Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Strohmanngeschäften
Leitsatz (NV)
1. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Strohmanngeschäften ist geklärt.
2. Selbst wenn dem FG bei der Beweiswürdigung sowie bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts Fehler unterlaufen sein sollten, rechtfertigt das nicht die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; UStG § 1
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25.05.2004; Aktenzeichen 2 K 2065/03) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine im Baugewerbe tätige GmbH. Sie machte in ihren Steuererklärungen für das Streitjahr (2000) Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der F-GmbH und der V-GmbH geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die betreffenden Beträge im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung und eine Steuerfahndungsprüfung nicht. Das FA ging davon aus, dass die F-GmbH und die V-GmbH nicht selbst die in den Rechnungen ausgewiesenen Bauleistungen ausgeführt, sondern ihre Namen Dritten zwecks Abrechnung zur Verfügung gestellt hätten. Für die F-GmbH habe dies deren Hauptverantwortlicher, F, im Verlauf der Fahndungsprüfung eingeräumt.
Die Klage gegen die demgemäß erlassenen Bescheide wies das Finanzgericht (FG) ab, ohne die Revision gegen sein Urteil zuzulassen. Aufgrund der Beweisaufnahme kam das FG zu dem Ergebnis, dass es unklar geblieben sei, mit wem die Klägerin zivilrechtliche Vereinbarungen eingegangen sei. Aus diesem Grund könnten die Beteiligten des umsatzsteuerlichen Leistungsaustauschs nicht festgestellt werden.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, weil die Rechtsprechung zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von echten oder vermeintlichen Strohmanngeschäften uneinheitlich sei. Außerdem weiche das Urteil des FG von dem Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31. Januar 2002 V B 108/01 (BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622) ab.
Darüber hinaus rügt die Klägerin Verfahrensfehler. Das FG habe den Sachverhalt nur mangelhaft aufgeklärt; der Antrag auf Vernehmung der Zeugen F und V hätte nicht zurückgewiesen werden dürfen. Auch rechtfertigten die getroffenen Feststellungen nicht die Annahme, sie, die Klägerin, habe Kenntnis davon gehabt, dass die F-GmbH und die V-GmbH tatsächlich keine Verpflichtungen hätten eingehen wollen.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Die Klägerin hat keine grundsätzliche Bedeutung der Sache, insbesondere nicht deren Entscheidungserheblichkeit und Bedeutung für die Allgemeinheit dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BFH-Beschlüsse vom 10. Dezember 1997 II B 12/97, BFHE 184, 118, BStBl II 1998, 56; vom 2. April 1997 V B 26/96, BFHE 182, 430, BStBl II 1997, 443; vom 7. August 2002 I B 151/01, BFH/NV 2003, 60; vom 14. Dezember 2001 VII B 44/01, BFH/NV 2002, 655, 656). Die Bedeutung der Sache darf sich dabei nicht in der Entscheidung des konkreten Einzelfalls erschöpfen, sondern muss eine Vielzahl gleichartiger Fälle betreffen (BFH-Beschluss vom 17. Mai 2002 V B 158/01, BFH/NV 2002, 1350). Die Frage, ob die F-GmbH und die V-GmbH rechtsgeschäftliche Verpflichtungen haben eingehen wollen und ob die Klägerin von einer diesbezüglich mangelnden Bereitschaft Kenntnis gehabt hat, ist eine nur diesen konkreten Einzelfall betreffende Frage.
Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des BFH. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Strohmanngeschäften ist geklärt (BFH-Urteile in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622; vom 30. September 1999 V R 8/99, BFH/NV 2000, 353; BFH-Beschlüsse vom 9. November 1999 V B 16/99, BFH/NV 2000, 611; vom 21. September 1999 V B 44/99, BFH/NV 2000, 352; vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Von diesen Grundsätzen ist das FG ausgegangen. Die von der Klägerin behauptete Abweichung vom BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622 liegt nicht vor.
Selbst wenn --wie die Klägerin vorträgt-- dem FG bei der Beweiswürdigung sowie bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts Fehler unterlaufen sein sollten, rechtfertigt das nicht die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO (BFH-Beschlüsse in BFHE 182, 430, BStBl II 1997, 443; vom 27. März 2003 V B 184/01, BFH/NV 2003, 1071).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt die Klägerin, dass das FG ihrem Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung nicht entsprochen, in der mündlichen Verhandlung ohne vorherige Ankündigung die Benennung der Zahlungsempfänger verlangt und ihrem --der Klägerin-- Antrag auf Vernehmung der für die F-GmbH und die V-GmbH verantwortlichen Personen nicht entsprochen habe. Das reicht jedoch schon deshalb nicht aus, weil auf alle genannten Rügen verzichtet werden kann (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 101, m.w.N.). Die Klägerin hätte deshalb vortragen müssen, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem FG die Ablehnung ihres Beweisantrags (hierzu BFH-Beschluss vom 17. März 2000 VII B 271/99, BFH/NV 2000, 1126) und des Antrags auf Terminverlegung (dazu BFH-Beschluss vom 15. Februar 1995 VII B 156/94, BFH/NV 1995, 903) gerügt oder im Hinblick auf das Benennungsverlangen des FG eine Vertagung beantragt hat oder weshalb ihr all dies nicht möglich war. Da ein Vortrag hierzu fehlt, lässt die Beschwerdeschrift die Möglichkeit offen, dass die Klägerin auf die nunmehr erhobenen Verfahrensrügen wirksam verzichtet hat. Dass das FG in dem angefochtenen Urteil die Ablehnung des Vertagungsantrags und das Absehen von einer weiteren Beweiserhebung selbst begründet hat, ändert daran nichts (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juni 1988 VII R 135/85, BFHE 153, 393, BStBl II 1988, 841, 842; BFH-Beschluss vom 14. August 2000 VII B 87/00, BFH/NV 2001, 147).
Fundstellen
Haufe-Index 1463875 |
BFH/NV 2006, 377 |