Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossener Repräsentationsaufwand eines Pferderennstalls
Hintergrund: Repräsentationsaufwand im Rahmen eines Liebhabereibetriebs
Streitig war, ob der Betreiber eines Pferderennstalls den Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen für den Rennstall beanspruchen kann, oder ob dem das Abzugsverbot des § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG entgegensteht.
X ist Manager einer von ihm beherrschten Unternehmensgruppe (KG). Er betrieb in den Streitjahren 2007 bis 2013 als Einzelunternehmer einen Pferderennstall.
Der Rennstall erzielte im Streitzeitraum (abgesehen von einem Jahr) Verluste. Er wurde vom FA einvernehmlich ertragsteuerlich als Liebhabereibetrieb beurteilt.
Das FA ließ die Vorsteuerbeträge aus den Eingangsleistungen für den Rennstall nicht zum Abzug zu. Der Stall werde von X im Rahmen seiner Freizeitgestaltung als private Leidenschaft und Hobby betrieben und diene überwiegend der persönlichen Repräsentation des X und in geringerem Umfang der KG.
Dem folgte das FG und wies die Klage ab.
Entscheidung: Der Repräsentationszweck führt zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs
X steht der Vorsteuerabzug für den Pferderennstall nach § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht zu. Die Würdigung des FG, das Halten von Rennpferden habe im Streitfall überwiegend der Repräsentation gedient, ist nicht zu beanstanden.
Inhaber des Pferderennstalls als Unternehmer
X hat jedenfalls insoweit, als er Einnahmen aus dem Verkauf von Rennpferden erzielte, eine nachhaltige bzw. wirtschaftliche Tätigkeit mit dem Pferdestall ausgeübt. Damit konnte er grundsätzlich nach § 15 Abs. 1 Satz 1 als Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. Im Übrigen nahm er auch an Rennen mit platzierungsabhängigen Preisgeldern teil, die (entgegen früherer Auffassung) nach dem EuGH-Urteil Bastova v. 10.11.2016, C – 432/15 (EU:C:2016:855) nunmehr zu nichtsteuerbaren Umsätzen führen.
Ausschluss des Vorsteuerabzugs
Der Vorsteuerabzug ist im Streitfall allerdings nach § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG ausgeschlossen. Der Aufwand des X wird seiner Art nach von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG (Jagd, Fischerei, Segeljachten, Motorjachten, ähnliche Zwecke) erfasst. Das FG hat "ähnliche Aufwendungen" i.S.v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG bejaht. Das Halten von Rennpferden habe überwiegend der persönlichen Repräsentation des X wie auch – wenn auch in geringerem Umfang – der von ihm beherrschten KG gedient. Das FG führt dazu folgende Gesichtspunkte an:
- Medienberichte über X unter Hervorhebung seines Engagements in seinem Rennstall
- Herausstellung des Pferderennsports als seine große Leidenschaft und Hobby zum Ausgleich seiner erfolgreichen Berufstätigkeit
- Bild eines auch privat erfolgreich agierenden Unternehmers
- Beschreibung des X über die Sportszene hinaus in wirtschaftlichen Medien als pferdebegeisterter Manager
- prestigeträchtiges Halten mehrere Rennpferde
- gesellschaftliche Hervorgehobene Stellung des X als Präsident eines Pferdevereins
- Hervorhebung des X als "Inhaber der KG" mit positiver Abfärbung auf die KG
Kein unionsrechtlicher Vertrauensschutz
Da X somit keinen Vorsteuerabzug beanspruchen kann, ist die Frage, ob er für die umsatzsteuerliche Einordnung der Teilnahme an Rennen (mit platzierungsabhängigen Preisgeldern) als wirtschaftliche Tätigkeit vor dem EuGH-Urteil Bastova unionsrechtlichen Vertrauensschutz beanspruchen oder sich auf § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO berufen kann, obsolet.
In Gutschriften zu Unrecht ausgewiesene Steuer
X schuldet die in Gutschriften ausgewiesene Steuer über (nicht steuerbare) Leistungen, für die platzierungsabhängige Preisgelder gezahlt wurden. In den Fällen des unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 UStG, in denen über eine tatsächlich erbrachte Leistung abgerechnet wird, muss sich der Empfänger der Gutschrift die vom Aussteller unrichtig ausgewiesene Steuer zurechnen lassen, wenn er der Abrechnung mittels Gutschrift zugestimmt und der ihm übermittelten Gutschrift mit zu hohem Steuerausweis nicht widersprochen hat.
Der Tatbestand des § 14c Abs. 1 UStG ist erfüllt. In den Gutschriften wurde jeweils über die Leistung eines Unternehmers (X) abgerechnet und ein höherer Steuerbetrag, als er für den (nichtsteuerbaren) Umsatz geschuldet wird, gesondert ausgewiesen. Auch wenn X mit der Teilnahme an Rennen, für die (nur) platzierungsabhängige Preisgelder gezahlt wurden, insoweit nach dem EuGH-Urteil Bastova nichtsteuerbare Umsätze ausgeführt hat, ist er im Übrigen wirtschaftlich tätig geworden.
Hinweis: Vertrauensregelung der Verwaltung
Von der Finanzverwaltung wird nicht beanstandet, wenn die Beteiligten bei der Zahlung platzierungsabhängiger Preisgelder für die Teilnahme an einem vor dem 01.07.2019 stattfindenden Wettbewerb (entgegen dem EuGH-Urteil Bastova) von einem steuerpflichtigen Entgelt ausgehen (BMF v. 27.5.2019, BStBl I 2019, S. 512, unter IV.). Für das vorliegende Verfahren ist dies ohne Bedeutung, da der BFH die EuGH-Rechtsprechung beachten muss (BFH v. 30.8.2017, XI R 37/14, BStBl II 2019, S. 336, Rz. 26, und v. 2.8.2018, V R 21/16, BStBl II 2019, S. 339, Rz. 24 s.a. UStAE Abschn. 1.1 Abs. 24). Über die Frage, ob dem Rechnungsempfänger aus Vertrauensschutzgründen der Vorsteuerabzug zusteht, war im vorliegenden Revisionsverfahren nicht zu entscheiden.
Bindung des BFH an die Würdigung des FG zum Repräsentationsaufwand
Das FG hat seine Überzeugung, der Rennstall habe überwiegend der persönlichen Repräsentation des X gedient, ausführlich begründet. Die Würdigung lässt keinen Rechtsfehler oder Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze erkennen und ist daher für den BFH bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Dass auch eine andere Würdigung möglich gewesen wäre, ist unerheblich. Der Schwerpunkt des Verfahrens liegt in solchen Fällen regelmäßig beim FG als Tatsacheninstanz. Hier liegt es an den Beteiligten, ihre Auffassung überzeugend darzulegen.
BFH Beschluss vom 15.12.2021 - XI R 19/18 (veröffentlicht am 27.05.2022)
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