Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Verlust des Rügerechts bei unterlassener Aktenbeiziehung; zur Vermietungsabsicht und deren Nachweis
Leitsatz (NV)
1. Hinsichtlich der möglichen Verletzung der Sachaufklärungspflicht (durch unterlassene Aktenbeiziehung) als verzichtbarem Verfahrensmangel verliert der rechtskundig vor dem FG vertretene Beteiligte sein Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache und damit durch bloßes Unerlassen einer rechtzeitigen Rüge.
2. Nach der BFH-Rechtsprechung sind (auch vergebliche) Aufwendungen für ein Wohnhaus selbst bei einem Leerstand des Gebäudes abziehbar, solange der Stpfl. den Entschluss zu einer beabsichtigten, auf Dauer angelegten Vermietung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Immobilie nicht endgültig aufgegeben hat.
3. Eine solche endgültige Aufgabe ist nicht anzunehmen, solange sich der Stpfl. ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Stpfl. die Feststellungslast.
4. Die (später) antragsgemäß für den Zeitraum der Eigennutzung gewährte Eigenheimzulage schließt eine für den Zeitraum vor Eigennutzung festgestellte Vermietungsabsicht nicht aus.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1; FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 118 Abs. 2; ZPO § 295
Verfahrensgang
FG des Landes Brandenburg (Urteil vom 15.02.2006; Aktenzeichen 1 K 2609/04) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Der vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--) gerügte Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist nicht gegeben. Zwar kann das Finanzgericht (FG) durch eine unterlassene Aktenbeiziehung seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt haben (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Mai 2001 III B 50/00, BFH/NV 2001, 1439; vom 6. Mai 1998 II B 109/97, BFH/NV 1998, 1498). Hinsichtlich dieses (verzichtbaren) Verfahrensmangels (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 101, m.w.N.) hat das FA --vor dem FG rechtskundig vertreten-- sein Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache (s. Sitzungsprotokoll) und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. August 2004 IV B 224/02, BFH/NV 2005, 44, unter 3., und vom 7. April 2005 IX B 194/03, BFH/NV 2005, 1354, m.w.N.). Auch wird nicht ausgeführt, warum das FA nicht bereits in der mündlichen Verhandlung angesichts seines ausdrücklichen Hinweises auf Antrag und Gewährung der Eigenheimzulage (s. Sitzungsprotokoll) die bislang unterlassene Aktenbeiziehung gerügt hat.
2. Die vom FA aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Denn nach der BFH-Rechtsprechung sind Aufwendungen für ein Wohnhaus selbst bei einem Leerstand des Gebäudes abziehbar, solange der Steuerpflichtige den Entschluss zu einer beabsichtigten, auf Dauer angelegten Vermietung (Einkünfteerzielung) im Zusammenhang mit dem Leerstand der Immobilie nicht endgültig aufgegeben hat. Eine solche endgültige Aufgabe ist nicht anzunehmen, solange sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht (vgl. BFH-Urteile vom 9. Juli 2003 IX R 102/00, BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940, und IX R 30/00, BFH/NV 2004, 1382; vom 14. Oktober 2003 IX R 11/03, BFH/NV 2004, 1384; vom 14. Juli 2004 IX R 56/01, BFH/NV 2005, 37; vom 5. April 2005 IX R 48/04, BFH/NV 2005, 1299). Dies gilt gleichermaßen für vergebliche Werbungskosten, auch wenn es nicht zur Einnahmeerzielung kommt; daher sind Vermietungsverluste nicht schon deshalb zu versagen, weil keine Mieterträge erzielt wurden. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzungen einer fortbestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast.
Von solchen hinreichend nachhaltigen und nicht nur zum Schein entfalteten Vermietungsbemühungen ist das FG anhand seiner tatsächlichen Feststellungen, die für den BFH bindend sind (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), ausgegangen. Damit wirft der Abzug von Vermietungsverlusten bis zur Eigennutzung des Objekts nach erfolglosen Vermietungsbemühungen entgegen der Ansicht des FA keine ungeklärten Rechtsprobleme auf.
Daher stellen sich die aufgeworfenen Rechtsfragen im Streitfall nicht; insbesondere schließt die (später) antragsgemäß für den Zeitraum der Eigennutzung gewährte Eigenheimzulage eine für den Zeitraum vorEigennutzung festgestellte Vermietungsabsicht nicht aus.
Fundstellen
Haufe-Index 1621618 |
BFH/NV 2007, 50 |