Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache; Verfahrensfehler; häusliches Arbeitszimmer
Leitsatz (NV)
1. Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seinen Beruf teilweise im Arbeitzimmer und teilweise außer Haus ausübt, den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bildet, ist hinreichend geklärt.
2. Eine grundsätzliche Bedeutung wird durch die Rüge einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung und unzutreffenden Rechtsanwendung nicht hinreichend dargelegt.
3. Mit der Rüge, das FG habe den aus den Akten ersichtlichen Sachverhalt unzutreffend gewürdigt, ist ein Verfahrensfehler nicht erfolgreich geltend zu machen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3
Verfahrensgang
FG Berlin (Urteil vom 19.08.2005; Aktenzeichen 3 K 3073/04) |
Gründe
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Denn die Frage, unter welchen Voraussetzungen das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seinen Beruf teilweise im Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bildet, ist hinreichend geklärt. Es liegt hierzu eine umfangreiche Rechtsprechung des BFH vor (vgl. BFH-Urteile vom 13. November 2002 VI R 82/01, BFHE 201, 93, BStBl II 2004, 62; vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43; vom 9. April 2003 X R 75/00, BFH/NV 2003, 917; vom 29. April 2003 VI R 78/02, BFHE 202, 303, BStBl II 2004, 76; vom 16. Dezember 2004 IV R 19/03, BFHE 208, 263, BStBl II 2005, 212; auch Beschluss vom 7. Juli 2004 VI R 67/02, BFH/NV 2005, 33). Danach ist das Arbeitszimmer "Mittelpunkt" im Sinne der genannten Vorschrift, wenn der Steuerpflichtige im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Der "Mittelpunkt" bestimmt sich somit nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der beruflichen und betrieblichen Betätigung des Steuerpflichtigen. Wo er liegt, kann nur im Wege einer umfassenden Wertung der gesamten Tätigkeit festgestellt werden. Die entsprechende Würdigung dieser gesamten Umstände des Einzelfalles obliegt in erster Linie dem Finanzgericht (FG) als Tatsacheninstanz (vgl. auch BFH-Beschluss vom 23. Dezember 2005 VI B 62/05, BFH/NV 2006, 737). Inwiefern darüber hinaus klärungsbedürftige Rechtsfragen bestehen, haben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht dargelegt.
2. Soweit die Kläger einwenden, dass das FG im Rahmen seiner typisierenden Betrachtungsweise den aus den Akten ersichtlichen Sachverhalt unzutreffend gewürdigt und damit einen Verfahrensverstoß begangen habe, auf dem das Urteil beruhe, können sie damit einen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht erfolgreich geltend machen. Denn die tatrichterliche Überzeugungsbildung (§ 96 Abs. 1 FGO) ist nur insoweit revisibel, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz. 30, m.w.N.). Solche Verstöße sind im Streitfall nicht erkennbar.
3. Für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO fehlt es an einer Abweichung der angegriffenen Vorentscheidung von der Rechtsprechung des BFH oder anderer Gerichte. Die von den Klägern geltend gemachte Abweichung vom Urteil des X. Senats (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 917) liegt nicht vor. Denn auch nach dieser Entscheidung ist die Frage, ob das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen für dessen Tätigkeit den "Mittelpunkt" i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG bildet, nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen zu beurteilen, was nur im Wege einer umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit festgestellt werden kann. Insoweit rügen die Kläger im Ergebnis nur eine für die Revisionszulassung nicht genügende Divergenz in der Würdigung von Tatsachen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 53, m.w.N.).
Fundstellen