Sportliche Veranstaltungen als Zweckbetrieb
Hintergrund: Verkauf von Eintrittskarten für Fußballspiele
Streitig war, ob die Umsätze eines als gemeinnützig anerkannten Fußballvereins (V) aus dem Verkauf von Eintrittskarten dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen.
Bei einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass die zum ermäßigten Steuersatz angemeldeten Umsätze aus dem Verkauf von Eintrittskarten für sportliche Veranstaltungen die für die Anerkennung als Zweckbetrieb geltende Umsatzgrenze des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO von 35.000 EUR (jetzt 45.000 EUR) überschritten. Der ermäßigte Steuersatz komme daher nicht in Betracht.
V erklärte darauf nach § 67a Abs. 2 AO den Verzicht auf die Anwendung der Zweckbetriebsgrenze und machte geltend, es liege gleichwohl ein Zweckbetrieb i.S.v. § 67a Abs. 3 AO vor, da an den sportlichen Veranstaltungen keine Sportler teilgenommen hätten, die über Aufwandsentschädigungen hinausgehende Zahlungen erhalten hätten.
Das FG wies die gegen die Ablehnung des FA gerichtete Klage ab. Bei der von der Finanzverwaltung in Nr. 32 zu § 67a AO festgelegten 400 EUR-Grenze (jetzt 450 EUR-Grenze) handele es sich um eine sachgerechte Vereinfachungsregelung zur Abgrenzung pauschal geleisteter Aufwandsentschädigungen. Darüber hinausgehender Aufwand müsse für die Einordnung als Aufwandsentschädigung im Einzelnen nachgewiesen werden.
Entscheidung: Ein Zweckbetrieb i.S.v. § 67a Abs. 3 AO setzt den Nachweis des tatsächlichen Aufwands des Sportlers voraus
Der BFH wies die Revision des V zurück. V hat nicht den Nachweis erbracht, dass seine Zahlungen den bei den Spielern entstandenen Aufwand nicht überstiegen haben.
Zweckbetrieb i.S.v. § 67a Abs. 3 Satz 1 AO
Im Streitfall ist § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 67a Abs. 1 Satz 1 AO nicht anwendbar, da V auf die Anwendung von § 67a Abs. 1 Satz 1 AO (Zweckbetriebsgrenze) verzichtet hat. Daher kann ein Zweckbetrieb nur nach § 67a Abs. 3 AO vorliegen. Dessen Voraussetzungen sind aber nicht erfüllt. Denn im Anwendungsbereich des § 67a Abs. 3 AO ist für jede einzelne sportliche Veranstaltung gesondert zu entscheiden, ob die dort bezeichneten Voraussetzungen (Entschädigung eines tatsächlichen Aufwandes) vorliegen. Ist auch nur ein einziger Sportler als sog. bezahlter Sportler anzusehen, bei dem die Voraussetzungen von § 67a Abs. 3 Satz 1 AO nicht vorliegen, sind alle sportlichen Veranstaltungen, an denen dieser Sportler teilnimmt, ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb).
Zweckbetriebsschädliche Vergütung
Dem Begriff der Aufwandsentschädigung ist immanent, dass sie nur einen tatsächlichen Aufwand entschädigen soll. Dementsprechend darf die Aufwandsentschädigung nicht über den tatsächlichen Aufwand hinausgehen. Jedenfalls dann, wenn nicht nachvollziehbar ist, inwieweit tatsächlich Aufwand bei den einzelnen Sportlern angefallen ist, kann eine "pauschale Abrechnung von Aufwendungsersatz" nicht genügen. Denn § 67a Abs. 3 Satz 1 AO enthält keine gesetzliche Pauschalierungsregelung, wie sie der Gesetzgeber in anderen Fällen angeordnet hat (z.B. § 12 Abs. 2 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages). Im Streitfall ist mangels ausreichender Aufzeichnungen nicht nachvollziehbar, inwieweit tatsächlich Aufwand bei den einzelnen Sportlern angefallen ist. Es ist daher nicht überprüfbar, ob bei allen Sportlern die ihnen jeweils geleistete Zahlung nicht über eine Aufwandsentschädigung hinausging. Dies schließt die Annahme eines Zweckbetriebs nach § 67a Abs. 3 Satz 1 AO aus.
Vereinfachungsregelung
Nach Nr. 32 zu § 67a AO sind Zahlungen an einen Sportler des Vereins bis zu insgesamt 450 EUR (im Streitzeitraum 400 EUR) für die Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft ohne Einzelnachweis als Aufwandsentschädigung anzusehen. Auf diese Verwaltungsanweisung kommt es im Streitfall nicht an. Zwar können als finanzamtliche Schätzungen zu behandelnde Verwaltungsanweisungen (ungeachtet ihres fehlenden Rechtsnormcharakters) wegen des Gebots der Gleichbehandlung zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen und einen Anspruch des Steuerpflichtigen auf ihre Anwendung begründen (BFH v. 23.4.2015, V R 32/14, BFH/NV 2015, S. 1106). Jedoch ist im Streitfall die 400 EUR-Grenze (unstreitig) überschritten.
Kein Zweckbetrieb i.S.v. § 65 AO
V unterhielt mit den streitigen Sportveranstaltungen auch keinen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO, so dass auch insoweit keine Anwendung von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG in Betracht kommt. Denn der Zweck des V ist es, den Sport zu betreiben und den Sport in seiner Gesamtheit zu fördern. Es ist nicht erkennbar, dass dieser Vereinszweck nur durch den entgeltlichen Verkauf von Eintrittskarten für die Sportveranstaltungen erreicht werden kann (§ 65 Nr. 2 AO).
Hinweis: Feststellungslast des Vereins
V berief sich im Verfahren darauf, dass Aufzeichnungen zur Teilnahme der Spieler am Trainings- und Spielbetrieb nicht mehr vorhanden seien. Das geht auch dann zu Lasten des V, wenn er – wie hier – erst nachträglich auf die Anwendung des § 67a Abs. 1 AO (35.000 EUR – jetzt 45.000 EUR-Regel) verzichtet hat. Plausibilitätsüberlegungen genügen der Nachweispflicht (z.B. durch Aufstellungen der Spieler) nicht.
Entscheidung durch Beschluss
Die Entscheidung erging nicht (wie üblich) durch Urteil, sondern durch Beschluss nach § 126a FGO ohne mündliche Verhandlung. Von dieser Möglichkeit kann der BFH Gebrauch machen, wenn er einstimmig die Revision für unbegründet (nicht unzulässig) und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Fall erschien dem BFH offenbar in jeder Hinsicht so weit ausdiskutiert, dass von einer mündlichen Verhandlung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten waren.
BFH Beschluss vom 03.08.2022 - XI R 11/19 (veröffentlicht am 22.12.2022)
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