Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiladung ausgeschiedener Gesellschafter; Gewinnfeststellung und Insolvenz
Leitsatz (NV)
1. Auch vor Bekanntgabe des Feststellungsbescheids ausgeschiedene Gesellschafter sind im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns notwendig beizuladen.
2. Durch die Insolvenz einer Personengesellschaft wird das Verfahren der Gewinnfeststellung nicht unterbrochen.
Normenkette
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1, § 60 Abs. 3 S. 1, § 123 Abs. 1 S. 2, § 155; ZPO § 240
Tatbestand
I. Verfahrensstand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wendet sich mit der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Bremen vom 26. August 2004 1 K 99/04 (1), mit dem ihre Klage gegen die Gewinnfeststellungsbescheide für die Veranlagungszeiträume 1997 bis 1999 abgewiesen wurde.
Die Klägerin, an der Herr X bis zum Ablauf des Jahres 1997 atypisch still beteiligt war, handelt mit neuen und gebrauchten Kraftfahrzeugen. Sie bildete in ihren Bilanzen für die Streitjahre (1997 bis 1999) Rückstellungen für Rückkaufverpflichtungen, die sie im Rahmen des Verkaufs von Neuwagen an Leasinggesellschaften und an eine Autovermietung eingegangen war. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte diese Rückstellungen nach einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung nicht mehr an. Die von der Klägerin wegen der Rückkaufverpflichtungen in der Bilanz für 1996 gebildete Rückstellung löste das FA in den Streitjahren schrittweise auf. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die in Kopie beigefügte Veröffentlichung des FG-Urteils in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1588 verwiesen.
Entscheidungsgründe
II. Grund der Beiladung
Herr X ist zu dem Verfahren, soweit es die Gewinnfeststellung für 1997 betrifft, notwendig beizuladen.
Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat eine Beiladung dann zu erfolgen, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die gerichtliche Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Ausgeschiedene Gesellschafter sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns immer beizuladen, und zwar auch dann, wenn es um Fragen geht, für die an sich nur der zur Vertretung berufene Geschäftsführer nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Gesellschafter --wie hier-- schon vor Bekanntgabe des angefochtenen Feststellungsbescheids ausgeschieden ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18. Dezember 1990 VIII R 134/86, BFHE 163, 438, BStBl II 1991, 882; vom 8. Oktober 1991 VIII R 52/90, BFH/NV 1992, 323, und vom 23. Februar 1999 VIII R 42/97, BFH/NV 1999, 1113). Hiernach ist der mit Ablauf des Jahres 1997 als Mitunternehmer ausgeschiedene, atypisch still Beteiligte Herr X zum Verfahren wegen Gewinnfeststellung für 1997 notwendig beizuladen.
Das FG hat die Notwendigkeit der Beiladung übersehen. Der Senat holt sie gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO nach.
Das Revisionsverfahren ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin nicht gemäß § 155 FGO i.V.m. § 240 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen. Die Insolvenz einer Personenhandelsgesellschaft berührt das Verfahren der Gewinnfeststellung nicht, da seine steuerlichen Folgen nur die Gesellschafter persönlich und nicht den nach Insolvenzrecht abzuwickelnden Vermögensbereich der Personengesellschaft betreffen (vgl. BFH-Urteile vom 13. Juli 1967 IV 191/63, BFHE 90, 87, BStBl III 1967, 790; vom 21. Juni 1979 IV R 131/74, BFHE 128, 322, BStBl II 1979, 780; vom 24. Juli 1990 VIII R 194/84, BFHE 161, 509, BStBl II 1992, 508, und vom 23. August 1994 VII R 143/92, BFHE 175, 309, BStBl II 1995, 194; BFH-Beschluss vom 8. August 1986 VIII R 64/85, BFH/NV 1987, 182; Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 2. April 1998 IX ZR 187/97, Deutsches Steuerrecht 1998, 947; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vor § 179 AO Rz 9, m.w.N.).
Fundstellen