Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug aus Rechnungen über die Herstellung eines Bioheizkraftwerks
Leitsatz (NV)
Die Lieferung von Wärme für Wohnungen kann als Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung beurteilt werden. Unter besonderen Umständen kann die Wärmelieferung als selbständige Leistung des Wohnungsvermieters beurteilt werden.
Normenkette
UStG 1993 § 15 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), eine juristische Person des öffentlichen Rechts, vermietete im Streitjahr 1993 sanierte Wohnungen steuerfrei an Wohnungsmieter. Mit der Hausverwaltung B, die die Mieten einzog und die Wohnungen verwaltete, schloß sie im Mai 1994 einen Vertrag über Wärmelieferungen für diese Wohnungen und rechnete darüber mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ab.
Die Wärme erzeugte die Klägerin mit einem mobilen Kraftwerkscontainer. Sie begann im Streitjahr, ein Bioheizkraftwerk zu errichten, das die erwähnten Wohnungen und auch gewerbliche Mieter mit Wärme (aus der Verbrennung von Holz) versorgen sollte. Dieser Plan ist in den folgenden Jahren auch verwirklicht worden.
Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung versagte der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) in der Umsatzsteuerfestsetzung für 1993 den Abzug der geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über den Erwerb des Kraftwerkscontainers und aus der Herstellung des Bioheizkraftwerks. Das FA war der Auffassung, die Wärmelieferungen seien Nebenleistungen zur steuerfreien Wohnungsvermietung. Deswegen stehe dem Vorsteuerabzug eine abzugsschädliche Verwendung des Kraftwerkscontainers entgegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes --UStG-- 1993).
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) legte dar, die Klägerin führe steuerpflichtige Lieferungen durch Überlassung von Wärme als Unternehmer im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art aus. Ihr stehe im Streitjahr der Vorsteuerabzug aus den dafür bezogenen Leistungen, insbesondere für die Anschaffung des Kraftwerkscontainers und für die Herstellung des Bioheizkraftwerks, zu.
Das FG begründete, daß die Klägerin die Wärme nicht im Rahmen eines Hoheitsbetriebes und nicht im Rahmen einer bloßen Vermögensverwaltung, sondern im Rahmen eines Versorgungsbetriebes erzeuge. Die Wärmelieferungen seien neben den Umsätzen durch Wohnungsvermietung selbständig, denn sie seien zumindest ab 1994 an die Wohnungsverwaltungsgesellschaft und nicht an die Mieter und --später-- außerdem auch an Gewerbetreibende ausgeführt worden.
Mit der Beschwerde begehrt das FA die Zulassung der Revision wegen Abweichung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Dezember 1971 V R 84/71 (BFHE 104, 150, BStBl II 1972, 203). Darin habe der BFH den Rechtssatz aufgestellt, daß zu den steuerfreien Leistungen der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken auch die damit zusammenhängenden üblichen Nebenleistungen gerechnet würden. Eine Nebenleistung liege danach vor, wenn der dienende Umsatz im Verhältnis zum auslösenden Geschäft nebensächlich sei, mit ihm in engem Zusammenhang stehe und in seinem Gefolge üblicherweise vorkomme.
Diese Voraussetzungen für eine Nebenleistung seien im Streitfall erfüllt, u.a. weil der Umsatz aus der Heizanlage im Streitjahr höchstens 20 000 DM betragen habe. Zutreffend habe das FG die Wärmelieferungen für Wohnungen allgemein als Nebenleistung zur Wohnungsvermietung beurteilt. Es habe jedoch den mobilen Container im Streitjahr unzutreffend nicht mit einer Sammelheizung verglichen und aus Umständen außerhalb des Streitjahrs auf einen Ausnahmefall geschlossen.
Das FA beantragt, die Revision zuzulassen.
Die Klägerin ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen Abweichung der Vorentscheidung von dem Urteil des BFH in BFHE 104, 150, BStBl II 1972, 203 zuzulassen. Insoweit genügt die Beschwerde nicht den Anforderungen, die nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO zur Darlegung der Abweichung erfüllt werden müssen.
Das FA bezeichnet keine entscheidungserheblichen Rechtssätze aus dem finanzgerichtlichen Urteil und abstrakte Rechtssätze aus der Entscheidung des BFH so genau, daß eine Abweichung erkennbar wird, weil die gegenübergestellten Rechtsgrundsätze unvereinbar sind (BFH-Beschlüsse vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987; vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Das FA behauptet eine Abweichung nur.
Das FG ist nicht i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO von der bezeichneten Entscheidung des BFH in BFHE 104, 150, BStBl II 1972, 203 abgewichen, weil es die Grundsätze der Entscheidung ausdrücklich erwähnt und als Grundlage für seine weiteren rechtlichen Schlußfolgerungen anerkannt hat. Es hat in Übereinstimmung mit dieser Entscheidung die Lieferungen von Wärme für Wohnungen regelmäßig als Nebenleistung zur Wohnungsvermietung beurteilt. Das FG hat jedoch die Überzeugung erlangt, daß im Streitfall "ausnahmsweise" Umstände vorliegen, die nicht mehr mit den Voraussetzungen für eine Nebenleistung vereinbar seien.
Damit ist das FG weder ausdrücklich noch sinngemäß von der erwähnten Entscheidung des BFH abgewichen.
2. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 302723 |
BFH/NV 1999, 1652 |