AfA-Berechtigung nach Erwerb eines Anteils an vermögensverwaltender Personengesellschaft
Verbindlichkeiten der Gesellschaft erhöhen anteilig die Anschaffungskosten des Erwerbers, soweit sie den mittelbar erworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens direkt zugeordnet werden können.
Hintergrund: Erwerb eines GbR-Anteils
Streitig war die Afa nach entgeltlichem Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden GbR.
An der vermögensverwaltenden X-GbR waren ursprünglich die Brüder A und B zu je 50 % beteiligt. In 2011 veräußerte A 16 % der Anteile an B und 34 % an C. An der GbR waren danach B mit 66 % und C mit 34 % beteiligt.
Streitig war vor allem die AfA auf die entgeltlich erworbenen Anteile. Nach Ansicht der GbR gehören zu den AK nicht nur die gezahlten Kaufpreise (mit Anschaffungsnebenkosten), sondern erhöhend auch die gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten aus Bankdarlehen (und verringernd die gemeinschaftlichen Bankguthaben). Das FA lehnte die Erhöhung der AK um einen Anteil an den Verbindlichkeiten der GbR ab.
Das FG wies die Klage ab. Allein die Haftung für die GbR-Verbindlichkeiten aufgrund des Einrückens in die Gesellschafterstellung stelle keine zu einer Erhöhung der AK führende Übernahme von Verbindlichkeiten dar. Eine Freistellung von Verbindlichkeiten zwischen Veräußerer und Erwerber liege nicht vor.
Entscheidung: Erhöhung der AK des Erwerbers
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Die Verbindlichkeiten der GbR erhöhen anteilig die AK des Erwerbers, soweit sie den mittelbar erworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einzeln zuzuordnen sind.
AK bei derivativem Anteilserwerb
Hat ein Gesellschafter seinen Anteil entgeltlich erworben, kann er AfA auf die anteilig ("mittelbar") miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens nur nach Maßgabe seiner AK und der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs beanspruchen. Auf die ursprünglichen AK/HK der Gesellschaft kommt es nicht an. Der entgeltliche Anteilserwerb überlagert den in der Gesellschaftsbilanz abgebildeten Vorgang und bildet eine Zäsur. Mit dem Erwerb beginnt für den Anteilserwerber eine neue AfA-Reihe, die sich nach der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs bemisst (BFH, Urteil v. 20.11.2014, IV R 1/11, BStBl 2017 II S. 34).
Korrektur des Ergebnisanteils
Abzustellen ist auf die anteilig miterworbenen Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens. Eine Bruchteilsbetrachtung ist schon deshalb erforderlich, weil der (erworbene) Gesellschaftsanteil kein Wirtschaftsgut ist (BFH, Urteil v. 6.5.2010, IV R 52/08, BStBl 2011 II S. 261).Der Anteilskäufer muss daher seinen Ergebnisanteil insoweit korrigieren, als die darin enthaltene AfA von der ihm zustehenden AfA abweicht. Das ist die AfA, die er geltend machen könnte, wenn er die Wirtschaftsgüter direkt erworben hätte. Die Fortführung der AfA des Rechtsvorgängers gilt nur bei unentgeltlichem Erwerb.
Erhöhung der AK um die Gesellschaftsschulden
Bei entgeltlichem Anteilserwerb erhöhen die dem Anteil entsprechenden Gesellschaftsschulden die AK des Erwerbers, soweit sie den (anteilig miterworbenen) abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens direkt zugeordnet werden können. Soweit es sich auf Gesellschaftsebene um AK der GbR für bestimmte abnutzbare Wirtschaftsgüter handelt, erhöht die noch bestehende Verbindlichkeit der GbR bei der Ermittlung der AfA-Berechtigung des eintretenden Gesellschafters auch dessen AK. Wirtschaftlich finanziert der eintretende Gesellschafter dann (wie auch der Gründungsgesellschafter) einen Teil der AK für die anteilig miterworbenen Wirtschaftsgüter "über die Gesellschaft". Im Streitfall stand fest, dass die von der GbR aufgenommenen Darlehen tatsächlich zum Erwerb der im Gesamthandsvermögen liegenden bebauten Grundstücke verwandt wurden. Die Darlehensverbindlichkeiten der GbR sind demnach den Grundstückserwerben zuzuordnen.
Zurechnung der Mehr-AK nach dem Verhältnis der stillen Reserven
Die Vermutung, dass der Erwerber einen über dem Kapitalanteil liegenden Kaufpreis nur akzeptieren wird, wenn stille Reserven vorhanden sind (BFH, Urteil v. 18.2.1993, IV R 40/92, BStBl 1994 II S. 224) rechtfertigt es, die Mehr-AK den stillen Reserven der anteilig miterworbenen Wirtschaftsgüter direkt zuzuordnen. Danach sind die AK den anteilig miterworbenen Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens in einem ersten Schritt nach dem Verhältnis der Buchwerte zuzuordnen. Übersteigen die AK des Erwerbers die anteilig erworbenen Buchwerte des Gesamthandsvermögens (Mehr-AK), sind sie (nur noch) auf diejenigen Wirtschaftsgüter zu verteilen, in denen stille Reserven ruhen. Maßstab ist insoweit das Verhältnis der stillen Reserven zueinander. Eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Buch- oder Verkehrswerte würde der Vermutung nicht gerecht, wonach die Mehranschaffungskosten auf die stillen Reserven geleistet werden. Die anteiligen AK des einzelnen miterworbenen Wirtschaftsguts ergeben sich danach aus dem anteiligen Buchwert zuzüglich der einzeln zuzuordnenden Mehr-AK.
Aufteilung auf Grund/Boden und Gebäude
Beim anteiligen Miterwerb von bebauten Grundstücken des Gesamthandsvermögens ist für die AfA eine erneute Aufteilung der anteiligen AK auf Grund/Boden und Gebäude erforderlich. Die ursprüngliche Aufteilung, die der AfA auf Gesellschaftsebene zugrunde liegt, kann vom Anteilserwerber nicht übernommen werden. Denn in die neue Aufteilung gehen die aktuellen Bodenrichtwerte ein. Damit wird sichergestellt, dass eventuell im Grund und Boden durch Wertsteigerung entstandene stille Reserven zutreffend erfasst werden.
Zurückverweisung an das FG
Das FG hat zwar die AK der B und C für die erworbenen Teilanteile festgestellt. Es hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, wie diese auf die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zu verteilen sind. Das hat das FG nachzuholen.
Hinweis: Ergänzungsrechnung
Für den neuen Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft sind dessen Mehr- oder Minderaufwendungen im Rahmen einer Ergänzungsrechnung zu berücksichtigen. Mit der Entscheidung zieht der BFH insoweit eine Parallele zur Ergänzungsbilanz bei einer gewerblichen Personengesellschaft.
Notwendige Beiladung
Beim Streit um den Umfang des auf der Gesellschaftsebene ermittelten und dem Gesellschafter zugerechneten Ergebnisanteils handelt es sich um eine Frage, die den Feststellungsbeteiligten persönlich angeht. Zugleich kann die Entscheidung nur einheitlich ergehen, da sie notwendiger Gegenstand der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ist (§ 60 Abs. 3 Satz 1 FGO). Die Gesellschafter B und C sind daher zum Verfahren notwendig beizuladen, was vom FG übersehen wurde. Ob der BFH eine unterbliebene notwendige Beiladung selbst nachholt, steht in seinem Ermessen (§ 123 Abs. 1 Satz 2, § 126 Abs. 3 Satz 2 FGO). Im Streitfall hat der BFH von einer Beiladung abgesehen, da die Sache jedenfalls zur weiteren Aufteilung der AK an das FG zurückverwiesen werden musste.
BFH Urteil vom 03.05.2022 - IX R 22/19 (veröffentlicht am 22.09.2022), Pressemitteilung v. 22.9.2022
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