Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenvorstellung; Nichtigkeits- oder Restitutionsantrag im Beschlußverfahren; keine Akteneinsicht bei unzulässigem Rechtsmittel; keine Aussetzung der Vollziehung bestandskräftiger Bescheide
Leitsatz (NV)
1. Ein Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmeantrag kommt gegenüber solchen Beschlüssen in Betracht, die ein selbständiges Verfahren abschließen und der materiellen Rechtskraft fähig sind.
2. Gegenvorstellung gegen weder abänderbare noch aufhebbare Beschlüsse kommt nur ausnahmsweise bei schwerwiegenden Grundrechtsverletzungen in Frage.
3. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines bestandskräftigen Steuerbescheides ist unzulässig.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; FGO §§ 69, 78 Abs. 1, § 134; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 101 Abs. 1 S. 2, Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 579-580
Tatbestand
Der Senat hat mit Beschluß vom 21. Mai 1993 das gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 19. Januar 1993 ... eingelegte Rechtsmittel als unzulässig verworfen. Mit Schreiben vom 2. September 1993, beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen am 6. September 1993, legte der Bevollmächtigte hiergegen alle Rechtsmittel ein, die er einlegen konnte. Ferner begehrt er, ihm Kopien der Akten gegen Kostenerstattung zu übersenden, und die Aussetzung der Vollziehung.
Entscheidungsgründe
1. Der als Gegenvorstellung zu behandelnde Antrag ist nicht statthaft.
a) Der Senat versteht das Schreiben vom 2. September 1993 nicht als Nichtigkeits- oder Restitutionsantrag gemäß § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. §§ 578ff. der Zivilprozeßordnung (ZPO).
Ein solcher Antrag kommt auch gegenüber Beschlüssen in Betracht, die ein selbständiges Verfahren abschließen und der materiellen Rechtskraft fähig sind.
Der Senat hat dahingestellt gelassen, ob der Bevollmächtigte seinerzeit Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat. In beiden Fällen ist der Beschluß sowohl in formelle als auch materielle Rechtskraft erwachsen (vgl. BFH-Beschluß vom 22. Januar 1990 VIII S 4/90, BFH/NV 1991, 393 zur Verwerfung einer Revision; Beschluß des erkennenden Senats vom 24. August 1988 VIII B 37/88, BFH/NV 1989, 314 zur Beschwerde gegen einen Einstellungsbeschluß).
Die Begründung bietet indessen keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß eine der Alternativen der §§ 579, 580 ZPO in Betracht kommen könnte.
Im übrigen fehlt die auch im Wiederaufnahmeverfahren gemäß Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) gebotene Vertretung durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer (vgl.BFH-Beschluß in BFH/NV 1989, 314).
b) Die Kläger haben zwar auch nicht ausdrücklich Gegenvorstellungen erhoben. Der Senat versteht das Begehren jedoch in diesem Sinne, weil die Kläger allenfalls mit Hilfe dieses Rechtsbehelfs ihr Begehren durchsetzen könnten.
Indessen ist auch dieser Rechtsbehelf unstatthaft.
Der Beschluß vom 21. Mai 1993 ist rechtskräftig geworden. Die Rechtskraft bindet nicht nur die Beteiligten, sondern auch das Gericht. Der Beschluß ist weder abänderbar noch aufhebbar (BFH-Beschluß vom 9. Mai 1990 VIII S 8-10/90, BFH/NV 1991, 463).
Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - (vgl. Nachweise im BFH-Beschluß vom 1. Juli 1991 IV B 148/90, BFH/NV 1992, 48) weitergehend in Fällen schwerwiegender Grundrechtsverletzungen (Art. 101 Abs. 1 Satz 2, Art. 103 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) eine Abänderung für zulässig gehalten wird, haben die Kläger auch nicht andeutungsweise die Voraussetzungen geltend gemacht. Sie liegen nach Aktenlage offensichtlich auch nicht vor.
2. Soweit der Bevollmächtigte die Einlegung eines Rechtsbehelfs beim BVerfG angekündigt hat, ist für den Senat keine weitere Veranlassung gegeben.
3. Der Antrag auf Akteneinsicht bzw. Übersendung von Kopien ist unzulässig, da der erkennende Senat an einer Sachentscheidung gehindert ist (vgl. BFH-Beschluß vom 16. Juli 1991 III S 2, 3/91, BFH/NV 1992, 191).
4. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheides für 1987 ist unzulässig (vgl. BFH-Beschluß vom 29. März 1974 III B 43/73, BFHE 112, 239, BStBl II 1974, 463).
Fundstellen