr geprüft zu werden.
Die Käufer der Lastkraftwagen, d. h. die Kunden der Daimler-Benz AG, haben steuerpflichtige Leistungen an die Klägerin im Zusammenhang mit deren Handelsvertretertätigkeit für die Daimler-Benz AG nicht erbracht.
Zunächst bedarf der Klarstellung, daß die Daimler-Benz AG (mit Hilfe der Klägerin als ihrer Handelsvertreterin) Lastkraftwagen an die ihr zugeführten Käufer verkauft hat. Die Klägerin war an die Weisungen ihrer Geschäftsherrin gebunden und hatte gemäß der erteilten Abschlußvollmacht die Verkäufe zu den von der Geschäftsherrin festbestimmten Kaufpreisen abzuwickeln. Die Klägerin hat sich hieran gehalten und damit sowohl ihre Geschäftsherrin (die Daimler-Benz AG) als auch die Käufer nach Maßgabe der aufgrund erteilter Abschlußvollmacht zustande gekommenen Verträge berechtigt und verpflichtet. Danach hat die Daimler-Benz AG an den jeweiligen Käufer einen Lastkraftwagen zu dem im Kaufvertrag festgelegten Kaufpreis geliefert und der Käufer zu diesem Kaufpreis bezogen. Die Daimler-Benz AG hat auf der Basis des vereinbarten Nettopreises diesen Umsatz zu versteuern; der jeweilige Käufer kann die dementsprechend in den Verkaufsrechnungen der Daimler-Benz AG ausgewiesene Umsatzsteuer als abziehbare Vorsteuerbeträge im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 behandeln, sofern auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug gegeben sind.
Die Beteiligten des Leistungsaustausches, nämlich die Daimler-Benz AG und der jeweilige Käufer, haben weder bei Abschluß des Kaufvertrages noch zu einem späteren Zeitpunkt eine Herabsetzung des Kaufpreises in dem Umfang des Betrages vereinbart, wie ihn die Klägerin in der von ihr dem Käufer erteilten "Gutschrift" ausgewiesen hat. Das von der Klägerin geübte Verfahren ging vielmehr von der allseits bekannten Sachlage aus, daß die von der Geschäftsherrin (der Daimler-Benz AG) festgelegten Verkaufspreise nicht unterschritten werden durften. Damit ist die Annahme eines vom Agenten eigenmächtig gewährten, aber die Geschäftsherrin gleichwohl verpflichtenden Preisnachlasses auszuschließen. Die Versteuerung des Umsatzes durch die liefernde Daimler-Benz AG und die Vornahme des Vorsteuerabzuges durch die Käufer hatten also nach Maßgabe des abgeschlossenen Kaufvertrages zu erfolgen. Änderungen hieran konnte und wollte die Klägerin nicht bewirken, so daß jedenfalls die Käufer nicht veranlaßt waren, im Umfang derjenigen Umsatzsteuer, die die Klägerin in ihren sog. Gutschriften gesondert ausgewiesen hatte, ihre Vorsteuerbeträge aus dem LKW-Verkauf zu kürzen.
Die LKW-Käufer haben auch keine steuerpflichtigen Leistungen an die Klägerin erbracht, da eine Leistung des jeweiligen Käufers an die Klägerin nicht erkennbar ist. Vielmehr hat die Klägerin dem jeweiligen Kunden einen Teil der ihr zustehenden Verkaufsprovision (die sich nach dem zwischen der Daimler-Benz AG und dem Kunden vertraglich vereinbarten und nicht veränderbaren Kaufpreis richtete und in dieser Höhe von der Klägerin auch der Versteuerung zugrunde zu legen ist) zugewendet, um den Kunden zum Abschluß eines Kaufvertrages zu bewegen. Wirtschaftlich betrachtet hat die Klägerin den LKW-Kauf der Daimler-Benz-Kunden zum Teil finanziert, und zwar deswegen, weil es offensichtlich im Ergebnis noch zu ihrem eigenen wirtschaftlichen Vorteil war. Die Kunden haben es verstanden, diese wirtschaftliche Interessenlage der Klägerin zu ihrem eigenen geschäftlichen Vorteil auszunutzen. Es ist bei dieser Sachlage nicht erkennbar, daß sie der Klägerin eine Leistung erbringen wollten, für die sie eine Gegenleistung erstrebten oder erwarteten (vgl. Urteil vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495); vielmehr hat die Klägerin selbst den Kunden einen wirtschaftlichen Vorteil in Form eines Geldbetrages zugewendet und damit auf ein für sie (im wirtschaftlichen Ergebnis) positives Verhalten der Bedachten abgezielt. Der Abschluß des Kaufvertrages ist zwar auch der Klägerin zugute gekommen, weil damit zu ihren Gunsten seitens der Daimler-Benz AG eine Provision zu zahlen war. Allerdings erschöpft sich darin die wirtschaftliche Auswirkung des Vertragsabschlusses für die Klägerin. Daraus ergibt sich jedenfalls, daß die Klägerin zur Ausstellung von Gutschriften im Sinne des § 5 der 1. UStDV nicht berechtigt war. Damit kommt der von ihr begehrte Abzug der in diesen Abrechnungen besonders ausgewiesenen Umsatzsteuer als Vorsteuer nicht in Betracht.
Fundstellen
BStBl II 1983, 393 |
BFHE 1983, 113 |