Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB zur Frage von gemeinnützigkeitsschädlichen Aufwandsentschädigungen
Leitsatz (NV)
Es bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass in beiden Fällen des § 67a Abs. 3 AO 1977 der konkrete Aufwand jedes einzelnen Sportlers und dessen Vergütungen (ggf. im Zusammenwirken mit einem Dritten) maßgeblich sind.
Normenkette
AO 1977 § 67a Abs. 3, § 162; FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) ist ein Motorsportclub, der in der Rechtsform des eingetragenen Vereins gemeinnützige Zwecke verfolgt. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finazamt ―FA―) folgte zunächst den Umsatzsteuererklärungen des Klägers für 1993 bis 1995 (Streitjahre).
Nach einer Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, die vom Kläger veranstalteten Hauptrennen seien kein steuerbegünstigter Zweckbetrieb (§ 67a der Abgabenordnung ―AO 1977―), weil ausländische Sportler für die Teilnahme an diesen Rennen Zahlungen erhalten hätten, ohne ―wie im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 67a Abs. 3 Nr. 2 AO 1977 gefordert― die konkreten Ausgaben zu belegen. Es erließ dementsprechend nach § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderte Bescheide für die Streitjahre.
Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg.
Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, die Veranstaltung der Hauptrennen sei ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb (§ 67a AO 1977). An den Hauptrennen hätten keine Sportler teilgenommen, die über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen erhalten hätten (§ 67a Abs. 3 Nr. 2 AO 1977). Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass die Entschädigungen teilweise erfolgsabhängig gezahlt würden, wenn nur gewährleistet sei, dass die Entschädigung den Aufwand nicht übersteige. Das FA habe nicht bestritten, dass den Teilnehmern an den Rennen Kosten für den Transport, insbesondere der Fahrzeuge und für Übernachtungen sowie ein Verpflegungsmehraufwand entstanden sei. Seien Aufwendungen dem Grunde nach glaubhaft gemacht, könne deren Höhe unter Berücksichtigung der im Steuerrecht anwendbaren Pauschalen geschätzt werden. In einer Vergleichsrechnung habe der Kläger die von der Rechtsprechung als vertretbare Schätzungen angesehenen Pauschalen für Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwand angesetzt und zudem glaubhaft dargelegt, dass auch Kosten für Nenngelder, Treibstoff, Reifen und Verschleißteile angefallen seien. Das FG habe deshalb keinen Fahrer feststellen können, der eine Entschädigung erhalten habe, die über dessen Aufwand hinausgegangen sei. Die meisten Fahrer hätten eine "mehr symbolische" Entschädigung erhalten, selbst wenn sie das Preisgeld für einen ersten Platz erhalten hätten; einige ausländische Teams hätten dagegen größere Summen erhalten, denen aber auch nachvollziehbare, noch höhere Kosten für die Rennen gegenübergestanden seien.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt das FA die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob für § 67a Abs. 3 Nr. 2 AO 1977 eine "pauschale Aufwandszusammenstellung" genüge oder ob ―wie im AEAO zu § 67a Abs. 3 AO 1977 gefordert― die Aufwendungen im Einzelnen nachzuweisen seien.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Prüfungsmaßstab ist die Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I, 1757), weil die angefochtene Entscheidung des FG nach dem 31. Dezember 2000 zugestellt worden ist (Art. 4 2.FGOÄndG).
1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung liegen nicht vor.
Die Zulassung der Revision kommt nur wegen einer Rechtsfrage in Betracht, die im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Diese vom Bundesfinanzhof (BFH) entwickelten Grundsätze gelten auch nach der FGO-Novelle fort, soweit sie nicht systematisch der Neufassung des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzuordnen sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. Oktober 2002 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217; vom 14. August 2001 XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51, und vom 26. Juli 2001 X B 26/01, BFH/NV 2002, 180 zu 1.). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut oder dem Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder wenn sie durch den BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Entscheidung erforderlich machen (Rechtsprechungsnachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 28).
Nach § 67a Abs. 3 AO 1977 setzt die Beurteilung sportlicher Veranstaltungen eines Sportvereins als Zweckbetrieb u.a. voraus, dass
1. kein Sportler des Vereins teilnimmt, der für seine sportliche Betätigung oder für die Benutzung seiner Person, seines Namens, seines Bildes oder seiner sportlichen Betätigung zu Werbezwecken von dem Verein oder einem Dritten über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen oder andere Vorteile erhält und
2. kein anderer Sportler teilnimmt, der für die Teilnahme an der Veranstaltung von dem Verein oder einem Dritten im Zusammenwirken mit dem Verein über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen oder andere Vorteile erhält.
In beiden Fällen ist hiernach ―mangels gesetzlicher Regelung für eine Aufwandspauschale― der konkrete Aufwand jedes einzelnen "Sportlers" und weiter maßgeblich, welche Vergütungen oder Vorteile der einzelne Sportler vom Verein ggf. im Zusammenwirken mit einem Dritten, wie zum Beispiel dem "Bewerber", oder "Inhaber der Bewerberlizenz" erhalten hat. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob ―wenn der Aufwand dem Grunde nach feststeht― dieser nur durch Belege nachgewiesen werden kann oder unter Berücksichtigung der im Steuerrecht anwendbaren Pauschsätze geschätzt werden darf. Auch diese Frage hat keine grundsätzliche Bedeutung, denn insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze für die Fälle, in denen gesetzlich kein Belegnachweisgefordert ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12. September 2001 VI R 72/97, BStBl II 2001, 775; vom 17. Juli 1980 IV R 140/77, BFHE 131, 336, BStBl II 1981, 14, und vom 15. November 1991 VI R 81/88, BFHE 166, 452, BStBl II 1992, 367). Welche Schätzungsmethode dem Ziel gerecht wird, die Besteuerungsgrundlagen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen, ist grundsätzlich eine Frage der Tatsachenfeststellung durch das FG, das eine eigene Schätzungsbefugnis hat (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 AO 1977). Das Revisionsgericht ist daran gebunden, sofern diese Feststellungen nicht auf einem Rechtsirrtum oder Verfahrensmangel beruhen (§ 118 Abs. 2 FGO). Das FA hat insoweit keine Rügen erhoben.
2. Auch die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegen nicht vor.
Eine Zulassung kommt hiernach in Betracht, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtschöpferisch auszufüllen oder wenn über den Einzelfall hinaus ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung des Revisionsgerichts besteht, weil z.B. die Auslegung revisiblen Rechts durch die Vorinstanz fehlerhaft ist und der unterlaufene Fehler von erheblichem Gewicht und geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu schädigen (z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2002, 51, und vom 9. Oktober 2001 XI B 43/01, BFH/NV 2002, 191); dafür genügt allerdings nicht schon die Behauptung, das Urteil sei fehlerhaft (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 191). Im Streitfall rechtfertigte deshalb auch die unzureichende Prüfung der Höhe der Sportlervergütungen durch das FG nicht die Revisionszulassung.
Fundstellen
Haufe-Index 762269 |
BFH/NV 2002, 1012 |