Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlende Schlüssigkeit der Rüge eines Gehörsverstoßes
Leitsatz (NV)
Der Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs fehlt es an der erforderlichen Schlüssigkeit, wenn der dazu vorgetragene Sachverhalt zum sonstigen Beschwerdevorbringen in Widerspruch steht.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 S. 3, § 96 Abs. 2
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ―im Folgenden FGO n.F.― die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht dargelegt.
Die Rüge eines Verfahrensmangels setzt die genaue Bezeichnung der Tatsachen voraus, aus denen sich nach Ansicht des Klägers der behauptete Verfahrensverstoß ergibt (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 19. Januar 2000 II B 41/99, BFH/NV 2000, 1102). Zudem muss das Vorbringen in sich schlüssig sein (Senatsbeschluss vom 22. Juni 1999 X B 25/99, BFH/NV 1999, 1612).
1. Dem Beschwerdevorbringen, das Finanzgericht (FG) habe den Beschluss des Landgerichts (LG) vom 1. März 1996 verwertet, ohne den Kläger darauf hinzuweisen und ihm die Möglichkeit einzuräumen, die dortige Sichtweise richtig zu stellen, fehlt es an der erforderlichen Schlüssigkeit, weil es zu dem sonstigen Beschwerdevorbringen des Klägers in Widerspruch steht. Denn der Kläger selbst trägt in der Beschwerdebegründungsschrift vor, er habe bereits in dem vom FG durchgeführten Erörterungstermin am 12. Juli 2000 den Eindruck gewonnen, dass die Rechtsmeinung des FG im Wesentlichen auf dem Beschluss des LG basiere. Daraufhin habe er um eine Schriftsatzfrist gebeten. In diesem nachgelassenen Schriftsatz vom 2. August 2000, der im Urteil des FG in Bezug genommen und vom Kläger der Beschwerdebegründung beigefügt worden ist, hat der Kläger unter Auseinandersetzung mit dem LG-Beschluss nochmals die aus seiner Sicht für die Annahme von Kommissionsgeschäften sprechenden Argumente vorgebracht. Bei diesem Verfahrensgang ist nicht ersichtlich, worauf der Kläger seine Behauptung stützt, das FG habe ihm keine Gelegenheit gegeben, die Sichtweise des LG richtig zu stellen.
Ferner ist das Vorbringen des Klägers nicht nachvollziehbar, die Annahme, er habe die Teppiche als Eigenhändler aus privaten Mitteln bar bezahlen können, sei "absurd". Von einer solchen Annahme ist das FG nicht ausgegangen. Im Gegenteil hat es die Tatsache, dass finanzielle Mittel des Klägers nicht feststellbar waren, als ein entscheidendes Merkmal für die Bildung seiner ―dem Kläger günstigen― Überzeugung verwendet, wonach dieser zu einem erheblichen Teil auch als Kommissionär tätig war.
Das FG hat entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht zu einem "Widerspruch" im LG-Beschluss hinsichtlich der Beschreibung der Provisionsabrede Stellung nehmen müssen. Denn ein solcher Widerspruch ist nicht vorhanden: Das LG ―dessen Würdigung sich das FG insoweit zu Eigen gemacht hat― hat in der vom Kläger beanstandeten Passage vielmehr ausgeführt, dass es konkrete Anhaltspunkte sowohl für Eigengeschäfte als auch für Kommissionsgeschäfte sehe. Anschließend hat es verschiedene Formen der Provisionsabreden bei Kommissionsgeschäften beschrieben. Ein Widerspruch liegt darin nicht.
Auch das Vorbringen, das FG sei nicht ausdrücklich auf die Argumentation des Klägers eingegangen, die unterbliebene Geltendmachung der Speditionskosten als Betriebsausgaben deute auf eine Tätigkeit als Kommissionär hin, stellt keine schlüssige Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar. Denn ―wie bereits dargestellt― ist das FG ausdrücklich aufgrund der Gesamtumstände des Verfahrens ―zu denen auch die Würdigung der Behandlung der Speditionskosten gehört― zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger zu einem erheblichen Teil auch als Kommissionär tätig war.
Im Übrigen ist das FG nicht verpflichtet, sich in der Begründung seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu befassen. Es ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen hat (BFH-Beschluss vom 18. Juni 2001 II B 129/00, BFH/NV 2001, 1292). Daher liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das FG Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (BFH-Beschlüsse vom 26. April 1995 I B 166/94, BFHE 177, 451, BStBl II 1995, 532; vom 22. Dezember 1997 X B 23/96, BFH/NV 1998, 726, und vom 1. Dezember 1999 XI B 88, 89/98, BFH/NV 2000, 730). Das ist hier nicht der Fall.
2. Hinsichtlich der gerügten Verletzung von Denkgesetzen ist die Beschwerde schon deshalb unzulässig, weil es sich bei einer solchen Verletzung um einen materiell-rechtlichen Fehler handeln würde, der nicht mit einer auf Verfahrensmängel gestützten Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden kann (Senatsbeschluss in BFH/NV 1999, 1612). Materiell-rechtliche Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO n.F. hat der Kläger aber nicht vorgetragen.
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO n.F. abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 872334 |
BFH/NV 2003, 335 |