Aufstockungsbetrag nach dem AltTZG

Wird das Entgelt für die Altersteilzeitarbeit aufgestockt, steht der Steuerfreiheit des Aufstockungsbetrags nach § 3 Nr. 28 EStG nicht entgegen, dass sich der Steuerpflichtige bei dessen Zufluss nicht mehr in Altersteilzeit befindet.

Hintergrund: Steuerfreiheit des Aufstockungsbetrags nach § 3 Nr. 28 EStG

Lohnzuschläge, die der Arbeitgeber als Aufstockungsbeträge i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AltTZG gewährt, sind nach § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei und unterliegen als Lohnersatzleistung nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g EStG dem Progressionsvorbehalt. Der BFH hatte im Urteilsfall darüber zu befinden, ob die Auszahlung des Aufstockungsbetrags nach dem AltTZG erst nach Eintritt des Steuerpflichtigen in den Ruhestand die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 28 EStG ausschließt.

Sachverhalt: Aufstockungsbetrag beinhaltete auch Auszahlung aus einem Bonusprogramm nach Renteneintritt

  • Der Kläger war im Rahmen einer Altersteilzeit tätig. E war in dieser Zeit zu 50 % beschäftigt und erhielt in dieser Höhe Arbeitsentgelt sowie einen Aufstockungsbetrag i. H. v.40 % des Brutto-Arbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit, welcher im Zeitraum der Altersteilzeit nach § 3 Nr. 28 EStG als steuerfrei behandelt wurde.
  • Daneben partizipierte er an einem Bonusprogramm, das auf einen Zeitraum bis nach Ende der Altersteilzeit angelegt war. Dabei handelte es sich um eine Zusage, deren Auszahlungsbetrag sich nach der Entwicklung des Aktienkurses des Arbeitgebers in einer vierjährigen Periode der Unternehmensentwicklung richtete. Erst zum Ende des Zeitraums konnte die Unternehmensentwicklung in dieser Zeit ermittelt und dann – nach Eintritt des Klägers in den Ruhestand – ausgezahlt werden. In der Zusage hieß es, dass ab dem Eintritt in die Altersteilzeit die Zielbeträge für alle Perioden, in denen ein Teilnehmer zu Beginn der Altersteilzeit aktiv teilnehme, anteilig basierend auf 50 % des bisherigen Vollzeit-Funktionseinkommens berechnet werden. Zusätzlich erfolge eine Aufstockung i. H. v. 40 % des anteiligen Zielbetrages während der Altersteilzeit.
  • Aus dem Programm erhielt der Kläger nach Eintritt in den Ruhestand eine Auszahlung, die er in seiner Einkommensteuererklärung als nur dem Progressionsvorbehalt unterliegende Lohnersatzleistung nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erklärte. Das Finanzamt (FA) behandelte die Zahlung allerdings als ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn i. S. des § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 4 EStG.
  • Den Einspruch wies das FA als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit des streitigen Aufstockungsbetrags lägen nicht vor. Denn der Kläger habe zum Zuflusszeitpunkt bereits Versorgungsbezüge erhalten und somit nicht mehr zum begünstigten Personenkreis des § 2 AltTZG gezählt.

Entscheidung: Aufstockungsbetrag ist nach § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei

Der BFH hat klargestellt, dass der streitige Altersteilzeit-Aufstockungsbetrag nach § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei ist und als Lohnersatzleistung nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g EStG dem Progressionsvorbehalt unterliegt.

  • Ein Aufstockungsbetrag i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AltTZG liegt vor, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer das Regelarbeitsentgelt für die Altersteilzeitarbeit um mindestens 20 % aufgestockt hat, wobei die Aufstockung auch weitere Entgeltbestandteile umfassen kann.
  • Maßgeblich für die Frage, ob ein steuerbegünstigter Aufstockungsbetrag vorliegt, sind damit zuvörderst die zwischen den Arbeitsvertragsparteien im Altersteilzeit-Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen. Denn in der Altersteilzeitvereinbarung ist auch zu regeln, in welchem Umfang (dem Grunde und der Höhe nach) der Arbeitgeber zur Aufstockung des Arbeitsentgelts verpflichtet ist. Ob es sich um feste oder variable oder (unter Umständen) auch erfolgsabhängige Gehaltsbestandteile handelt, ist unerheblich.
  • Ungeschriebene Voraussetzung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 28 EStG i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG ist zudem, dass der altersteilzeitnehmende Arbeitnehmer die persönlichen Voraussetzungen nach § 2 AltTZG erfüllt. § 3 Nr. 28 EStG und das AltTZG dienen dazu, Arbeitnehmern Anreize für eine vorzeitige Reduktion der Arbeitszeit zu liefern, damit Arbeitgeber erforderliche Umstrukturierungen im Personalbestand durchführen können. Dieser Zweck soll und kann indessen nur bei Personen erreicht werden, die die persönlichen Voraussetzungen des § 2 AltTZG erfüllen, d. h., noch nicht im Ruhestand sind.
  • Nach § 1 Abs. 3 Satz 2 AltTZG kommt es für die Anwendung des § 3 Nr. 28 EStG nicht darauf an, dass die Altersteilzeit nach § 4 AltTZG durch die Bundesagentur für Arbeit (BfA) gefördert wird. Die Aufstockungsbeträge sind daher auch dann steuerfrei, wenn der Förderanspruch des Arbeitgebers an die BfA nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 bis 4 AltTZG erlischt, nicht besteht, ruht oder z. B. wenn der freigewordene Voll‑ oder Teilarbeitsplatz nicht wieder besetzt wird. Entsprechendes gilt, soweit die Aufstockungsbeträge über die im AltTZG genannten Mindestbeträge hinausgehen, sofern sie nicht zusammen mit dem während der Altersteilzeit bezogenen Nettoarbeitslohn monatlich 100 % des maßgebenden Arbeitslohns und damit den Nettoarbeitslohn, den der Arbeitnehmer im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum ohne Altersteilzeit üblicherweise erhalten hätte, übersteigen.
  • Auch die Aufstockung weiterer Entgeltbestandteile, die nicht zum förderfähigen regelmäßigen Arbeitsentgelt i. S. v. § 6 Abs. 1 AltTZG zählen, ist daher unter den weiteren Voraussetzungen von § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei. Die in § 6 Abs. 1 AltTZG enthaltene Legaldefinition des Regelarbeitsentgelts für die Altersteilzeit begrenzt lediglich den Leistungsanspruch des Arbeitgebers gegenüber der BfA der Höhe nach. Denn die BfA erstattet den Aufstockungsbetrag, der neben dem Regelarbeitsentgelt für die Altersteilzeitarbeit auch weitere Entgeltbestandteile umfassen kann, nicht vollumfänglich, sondern lediglich i. H. v. 20 % des für die Altersteilzeitarbeit gezahlten Regelarbeitsentgelts und damit des auf einen Monat entfallenden vom Arbeitgeber regelmäßig zu zahlenden sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts, soweit es die Beitragsbemessungsgrenze des SGB III nicht überschreitet.
  • Auswirkungen auf die Steuerfreiheit der Aufstockungsbeiträge hat diese „Deckelung“ des Förderanspruchs auf 20 % des Regelarbeitsentgelts jedoch nicht. Denn nach § 3 Nr. 28 EStG sind Aufstockungsbeträge i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AltTZG uneingeschränkt und damit auch insoweit steuerbegünstigt, als der Arbeitgeber von der dort vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, neben dem Regelarbeitsentgelt für die Altersteilzeitarbeit auch weitere Entgeltbestandteile aufzustocken.
  • Die Steuerfreiheit kommt hingegen mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der Arbeitnehmer die Altersteilzeitarbeit beendet oder die für ihn geltende gesetzliche Altersgrenze für die Regelaltersrente erreicht hat, nicht mehr in Betracht.

Voraussetzungen für die Steuerfreiheit sind im Urteilfall erfüllt

Der streitige Betrag wurde an den Kläger für dessen Altersteilzeitarbeit als Aufstockungsbetrag für ein weiteres Entgeltbestandteil (hier: Bonuszahlung) gezahlt und ist nach § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei.

  • Die Voraussetzungen für eine Altersteilzeit lagen beim Kläger bis zum Eintritt in den Ruhestand/Bezug der Rente vor.
  • Der Kläger hat den streitigen Auszahlungsbetrag ausweislich der Altersteilzeitvereinbarung und der für diese geltenden betrieblichen Regelungen auch als Aufstockung des Entgelts für die Altersteilzeitarbeit erhalten.

Auszahlung nach Renteneintritt unbeachtlich

Der Umstand, dass der Kläger bei Auszahlung des streitigen Aufstockungsbetrags nicht mehr in Altersteilzeit, sondern bereits Versorgungsempfänger war, steht der Steuerfreiheit dieser Zahlung nicht entgegen. Anders als das FA meint, müssen die Voraussetzungen des § 3 Nr. 28 EStG nicht bei Zufluss vorliegen.

  • Der Zufluss bestimmt sich lediglich, zu welchem Zeitpunkt Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit bezogen sind (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Erst im Kalenderjahr des Bezugs unterliegen sie der Einkommensteuer. Ob (steuerpflichtiger) Arbeitslohn vorliegt, richtet sich hingegen nach den Verhältnissen des Zeitraums, für den das Entgelt gezahlt wird (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG).
  • Diese zeitraumbezogene Betrachtungsweise gilt für die Einkünftequalifikation. So sind z. B. Einkünfte, die in der Freistellungsphase im Rahmen der Altersteilzeit nach dem sogenannten Blockmodell erzielt werden, regelmäßig keine Versorgungsbezüge, sondern laufende Bezüge, mit denen die aktive Tätigkeit des Teilzeitbeschäftigten entlohnt wird, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr aktiv tätig ist. Entsprechendes gilt für die Frage, ob Arbeitslohn, zu dem der Aufstockungsbetrag unstreitig zählt, steuerfrei ist. Auch dies richtet sich nach dem Zeitraum, für den er geleistet wird und damit nach dem Zeitraum, für den der Arbeitgeber den „aufgestockten“ Arbeitslohn gezahlt hat.

Betragsmäßige Ermittlung erst nach Eintritt in Ruhestand unbeachtlich

Vorliegend hat der Kläger den streitbefangenen Zuschlag ausweislich der vertraglichen Gegebenheiten im Rahmen seines Altersteilzeitdienstverhältnisses für die Altersteilzeitarbeit erhalten. Dass die Höhe der Zusage und damit auch des Aufstockungsbetrags erst nach Eintritt in den Ruhestand betragsmäßig ermittelt und ausgezahlt werden konnte, ist deshalb unbeachtlich.

BFH, Urteil v. 24.10.2024, VI R 4/22; veröffentlicht am 5.12.2024

Alle am 5.12.2024 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen



Schlagworte zum Thema:  Steuerbefreiung, Einkommensteuer, Altersteilzeit