Leitsatz
Ist mangels ausreichender Aufzeichnungen nicht nachvollziehbar, inwieweit tatsächlich Aufwand bei den einzelnen Sportlern angefallen ist, und ist deshalb nicht überprüfbar, ob bei allen Sportlern die ihnen jeweils geleistete Zahlung nicht über eine Aufwandsentschädigung hinausgeht, schließt dies die Annahme eines Zweckbetriebs nach § 67a Abs. 3 Satz 1 AO aus.
Normenkette
§ 67a Abs. 3 Satz 1 AO, § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG
Sachverhalt
Der Kläger, ein e.V., verkauft u.a. Eintrittskarten für seine Oberliga-Fußballmannschaft. In seinen USt--Erklärungen wendete er auf die Umsätze den ermäßigten USt-Satz des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG an. An seine Spieler zahlt er "Aufwandsentschädigungen".
Bei einer Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass die zum ermäßigten Steuersatz angemeldeten Umsätze die für die Streitjahre (2010 und 2011) geltende Umsatzgrenze des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO (35.000 EUR) überschritten hatten. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes komme daher für die Streitjahre nicht in Betracht. Den Einspruch, mit dem der Kläger gemäß § 67a Abs. 2 AO auf die Anwendung des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO verzichtete, wies das FA als unbegründet zurück.
Die Klage blieb erfolglos (Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.4.2019, 11 K 134/17, Haufe-Index 13145997, EFG 2019, 1058). Bei der von der Finanzverwaltung angeordneten 400-EUR-Grenze für pauschale Aufwandsentschädigungen handele es sich um eine sachgerechte Vereinfachungsregelung. Bei höheren Aufwandsentschädigungen müsse der Aufwand konkret nachgewiesen werden.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des Vereins als unbegründet zurück. Das FG sei im Streitfall zu Recht davon ausgegangen, dass der Verein nicht nachgewiesen habe, dass die Zahlungen tatsächlich entstandenen Aufwand entschädigt hätten. Eine gesetzliche Pauschalierungsregelung fehle.
Hinweis
"Aufwandsentschädigungen" sind einerseits ein wesentliches Mittel gemeinnütziger Organisationen, um Personen zu ehrenamtlichem Engagement zu motivieren, indem sie deren finanziellen Aufwand ausgleichen. Andererseits werden sie teilweise als verkappte Vergütung oder Arbeitslohn gezahlt. Die Grenzen sind oftmals fließend.
Im Vereinssport sind nach § 67a Abs. 3 Satz 1 AO sportliche Veranstaltungen unter weiteren Voraussetzungen ein Zweckbetrieb, wenn kein Sportler des Vereins teilnimmt, der für seine sportliche Betätigung oder für die Benutzung seiner Person, seines Namens, seines Bildes oder seiner sportlichen Betätigung zu Werbezwecken vom Verein oder einem Dritten über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen oder andere Vorteile erhält.
Der Aufwandsentschädigung in diesem Sinne ist es immanent, dass sie nur einen tatsächlichen Aufwand entschädigen soll. Wie ist dies nachzuweisen? Muss der Aufwand in jedem Fall einzeln nachgewiesen werden?
Der BFH beantwortet diese Frage im Streitfall nicht abschließend. Er zieht sich darauf zurück, dass eine "pauschale Abrechnung von Aufwendungsersatz" nicht genügt, wenn nicht nachvollziehbar ist, inwieweit tatsächlich Aufwand bei den einzelnen Sportlern angefallen ist. Eine pauschale Aufwendungsentschädigung von z.T. mehr als 1.000 EUR bietet keine ausreichende Gewähr für einen zutreffenden Ausgleich tatsächlich entstandenen Aufwands. Die Feststellungslast für das Vorliegen einer Aufwandsentschädigung trägt der Verein. Ob der Verein Einzelnachweise für zumutbar hält, ist unerheblich. Plausibilitätsüberlegungen des Vereins reichen als Nachweis nicht aus.
Einen kleinen Trost bietet der BFH dennoch: Er führt aus, dass Verwaltungsanweisungen (hier AEAO Nr. 32 zu § 67aAO: 450 EUR pro Monat) – ungeachtet ihres fehlenden Rechtsnormcharakters – aufgrund des Gebots der Gleichbehandlung zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen und grundsätzlich einen Anspruch des Steuerpflichtigen auf ihre Anwendung begründen.
Verein sollte Nachweis für Aufwandsentschädigung anfordern
Vereinen kann daher nur geraten werden, für Aufwandsentschädigungen, die höher sind als die von der Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen akzeptierten Beträge, vom Sportler Nachweise zu verlangen.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 3.8.2022 – XI R 11/19