Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung bei unentgeltlicher Überlassung von Mandantenverträgen
Leitsatz (NV)
Die unentgeltliche Befreiung des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers einer Steuerberatungs-GmbH vom Wettbewerbsverbot erstreckt sich nicht zwangsläufig auf die Überlassung der Mandantenverträge. In dem Verzicht auf das Entgelt für die Überlassung der Mandantenverträge ist deshalb regelmäßig eine verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen. Diese unterliegt beim Gesellschafter nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 EStG.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 34
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) war im Streitjahr 1994 alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH. Er war nach dem Gesellschaftsvertrag vom Wettbewerbsverbot befreit; eine Gegenleistung hatte er dafür nicht zu erbringen.
Die GmbH stellte zum 31. März 1994 ihre Tätigkeit ein und befindet sich seit dem in Liquidation. Der Antragsteller führt seit dem 1. April 1994 die Geschäfte der GmbH im eigenen Namen fort. Das bilanzierte Anlagevermögen der GmbH übernahm er gegen Entgelt, die Mandantenverträge übertrug ihm die GmbH mit Zustimmung der Mandanten unentgeltlich.
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) sah (u.a. und soweit im Rahmen dieses Verfahrens noch im Streit) in der unentgeltlichen Übertragung der Beratungsverträge eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) des Mandantenstamms und erhöhte die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen um 1 030 000 DM. Der Einspruch, mit dem der Antragsteller geltend macht, die Befreiung vom Wettbewerbsverbot habe es ihm möglich gemacht, die Mandanten ohne Zahlung eines Entgelts zu übernehmen, und der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Einkommensteuerbescheides blieben insoweit erfolglos.
Auch das Finanzgericht (FG) lehnte eine AdV des Einkommensteuerbescheides ab. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der ―vom FG zugelassenen― Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die unentgeltliche Befreiung des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers einer Steuerberatungs-GmbH vom Wettbewerbsverbot sich nicht zwangsläufig auf die Überlassung der Mandantenverträge erstreckt. In dem Verzicht auf das Entgelt für die Überlassung der Mandantenverträge ist deshalb regelmäßig eine vGA zu sehen. Davon ist nach Aktenlage auch im Streitfall auszugehen. Der erkennende Senat verweist insoweit auf den in der Körperschaftsteuersache der GmbH ergangenen Beschluss des I. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Juli 2003 I B 194/02 (BFH/NV 2003, 1349).
Der Mandantenstamm ist dem Antragsteller nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt auch im Streitjahr 1994 zugeflossen.
2. Die Übertragung des Mandantenstamms kann entgegen der Annahme des Antragstellers auch nicht seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Geschäftsführer der GmbH zugerechnet werden. Es fehlt insoweit an einer von vornherein getroffenen klaren und eindeutigen Vereinbarung. Der erkennende Senat verweist auch insoweit auf den Beschluss des I. Senats (dort unter 2.b, am Ende der Gründe).
3. Die Einkünfte unterliegen nicht nach § 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1994 dem ermäßigten Steuersatz.
Die Tatbestände des § 34 Abs. 2 sind ersichtlich nicht erfüllt. Die vGA stellt keine Entschädigung i.S. von § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG dar. Zwar kann eine Entschädigung zur Ablösung eines Wettbewerbsverbots ggf. unter diese Vorschrift fallen (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 12. Juni 1996 XI R 43/94, BFHE 180, 433, BStBl II 1996, 516); hier hat die GmbH aber kein Entgelt für das Wettbewerbsverbot gezahlt, vielmehr ist dieses durch die unentgeltliche Übernahme des Mandantenstamms gegenstandslos geworden. Ein Veräußerungsgewinn i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 17 Abs. 4 EStG liegt schon deshalb nicht vor, weil vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht als Teil des Veräußerungsgewinns angesetzt werden dürfen (§ 17 Abs. 4 Satz 2 EStG).
Bei dem übernommenen Mandantenstamm handelt es sich auch nicht um zusammengeballte Einkünfte i.S. von § 34 Abs. 3 EStG. Die Vorschrift setzt den Anspruch auf eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeit voraus; ein solcher Anspruch ―aus der Tätigkeit des Antragstellers als Geschäftsführer der GmbH― ist hier, wie ausgeführt, nicht nachgewiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 1140038 |
BFH/NV 2004, 958 |