Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Glaubhaftmachung der Gründe für einen Antrag auf Terminsverlegung bei Erkrankung eines nahen Angehörigen
Leitsatz (NV)
1. Stellt ein Prozessbeteiligter einen Antrag auf Terminsverlegung erst in letzter Minute am Tag der mündlichen Verhandlung, ist entweder die Vorlage eines ärztlichen Attestes erforderlich, oder zumindest eine so genaue Schilderung der Erkrankung samt Glaubhaftmachung, dass das Gericht selbst beurteilen kann, ob die Erkrankung so schwer ist, dass ein persönliches Erscheinen zum Termin nicht erwartet werden kann.
2. Bei der Beurteilung des Antrages kann das Gericht auch Umstände berücksichtigen, die auf eine Prozessverschleppungsabsicht schließen lassen.
3. Ein Grund für die Verlegung des anberaumten Verhandlungstermins kann auch in einer schweren Erkrankung eines nahen Familienangehörigen liegen. In diesem Fall hat der Beteiligte Gründe anzugeben, warum eine Betreuung des Angehörigen durch eine andere Person nicht gewährleistet werden kann.
4. Zur Darlegung eines Verfahrensmangels ist es nicht ausreichend, wenn in der Beschwerdeschrift lediglich der Inhalt der Klageschrift mit sämtlichen Beweisanträgen wörtlich wiederholt wird.
5. Die Frage, in welchem Umfang tatsächliche und rechtliche Feststellungen in einem Strafurteil oder Strafbefehl vom FG bei der Überprüfung eines auf § 71 AO 1977 gestützten Haftungsbescheides übernommen werden können, ist durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt. Dies trifft auch auf ein Geständnis zu, das der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde gelegt worden ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 155; AO 1977 §§ 71, 370 Abs. 1; ZPO § 227 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 02.02.2005; Aktenzeichen 1 K 2118/01) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war Geschäftsführer einer in Konkurs geratenen GmbH. Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger in mehreren Fällen Umsatzsteuer-Voranmeldungen beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) eingereicht hatte, denen nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Kriminalpolizei gefälschte Eingangsrechnungen zugrunde lagen. Aufgrund dieses Tatkomplexes wurde der Kläger durch das Landgericht (LG) wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Da die von der GmbH geschuldeten Umsatzsteuerrückstände nicht beigetrieben werden konnten, nahm das FA den Kläger gemäß § 69 und § 71 i.V.m. § 34 und § 35 der Abgabenordnung (AO 1977) als Haftungsschuldner in Anspruch. Der gegen den Haftungsbescheid eingelegte Einspruch führte lediglich zu einer Herabsetzung der Haftungssumme.
Die daraufhin erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Nach mehrmaliger Terminsverlegung beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Tag vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung per Fax den Termin erneut zu verlegen, da ihre Tochter an einer schweren Grippe erkrankt sei und daher der Pflege durch die Mutter bedürfe. Am Tag der mündlichen Verhandlung ging ein weiterer Schriftsatz mit einer Bescheinigung einer Kinderklinik ein, aus der zu entnehmen war, dass das Kind der Prozessbevollmächtigten aufgrund einer akuten Erkrankung häusliche Pflege benötige. In einem weiteren anwaltlichen Schriftsatz vom selben Tage wurde darauf hingewiesen, dass das erkrankte Kind eine besonders starke Beziehung zur Mutter habe und im Falle einer Erkrankung mit hohem Fieber, Beeinträchtigung der Augen und Bauchinfekt die Übertragung der Betreuung auf Dritte wegen der psychischen Belastung nicht möglich sei.
Das Finanzgericht (FG) wies den Antrag auf Terminsverlegung mit der Begründung ab, dass die Art und Schwere der Erkrankung sowie die Notwendigkeit der Betreuung durch die Mutter nicht glaubhaft gemacht seien. Darüber habe das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die akute Erkrankung der Tochter nur ein Vorwand sei und der Verschleppung des Prozesses diene, zumal der Termin bereits zweimal verlegt worden und der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) erst wenige Tage zuvor abgelehnt worden sei.
In der Sache urteilte das FG, dass die auf § 71 AO 1977 gestützte haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Klägers zu Recht erfolgt sei. Indem er in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH bei Umsatzsteuer-Voranmeldungen die Vorsteuern aus insgesamt fünf Rechnungen geltend gemacht habe, obwohl diesen Rechnungen weder Leistungsausführungen noch Zahlungen zugrunde gelegen hätten, habe der Kläger den subjektiven und objektiven Tatbestand der §§ 71 und 370 Abs. 1 AO 1977 erfüllt. Dies ergebe sich insbesondere aus den im Steuerfahndungsbericht niedergelegten Feststellungen, dem Geständnis des Klägers und den Feststellungen im Strafurteil des LG, die sich das FG in Ermangelung von substantiierten Einwänden und Beweisanträgen zu Eigen mache. Nicht nachvollziehbar erscheine die Behauptung des Klägers, er habe im Rahmen einer sog. Verständigung im Strafverfahren die nicht unerhebliche Freiheitsstrafe trotz des Umstandes, dass er die ihm zur Last gelegten Taten nicht begangen habe, akzeptiert, um möglichst schnell aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden. Dass das FA aufgrund der Umsatzsteuer-Sonderprüfungen in Unkenntnis des erst von der Steuerfahndung aufgedeckten Sachverhalts die Vorsteuerbeträge ausbezahlt habe, könne den Kläger nicht entlasten. Das beantragte "grapholytische Gutachten" habe nicht eingeholt werden müssen, da Vorsteuern aus der zu begutachtenden Rechnung nicht geltend gemacht worden seien. Den weiteren Anträgen auf Beiziehung der Umsatzsteuer-Sonderprüfungsakten verschiedener Firmen stünde § 30 AO 1977 entgegen. Die weiteren Beweisanträge des Klägers seien nicht entscheidungserheblich oder nicht substantiiert.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt und diese auch fristgerecht begründet. Danach hat der Kläger dem Senat mitgeteilt, dass er seiner früheren Prozessbevollmächtigten das Mandat entzogen habe. Inzwischen hat sich ein neuer Prozessbevollmächtigter durch Vorlage einer entsprechenden Vollmacht legitimiert. Zur Begründung seines Rechtsmittels gibt der Kläger zunächst wörtlich den wesentlichen Inhalt der Klageschrift mit sämtlichen Beweisanträgen wieder. Im Kern dieses Vorbringens wird geltend gemacht, dass die den Umsatzsteuer-Voranmeldungen zugrunde liegenden Lieferungen tatsächlich erfolgt und die Dienstleistungen tatsächlich erbracht worden seien. Kurzfristig anberaumte Umsatzsteuer-Sonderprüfungen und Überprüfungen der Rechnungen durch entsprechende Kontrollmitteilungen hätten keine Beanstandungen ergeben. Insgesamt gesehen würden die unrichtigen Annahmen des FA ausschließlich auf Verdächtigungen beruhen, die von verschiedenen Personen nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen und nach der Niederlegung seines Amtes als Geschäftsführer geäußert worden seien.
Hinsichtlich der Ablehnung der beantragten Terminsverlegung rügt der Kläger die Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 119 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 120 Abs. 3 FGO). Die Erkrankung der Tochter der Prozessbevollmächtigten sei nicht vorhersehbar, eine persönliche Betreuung des Kindes durch die Mutter erforderlich gewesen. Eine hinreichende Glaubhaftmachung des Verhinderungsgrundes sei durch die vorgelegte ärztliche Bescheinigung erfolgt. Zudem habe das FG keinerlei Hinweise erteilt, dass es weitere ärztliche Atteste für erforderlich gehalten habe. Die Prozessbevollmächtigte hätte daher davon ausgehen können, dass das vorgelegte Attest ausreichen würde. Durch die Nichtverlegung des Termins sei es nicht möglich gewesen, das Unterlassen der beantragten Beweiserhebung vor dem FG zu rügen. Verfahrensfehlerhaft habe sich das FG mit sämtlichen benannten Zeugen und Beweisanträgen nicht auseinander gesetzt und ohne nähere Prüfungen angenommen, dass es sich bei den vorgelegten Rechnungen um Scheinrechnungen gehandelt habe. Zudem habe sich das FG, ohne das Geständnis des Klägers einer kritischen Überprüfung zu unterziehen und ohne den Beweisanträgen nachzugehen, mit denen die strafgerichtlichen Feststellungen widerlegt werden sollten, die Feststellungen des Strafurteils des LG zu Eigen gemacht. Damit habe das FG seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt und die ihm obliegende Sachaufklärungspflicht verletzt (§ 76 Abs. 1 FGO). Ausdrücklich beantragt der Kläger die zuständigen Sachbearbeiter der von ihm benannten Firmen sowie den zuständigen Umsatzsteuer-Sonderprüfer und die zuständige Sachbearbeiterin des FA zu vernehmen.
Das erstinstanzliche Urteil stelle sich darüber hinaus als Überraschungsentscheidung dar, da das FG keinerlei rechtliche und tatsächliche Hinweise erteilt habe, aus denen der Kläger hätte entnehmen können, dass die bisher angebotenen Beweise nicht ausreichend gewesen seien. Schließlich komme der Frage eine grundsätzliche Bedeutung zu, inwieweit das FG ein in einer strafrechtlichen Verständigung abgegebenes Geständnis pauschal und ohne weitere Prüfung übernehmen dürfe.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die gerügten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zum Teil nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert, jedenfalls aber nicht vorliegen. Auch die grundsätzliche Bedeutung der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage ist nicht in der erforderlichen Weise dargelegt.
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers nach Einlegung und Begründung der Beschwerde das Mandat niedergelegt hat (Senatsurteil vom 24. Oktober 1978 VII R 17/77, BFHE 126, 506, BStBl II 1979, 265). Vielmehr bleiben die Prozesshandlungen wirksam. Das Vorbringen der Prozessbevollmächtigten ist weiterhin der Entscheidung über das Rechtsbegehren zugrunde zu legen. Zwar hat der Kläger mit Schriftsatz vom 7. November 2005 mitgeteilt, dass er seiner früheren Prozessbevollmächtigten das Mandat entzogen habe, jedoch hat er nicht zum Ausdruck gebracht, dass er den Inhalt der bereits eingereichten Schriftsätze zu korrigieren oder zu ergänzen oder die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzunehmen wünsche.
2. Die vom Kläger gerügte Gehörsverletzung durch Ablehnung der beantragten Aufhebung und Verlegung des Termins liegt nicht vor. Zwar ist das FG nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich verpflichtet, einen anberaumten Verhandlungstermin zu verlegen, wenn hierfür ein erheblicher Grund i.S. des § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO vorliegt, der auch in einer unerwarteten schweren Erkrankung eines nahen Familienangehörigen liegen kann (Stöcker in Beermann/Gosch, FGO, § 91 Rz. 103, m.w.N.). Jedoch bildet nicht jegliche Erkrankung einen ausreichenden Grund für eine Terminsverlegung. Eine solche ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann (BFH-Beschluss vom 17. April 2002 IX B 151/00, BFH/NV 2002, 1047, m.w.N.). Ob im Einzelfall eine Terminsverlegung gerechtfertigt ist, hat das FG anhand sämtlicher ihm bekannter Umstände zu beurteilen. Auch wenn der Kläger gemäß § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 2 ZPO erhebliche Gründe erst auf Verlangen glaubhaft zu machen hat, muss er gleichwohl die Gründe so genau angeben, dass sich das Gericht aufgrund seiner Schilderung ein Urteil über deren Erheblichkeit bilden kann. Formelhafte, nicht im Einzelnen nachprüfbare Begründungen rechtfertigen eine Terminsverlegung nicht (BFH-Beschluss vom 31. August 1995 VII B 160/94, BFH/NV 1996, 228). Sofern ein Antrag auf Terminsverlegung am Tag der mündlichen Verhandlung "in letzter Minute" gestellt wird, ist entweder die Vorlage eines ärztlichen Attestes erforderlich, oder zumindest eine so genaue Schilderung der Erkrankung samt Glaubhaftmachung, dass das Gericht in der Lage ist, selbst zu beurteilen, ob die Erkrankung so schwer ist, dass ein Erscheinen zum Termin nicht erwartet werden kann (BFH-Beschlüsse vom 26. August 1999 X B 58/99, BFH/NV 2000, 441, und vom 9. Dezember 1998 IV B 90/97, BFH/NV 1999, 799).
Bei seiner Beurteilung kann das FG auch das Verhalten des Prozessbevollmächtigten während des Verfahrens und die Erfüllung bzw. Nichterfüllung von Mitwirkungspflichten im Veranlagungs- und Rechtsbehelfsverfahren oder andere Umstände berücksichtigen, die auf das Bestehen einer Prozessverschleppungsabsicht schließen lassen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 18. März 2003 I B 122/02, BFH/NV 2003, 1584; in BFH/NV 2002, 1047). Die Änderung eines Termins kann abgelehnt werden, wenn das FG nach der Gesamtwürdigung der Umstände zu der Auffassung gelangt, dass die Absicht einer Prozessverschleppung offensichtlich ist oder dass der Kläger seine prozessuale Mitwirkungspflicht in anderer Weise erheblich verletzt hat (vgl. BFH-Entscheidungen vom 29. Juni 1992 V B 9/91, BFH/NV 1993, 180; vom 4. Mai 1994 XI R 104/92, BFH/NV 1995, 46; vom 23. November 2001 V B 224/00, BFH/NV 2002, 520; vom 7. Februar 1995 VIII R 48/92, BFH/NV 1996, 43, sowie Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 91 FGO Tz. 14).
Im Streitfall begegnet die Zurückweisung des Antrages auf Terminsverlegung deshalb keinen rechtlichen Bedenken, weil die Prozessbevollmächtigte den an eine Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen nicht gerecht geworden ist. Der Antrag auf Terminsverlegung ist erst am Spätnachmittag des vor der Verhandlung liegenden Tages beim Gericht eingegangen. Ein Attest wurde dem Gericht erst am Tag der mündlichen Verhandlung übermittelt. Darin wird lediglich angegeben, dass die Tochter der Prozessbevollmächtigten aufgrund einer akuten Erkrankung häusliche Pflege benötigt. Weder die Art der Erkrankung noch deren Schwere sind angegeben. Als Rechtsanwältin hätte die Prozessvertreterin die einschlägige Rechtsprechung kennen und für eine rechtzeitige und ausreichende Glaubhaftmachung der Vertagungsgründe Sorge tragen müssen. Zwar hat ein von der Rechtsanwaltskammer bestellter Vertreter ca. zwei Stunden vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich auf eine Erkrankung mit hohem Fieber und einen Bauchinfekt sowie darauf hingewiesen, dass wegen der psychischen Belastung eine Übertragung der Betreuung auf Dritte nicht möglich sei, doch kann dieses anwaltliche Vorbringen ein ärztliches Attest nicht ersetzen. Zu Recht hat das FG ausgeführt, dass damit weder die Schwere der Erkrankung noch der Umstand glaubhaft gemacht worden ist, dass die Betreuung des Kindes durch eine andere Person als die Mutter nicht gewährleistet werden konnte. Die bloße Behauptung, das Kind habe eine besonders starke Beziehung zur Mutter ist hierfür nicht als ausreichend zu erachten. Da der Schriftsatz erst eine Stunde vor dem Termin beim FG eingegangen ist, bestand für das Gericht auch keine Möglichkeit, sich noch rechtzeitig vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung ein ausführliches ärztliches Attest vorlegen zu lassen.
Im Übrigen hat das FG die Ablehnung der Terminsverlegung auch darauf gestützt, dass es die Überzeugung einer Prozessverschleppungsabsicht der Prozessbevollmächtigten gewonnen habe. Diese Annahme hat das FG ausführlich begründet. Gegen die hierzu angestellten Erwägungen hat der Kläger keine substantiierten Einwendungen erhoben, die einen Verfahrensmangel der Gehörsverletzung belegen würden.
3. Entgegen der Auffassung des Klägers stellt sich die Entscheidung des FG nicht als gehörsverletzende Überraschungsentscheidung dar. Denn zu einer umfassenden Erörterung, die auf Vorwegnahme der Beweiswürdigung hinauslaufen würde, ist das Gericht nicht verpflichtet. Zudem obliegt den Beteiligten im Rahmen von § 96 Abs. 2 FGO eine besondere Prozessverantwortung. Im eigenen Interesse haben sie alles Erforderliche zu tun, um ihr Recht auf Gehör zu verwirklichen. Auf fehlende rechtliche Hinweise und das Übergehen von Beweisanträgen kann sich daher nicht berufen, wer es verabsäumt hat, seinen prozessualen Obliegenheiten nachzukommen, z.B. den Grund für einen Verlegungsantrag durch Vorlage eines aussagefähigen ärztlichen Attestes glaubhaft zu machen (Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 97 Rz 33, und BFH-Entscheidung vom 2. November 2000 X B 39/00, BFH/NV 2001, 610).
4. Zur Darlegung des Verfahrensmangels der Verletzung rechtlichen Gehörs und der unzureichenden Sachaufklärung ist es nicht ausreichend, wenn --wie im Streitfall-- in der Beschwerdeschrift der Inhalt der Klageschrift mit sämtlichen Beweisanträgen Wort für Wort wiederholt wird. Vielmehr ist die Nichtzulassungsbeschwerde eigenständig zu begründen (BFH-Entscheidung vom 26. Januar 1995 III B 52/93, BFH/NV 1995, 709). Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind im Einzelnen darzulegen. Die Wiedergabe der Klageschrift mit der Behauptung, das FG habe sämtliche Beweisanträge übergangen und seine Sachaufklärungspflicht verletzt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Auch die im Beschwerdeverfahren gestellten Beweisanträge auf Vernehmung der in der Beschwerdeschrift benannten Zeugen können der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, denn der BFH erhebt grundsätzlich keine Beweise; er ist an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden, es sei denn, gegen sie sind zulässige und begründete Verfahrensrügen geltend gemacht worden.
5. Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO zu fordernde Darlegung der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) muss der Beschwerdeführer konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Erforderlich ist darüber hinaus ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus dem ersichtlich wird, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird der Kläger auch nicht ansatzweise gerecht. Vielmehr stellt er lediglich die Behauptung auf, dass die Frage grundsätzlich klärungsbedürftig sei, inwieweit ein in einer strafrechtlichen Verständigung abgegebenes Geständnis pauschal und ohne weitere Prüfung übernommen werden könne. Die Bedeutung der Klärung dieser Rechtsfrage für die Allgemeinheit wird damit nicht belegt. Zudem ist in der Rechtsprechung des BFH bereits hinreichend geklärt, inwieweit tatsächliche und rechtliche Feststellungen in einem Strafurteil oder Strafbefehl vom FG übernommen werden können; nämlich dann, wenn nach der Überzeugung des FG diese Feststellungen zutreffend sind und wenn keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen des Strafgerichts erhoben werden (zuletzt Senatsbeschluss vom 13. Januar 2005 VII B 261/04, BFH/NV 2005, 936, m.w.N.). Dies trifft auch auf ein Geständnis zu, das der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde gelegt worden ist.
Fundstellen
BFH/NV 2006, 1668 |
NWB 2008, 954 |