Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung bei Erkrankung des Prozessbevollmächtigten
Leitsatz (NV)
Im Falle der Erkrankung des Prozessbevollmächtigten erfordert die Darlegung einer schuldlosen Verhinderung i.S. von § 56 Abs. 1 FGO nach ständiger Rechtsprechung, dass der Prozessbevollmächtigte genaue Angaben zur Dauer der Erkrankung macht und ein entsprechendes ärztliches Attest oder ggf. eine eidesstattliche Versicherung einer dritten Person über Art und Dauer der Erkrankung vorlegt. Weiterhin ist für die schlüssige Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags erforderlich, substantiiert darzulegen, welche Vorkehrungen (Büroorganisation, Bestellung eines Vertreters) der Prozessbevollmächtigte getroffen hat, um im Falle seiner Erkrankung eine Fristversäumnis zu vermeiden, oder aus welchen Gründen er Maßnahmen dieser Art nicht hat ergreifen können.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1, 2 S. 1, § 116 Abs. 3 Sätze 1-2, § 155; ZPO § 85 Abs. 2
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und war daher zu verwerfen.
1. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist gemäß § 116 Abs. 3 Sätze 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils (im Streitfall am 15. Mai 2003) zu begründen; die Begründung ist beim Bundesfinanzhof (BFH) einzureichen. Vorliegend ist die Beschwerdebegründung am 16. Juli 2003 und damit verspätet beim BFH eingegangen.
2. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden. Sie ist gemäß § 56 Abs. 1 FGO demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten muss sich die Klägerin dabei zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ―ZPO―).
Der Antrag auf Wiedereinsetzung erfordert innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO eine substantiierte in sich schlüssige Darstellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen, aus denen sich eine schuldlose Verhinderung des Rechtssuchenden oder seines Prozessbevollmächtigten ergeben soll (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 27. März 2002 V B 189/01, BFH/NV 2002, 946; vom 4. Juli 2002 IX B 5/02, BFH/NV 2002, 1476).
Wird Erkrankung des Prozessbevollmächtigten geltend gemacht, ist dies nach ständiger Rechtsprechung nur dann als Darlegung einer schuldlosen Verhinderung i.S. von § 56 Abs. 1 FGO zu werten, wenn der Prozessbevollmächtigte genaue Angaben zur Dauer der Erkrankung macht und ein entsprechendes ärztliches Attest oder ggf. eine eidesstattliche Versicherung einer dritten Person über Art und Dauer der Erkrankung vorlegt (BFH-Beschlüsse vom 23. Oktober 2000 VI B 45/99, BFH/NV 2001, 468; in BFH/NV 2002, 1476). Weiterhin ist es für die schlüssige Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags erforderlich, substantiiert darzulegen, welche Vorkehrungen (Büroorganisation, Bestellung eines Vertreters) der Prozessbevollmächtigte getroffen hat, um im Falle seiner Erkrankung eine Fristversäumnis zu vermeiden, oder aus welchen Gründen er Maßnahmen dieser Art nicht hat ergreifen können (BFH-Beschlüsse vom 23. Juni 1999 IV B 150/98, BFH/NV 1999, 1614; in BFH/NV 2001, 468; vom 31. Juli 2002 VIII B 52/02, BFH/NV 2003, 58).
Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten im Streitfall nicht, wenn er lediglich ausführt, dass es ihm bei Ablauf der Frist zur Begründung der Beschwerde wegen einer Infektion nicht möglich gewesen sei, "überhaupt Arbeiten in Angriff zu nehmen".
3. Von einer weiteren Begründung des Beschlusses sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen
Haufe-Index 1061370 |
BFH/NV 2004, 68 |