Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der Anschaffungskosten einbringungsgeborener GmbH-Anteile
Leitsatz (NV)
Eine Darlehensforderung, die dem Einbringenden bei einer Einbringung zum Buchwert von der GmbH eingeräumt wird, um die Differenz zwischen dem Buchwert der eingebrachten Wirtschaftsgüter und dem geringeren Nominalbetrag des GmbH-Anteils auszugleichen, mindert die Anschaffungskosten des GmbH-Anteils.
Normenkette
UmwStG 1977 § 20 Abs. 4, § 21 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2-3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Antragsteller war persönlich haftender Gesellschafter der S-KG. Im November 1981 beschlossen die Gesellschafter der KG, deren Vermögen unter Zugrundelegung einer Umwandlungsbilanz auf den 31. Oktober 1981 ohne Liquidation gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf die neu errichtete S-GmbH zu übertragen. Gleichzeitig übertrug der Antragsteller in seinem Eigentum stehende und zu sei nem Sonderbetriebsvermögen gehörende Grundstücke auf die GmbH. Die GmbH führte die Buchwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter fort. Das Stammkapital der GmbH betrug 1 Mio DM. Der Antragsteller erhielt einen Gesellschaftsanteil in Höhe von 880 000 DM. Sein Kapitalkonto betrug nach der Umwandlungsbilanz 1 408 675,25 DM. In Höhe des Differenz betrags von 528 675,25 DM buchte die GmbH eine Darlehensschuld gegenüber dem Antragsteller ein.
Die Darlehensschuld wurde im Dezember 1981 getilgt. Am 21. Dezember 1981 veräußerte der Antragsteller seinen Anteil an der GmbH für 1 500 446 DM. Notariell beurkundet wurde jedoch nur ein Kaufpreis von 915 446 DM.
Dem Antragsgegner (Finanzamt -- FA --) verschwieg der Antragsteller zunächst den tatsächlich erzielten Kaufpreis. Er erklärte in seiner Einkommensteuererklärung für 1981 (Streitjahr) nur einen Veräußerungsgewinn gemäß § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 21 Abs. 1 des Umwandlungs-Steuergesetzes (UmwStG) 1977 von 35 446 DM (notariell beurkundeter Kaufpreis 915 446 DM abzüglich der mit 880 000 DM bezifferten Anschaffungskosten des GmbH-Anteils). Das FA erfaßte den Veräußerungsgewinn zunächst nur in der erklärten Höhe. Während einer Steuerfahndungsprüfung erstattete der Antragsteller 1986 eine Selbstanzeige und teilte dem FA mit, er habe zusätzlich zum notariell beurkundeten Kaufpreis noch insgesamt 585 000 DM erhalten. Gleichzeitig versicherte er, darüber hinausgehende Kaufpreiszahlungen seien nicht vereinbart und geleistet worden. Die Steuerfahnder und ihnen folgend das FA gingen dagegen davon aus, der Antragsteller habe insgesamt rd. 3,08 Mio DM für den GmbH-Anteil erhalten, da allein die stillen Reserven in den zum Sonderbetriebsvermögen des Antragstellers gehörenden Grundstücken rund 3,6 Mio DM betragen hätten. Daran hielt das FA im Einspruchs- udn Klageverfahren nicht mehr fest. In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) beanstandete es nur noch die Höhe der vom Antragsteller mit 880 000 DM angesetzten Anschaffungskosten des Gesellschaftsanteils. Es vertrat die Ansicht, diese hätten nur 351 324,75 DM betragen, da nach § 20 Abs. 4 Satz 2 UmwStG 1977 die Darlehensforderung im Wert von 528 675,25 DM von dem sich nach § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1977 ergebenden Wert -- nach Ansicht des FA 880 000 DM -- abzuziehen seien.
Das FG schloß sich dieser Auffassung an und ermittelte den Veräußerungsgewinn wie folgt:
Veräußerungspreis 1 500 446,00 DM
-- Veräußerungskosten 0,00 DM
-- Anschaffungskosten 880 000 DM
./. 528 675,25 DM
351 324,75 DM
Veräußerungsgewinn 1 149 121,30 DM
Es änderte dementsprechend den Einkommensteuerbescheid 1981 vom 1. Juni 1988 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 1989 und setzte die Einkommensteuer von ... DM auf ... DM herab (Urteil vom 18. Mai 1994). Der Antragsteller legte am 21. September 1994 wegen Nichtzulassung der Revision Beschwerde ein.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 1994 beantragte der Antragsteller beim FA, die Vollziehung des angefochtenen Bescheides weiterhin auszusetzen. Das FA lehnte dies durch Verwaltungsakt vom 24. Oktober 1994 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde war erfolglos.
Am 3. März 1995 hat der Antragsteller beim Bundesfinanzhof (BFH) unter Hinweis auf die anhängige Nichtzulassungsbeschwerde beantragt,
1. die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 1981 vom 1. Juni 1988 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 1989 und des Urteils des FG vom 18. Mai 1994 auszusetzen,
2. soweit Aussetzung der Vollziehung gewährt wird, die Verwirkung von Säumniszuschlägen bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag aufzuheben.
Das FA beantragt, den Antrag abzulehnen.
Entscheidungsgründe
Durch Beschluß vom heutigen Tag hat der Senat die Revision gegen das Urteil des FG zugelassen.
1. Dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung war zu entsprechen. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheides ist ernstlich zweifelhaft, soweit die festgesetzte Einkommensteuer ... DM übersteigt.
a) Gemäß § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheides (Verwaltungsaktes) auf Antrag aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen oder wenn -- was im Streitfall vom Antragsteller nicht mehr geltend gemacht wird -- dessen Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheides ist ernstlich zweifelhaft, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, daß aus gewichtigen Gründen Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Bescheid als rechtswidrig erweisen könnte (vgl. BFH- Urteil vom 17. Mai 1978 I R 50/77, BFHE 125, 423, 426, BStBl II 1978, 579; Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. 1993, § 69 Anm. 77 f., m. w. N.).
b) An der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheides 1981 vom 1. Juni 1988 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 1989 bestehen ernstliche Zweifel, da nach den vom FG festgestellten und unstreitigen Tatsachen der vom Antragsteller durch die Veräußerung seines GmbH-Anteils erzielte Veräußerungsgewinn gemäß § 16 EStG i. V. m. § 21 Abs. 1 UmwStG nicht wie vom FA der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt 1 701 578 DM und auch nicht wie vom FG ermittelt 1 149 121,25 DM beträgt.
Das FG hat festgestellt, daß die GmbH die Buchwerte der KG für das eingebrachte Betriebsvermögen fortführte und das Kapitalkonto des Antragstellers nach der Umwandlungsbilanz 1 408 675,25 DM betrug. Es hat außerdem festgestellt, daß dem Antragsteller von der GmbH eine Darlehensforderung von 528 675,25 DM zum Ausgleich des Differenzbetrags zwischen dem Kapitalkonto des Klägers (= Buchwerte der von ihm eingebrachten Wirtschaftsgüter nach der Umwandlungsbilanz) und dem Nominalbetrag seines GmbH-Anteils eingeräumt wurde. Daraus ergibt sich, daß die für die Berechnung des Veräußerungsgewinns maßgebenden Anschaffungskosten des GmbH-Anteils des Antragstellers gemäß § 20 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UmwStG 1977 wie folgt zu ermitteln sind:
Buchwert des vom Kläger
eingebrachten Betriebsvermögens
(= Ansatz bei der GmbH;§
20 Abs. 4 Satz 1
UmwStG 1977) 1 408 675,25 DM
-- gemeiner Wert der dem Kläger
eingeräumten Darlehensforderung
(§ 20 Abs. 4 Satz 2
UmwStG 1977) 528 675,25 DM
Anschaffungskosten gemäߧ
20 Abs. 4 Sätze 1 und
2 UmwStG 880 000,00 DM
Der Veräußerungsgewinn ist somit wie folgt zu berechnen:
Veräußerungspreis
(unstreitig) 1 500 446,00 DM
-- Veräußerungskosten (unstreitig) 0,00 DM
-- Anschaffungskosten 880 000,00 DM
Veräußerungsgewinn 620 446,00 DM
Beträgt der Veräußerungsgewinn nur 620 446 DM, dann ist die Einkommensteuer 1981 auf ... DM herabzusetzen.
2. Auch dem sinngemäß gestellten Antrag, die Vollziehung des Bescheides mit der Maßgabe aufzuheben, daß in der Vergangenheit entstandene Säumniszuschläge entfallen, soweit sie durch die nicht rechtzei tige Zahlung der ... DM übersteigenden Einkommensteuer entstanden sind, war zu entsprechen (s. Senatsbeschluß vom 10. Dezember 1986 I B 121/86, BFHE 149, 6, BStBl II 1987, 389). Die ernst lichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides waren bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides erkennbar.
Fundstellen
Haufe-Index 420753 |
BFH/NV 1995, 1106 |