Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Darlegungspflicht im Rahmen des § 69 FGO
Leitsatz (NV)
Wer Aufhebung (oder Aussetzung) der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung erreichen will, muß grundsätzlich Umstände glaubhaft machen, die dem Sicherungsbedürfnis der Finanzbehörde genügen oder es als unangemessen erscheinen lassen.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3 S. 4
Tatbestand
In dem hier anhängigen Revisionsverfahren . . . streiten die Beteiligten dieses Verfahrens um die Rechtmäßigkeit von Hinzuschätzungen zum erklärten Gewinn, die der Antragsgegner (das FA) u. a. in den Streitjahren bei der Antragstellerin vorgenommen hat, und zwar im Hinblick auf Geldbeträge, die der verstorbene Ehemann der Antragstellerin unberechtigterweise aus der Geschäftskasse entnommen hat.
Nachdem das FG der Klage mit dem in EFG 1987, 607 veröffentlichten Urteil vom 4. Juni 1987 I 42/81 stattgegeben hatte, beantragte die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide im Umfang des Klageerfolges. Diesem Antrag entsprach das FA gemäß Verfügung vom 16. Februar 1988 mit der Maßgabe, daß in Höhe der streitigen Gesamtsumme bis spätestens 21. März 1988 Sicherheit durch Bankbürgschaft geleistet werde.
Mit Schreiben vom 29. Februar 1988 widersprach die Antragstellerin der Notwendigkeit einer Sicherheitsleistung und verwies darauf, daß ihre Hausbank ihr einen Plafond von . . . DM eingeräumt habe, der nunmehr auf . . . DM zurückgeführt werde. Daraufhin stellte das FA mit Schreiben vom 22. März 1988 fest, daß die Aussetzung der Vollziehung hinfällig geworden sei.
Nunmehr wandte sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 8. Mai 1988 an das FG und begehrte von dort Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung im Betrage von insgesamt . . . DM. Zur Begründung verweist die Antragstellerin auf die Kosten einer Bankbürgschaft (1,5 %), deren Übernahme ihr nicht zuzumuten sei, und auf die hinreichende Reserve in der Kreditlinie ihrer Hausbank, die bei Unterliegen Zahlung ermögliche.
Das FG hat das Verfahren der Aussetzung der Vollziehung mit Beschluß vom 19. Juli 1988 an den BFH verwiesen, bei dem inzwischen das Revisionsverfahren anhängig geworden war.
Die Antragstellerin begehrt weiterhin Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung, indem sie auf die Kreditbedingungen ihrer Hausbank verweist: Deren Zusage sei zwar wegen Bereitstellungszinsen auf . . . DM zurückgeführt, werde aber (zum 2. November 1987) nur in Höhe von rd. . . . DM in Anspruch genommen.
Das FA bleibt bei seiner Meinung, daß Aussetzung der Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden könne, weil der Steueranspruch gefährdet sei. Die Gewinne seien stark rückläufig: Zwischen 1984 und 1986 seien sie von rd. . . . DM auf . . . DM gesunken, für 1987 möglicherweise, nach einer Äußerung der Antragstellerin, kein positives Ergebnis zu erwarten. Die nur der Antragstellerin gegenüber gegebene Kreditzusage reiche als Sicherheit nicht aus.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist unbegründet.
Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 4 FGO kann das Gericht der Hauptsache, wenn die Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO erfüllt sind und der angefochtene Verwaltungsakt schon vollzogen ist, ganz oder teilweise Aufhebung der Vollziehung anordnen, und zwar auch gegen Sicherheitsleistung.
Der Antrag ist als Aufhebungsbegehren zu verstehen, weil die streitige Einkommensteuerschuld bereits getilgt ist.
Die gebotene summarische Prüfung (Gräber / Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl. 1987, § 69 Rz. 115 ff.) ergibt, daß die Antragstellerin nicht in der erforderlichen Weise dargetan hat, daß ihr auf uneingeschränkten vorläufigen Rechtsschutz gerichtetes Begehren berechtigt ist.
Voraussetzung für die einheitlich zu treffende Ermessensentscheidung (Gräber / Koch, a.a.O., Rz. 162) einer Aufhebung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung ist, daß andernfalls die Durchsetzung des Steueranspruchs im Falle des Unterliegens des Rechtsuchenden in der Hauptsache gefährdet oder erschwert erscheint (BFH-Beschlüsse vom 29. Juni 1977 VIII S 15/76, BFHE 122, 516, BStBl II 1977, 726, und vom 18. August 1987 VII B 97 /87, BFH / NV 1988, 374, 376). Dieses Sicherungsbedürfnis kann zwar durch besondere große Erfolgsaussichten in der Hauptsache gemindert sein (BFH, a.a.O.). Für eine solche Fallgestaltung ist aber hier nichts vorgetragen oder sonst erkennbar.
Die Gefährdung bzw. Erschwerung der Verwirklichung der streitigen Ansprüche im Falle der erstrebten ungesicherten Rückzahlung der streitigen Beträge durch das FA ergibt sich schon allein aus dem Verhältnis ihrer Höhe gegenüber der Gewinnentwicklung in den letzten Jahren. Die Antragstellerin hat nichts vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht, was dem Sicherungsbedürfnis des FA genügen oder was es als unangemessen erscheinen lassen könnte. Die behauptete, nicht weiter substantiierte und offenbar rein interne Kreditzusage der Hausbank genügt in diesem Zusammenhang nicht. Auch kann sich die Antragstellerin dem berechtigten Sicherungsbedürfnis des FA gegenüber mit Erfolg nicht auf die mit einer Bankbürgschaft üblicherweise verbundenen (Zins-)Nachteile berufen . . .
Fundstellen