Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Klagebefugnis des Gesellschafters für die Gesellschaft beim Streit über nur ihm zugute gekommene Aufwendungen
Leitsatz (amtlich)
In dem Rechtsstreit darüber, ob Aufwendungen der Gesellschaft als Betriebsausgaben anzuerkennen sind, ist, solange das Gesellschaftsverhältnis besteht, der einzelne Gesellschafter auch dann nicht klagebefugt, wenn die Aufwendungen nach Auffassung des FA allein diesem Gesellschafter zugute gekommen sind. Die Klagebefugnis steht vielmehr ausschließlich den zur Vertretung befugten Geschäftsführern in Prozessstandschaft für die Gesellschaft zu.
Normenkette
FGO § 48 Abs. 1 Nrn. 1, 4, § 44 Abs. 1, § 65 Abs. 2 S. 2, § 115 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war in den Streitjahren (1989 bis 1992) und am Bewertungsstichtag 1. Januar 1993 alleiniger Kommanditist der Fa. A-GmbH & Co. KG (KG). Komplementärin der KG war in diesem Zeitraum die Fa. B-Beteiligungsgesellschaft mbH (GmbH). Der Kläger war auch alleiniger Gesellschafter der GmbH und bis zum 14. Juni 1995 deren alleiniger Geschäftsführer. Am Gewinn der KG waren der Kläger zu 99 v.H. und die GmbH zu 1 v.H. beteiligt.
Im Jahre 1994 begann bei der KG eine Betriebsprüfung, die sich u.a. auch auf die Gewinnfeststellungen der Streitjahre bezog und die als Steuerfahndungsprüfung fortgesetzt wurde. Der Prüfer erkannte verschiedene Rückstellungen, insbesondere eine auf den 31. Dezember 1992 gebildete "Rückstellung wegen Patentverletzung" nicht an, erfasste zusätzliche Betriebseinnahmen aus ungeklärten Vermögenszuwächsen sowie nicht erklärte Zinseinnahmen. Ferner war er der Auffassung, dass zahlreiche als Betriebsausgaben behandelte Zahlungen über Umwege dem Kläger zugeflossen seien. Bei anderen Zahlungen waren nach den Feststellungen des Prüfers die Empfänger nicht benannt oder die betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen. Die streitigen Mehrgewinne setzen sich aus zahlreichen Einzelpunkten zusammen und belaufen sich dem Klageantrag zufolge auf rd. 18,7 Mio. DM. Im Streitjahr 1992 sind u.a. auch Sonderbetriebseinnahmen des Klägers in Höhe von 153 900 DM im Streit, nämlich verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) einer dem Kläger gehörenden GmbH.
Aufgrund der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) für die Streitjahre (später mehrfach geänderte) Gewinnfeststellungsbescheide. Die Gewinnerhöhungen rechnete das FA ausschließlich dem Kläger zu.
Die ersten, noch vor Beendigung der Prüfung erlassenen Änderungsbescheide gab das FA an die GmbH als Empfangsbevollmächtigte mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten bekannt.
Gegen die Bescheide legte die Steuerberatungsgesellschaft der KG für diese Einspruch ein.
Im weiteren Verlauf erließ das FA noch weitere Änderungsbescheide, die ―ebenso wie der Bescheid über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der KG auf den 1. Januar 1993― der Steuerberatungsgesellschaft bekannt gegeben wurden. Auch gegen den letztgenannten Bescheid legte die Steuerberatungsgesellschaft der KG Einspruch ein, wobei im Betreff die KG aufgeführt war.
Mit Schreiben vom 23. Juli 1998 teilte das FA der Steuerberatungsgesellschaft mit, dass beabsichtigt sei, den Kläger zum Einspruchsverfahren hinzuzuziehen. Zugleich gab das FA unter Hinweis darauf, dass vor einer Hinzuziehung derjenige zu hören sei, der den Rechtsbehelf eingelegt habe, der KG Gelegenheit, etwaige Einwendungen gegen die beabsichtigte Hinzuziehung vorzubringen. Die Steuerberatungsgesellschaft reagierte auf diese Ankündigung nicht. Auch die angekündigte Hinzuziehung unterblieb.
Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 9. Juli 1998 war über das Vermögen der KG das Konkursverfahren eröffnet worden. Am 7. August 1998 teilte der Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft dem FA telefonisch mit, dass er trotz Konkurseröffnung noch "in Teilbereichen der Einspruchsverfahren" der KG tätig sei.
Das FA wies die Einsprüche mit Verwaltungsakten vom 10. und 19. November 1998 zurück. Im Rubrum der Einspruchsentscheidungen, die das FA der Steuerberatungsgesellschaft bekannt gab, wurden nicht nur die KG, sondern auch der Kläger und in der Einspruchsentscheidung vom 19. November 1998 (betreffend die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1993) zusätzlich noch die GmbH als Einspruchsführer aufgeführt.
Nach Ergehen der Einspruchsentscheidungen ging am 14. Dezember 1998 beim Finanzgericht (FG) ein Schriftsatz der Steuerberatungsgesellschaft vom gleichen Tage ein, nach dessen Wortlaut diese im Namen und im Auftrag des Klägers in seiner Eigenschaft "als Gesellschafter" der KG Klage gegen die Gewinnfeststellungen der Streitjahre sowie gegen die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der KG auf den 1. Januar 1993 in Gestalt der insoweit jeweils ergangenen Einspruchsentscheidung erhob.
Da die Klage zunächst nicht begründet wurde, setzte das FG dem Kläger eine Ausschlussfrist gemäß § 65 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Bezeichnung des Klagegegenstandes. Der Kläger verwies innerhalb der Frist im Wesentlichen auf die in den Einspruchsentscheidungen aufgeführten Streitpunkte und äußerte sich zugleich ausführlich zu zwei einzelnen Streitkomplexen.
Im Verlauf des weiteren Verfahrens nahm der Kläger ausführlich zu allen Streitpunkten Stellung und stellte bezifferte Anträge.
In der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2000 beantragte der Kläger zusätzlich "äußerst hilfsweise", die Einspruchsentscheidungen, soweit sie ihm gegenüber ergangen waren, isoliert aufzuheben. Der Vertreter des FA hob daraufhin die Einspruchsentscheidungen insoweit, als sie dem Kläger gegenüber ergangen waren, auf und erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Kläger hat sich dieser Erledigungserklärung nur insoweit angeschlossen, als das FA seinem äußerst hilfsweise gestellten Antrag, die Einspruchsentscheidungen aufzuheben, entsprochen hat.
Die Klage hatte keinen Erfolg, da das FG sie für unzulässig hielt.
Das FG vertrat die Auffassung, die vom Kläger erhobene Klage sei bereits deshalb als unzulässig anzusehen, da in seiner Person ein Vorverfahren gemäß § 44 Abs. 1 FGO nicht stattgefunden habe.
Ob die Klage auch deshalb unzulässig sei, weil der Kläger sein Klageziel nicht innerhalb der ihm nach § 65 Abs. 2 FGO gesetzten Ausschlussfrist ausreichend bezeichnet habe, könne offen bleiben.
Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, die auf Divergenz, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel gestützt wird.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist teilweise begründet. Sie führt ―soweit die Gewinnfeststellung 1992 und der Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1993 betroffen sind― zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG (§ 116 Abs. 6 FGO). Hinsichtlich der Gewinnfeststellungen 1989 bis 1991 ist die Beschwerde jedoch als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger wendet sich mit seinem Rechtsmittel dagegen, dass das FG ein Prozessurteil erließ. Die fehlerhafte Beurteilung einer Sachurteilsvoraussetzung ist als Verfahrensmangel anzusehen (s. z.B. den Senatsbeschluss vom 23. März 2000 IV B 91/99, BFH/NV 2000, 1217). Einen solchen hat der Kläger ―neben anderen Zulassungsgründen― auch ausdrücklich geltend gemacht; er hat u.a. gerügt, dass das FG fehlerhaft seine Klagebefugnis verneint habe und das Urteil deshalb an einem Verfahrensmangel leide.
Der Erfolg der Beschwerde hängt demnach davon ab, inwieweit das FG die Klage wegen Fehlens der Klagebefugnis im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgewiesen hat.
1. Gewinnfeststellung 1992 und Bescheid über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1993
a) Für den Rechtsstreit gegen diese Bescheide ist der Kläger klagebefugt. Das folgt aus § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO. Danach kann jeder Gesellschafter gegen einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen Klage erheben, soweit es sich um eine Frage handelt, die ihn persönlich angeht (Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 11. März 1982 IV R 46/79, BFHE 135, 457, BStBl II 1982, 542; vom 15. März 2000 VIII R 8/99, BFH/NV 2000, 1214; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, § 48 Rz. 36, m.w.N.).
Nach den Feststellungen der Steuerfahndung (Tz. 41, 48 und 49 Steuerfahndungsbericht) hat die X-GmbH (X), an der der Kläger faktisch allein beteiligt war, die Anschaffung einer CAD-Workstation bezahlt, die in den Räumen der KG aufgestellt war und von dieser benutzt wurde. Das FA hat ―dem Prüfer folgend― die Anteile an der X als Sonderbetriebsvermögen des Klägers bei der KG angesehen.
Im Rechtsstreit wegen Gewinnfeststellung 1992 geht es u.a. um die Frage, ob diese Zahlung der X zu einer vGA und zu Sonderbetriebseinnahmen des Klägers geführt hat, die im Rahmen der Gewinnermittlung der KG zu berücksichtigen waren. Wegen dieses Streitpunktes ist die Klagebefugnis des Klägers gegeben.
Mit der Klage gegen den Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1993 macht der Kläger u.a. geltend, dass die CAD-Workstation ―anders als vom FA angenommen― nicht Betriebsvermögen der KG geworden sei. Da das FA davon ausgeht, dass die Begleichung des Kaufpreises für die Workstation seitens der X eine vGA an den Kläger darstellt, liegt es nahe anzunehmen, dass es sich bei der Workstation um Sonderbetriebsvermögen handeln soll. Auch insoweit besteht die Klagebefugnis des Klägers. Das gleiche gilt, sofern die Anteile an der X als Sonderbetriebsvermögen in die Feststellung des Einheitswertes eingegangen sein sollten, was der Senat nicht feststellen kann.
b) Der Zulässigkeit der Klage steht insoweit nicht entgegen, dass nicht der Kläger, sondern nur die KG Einspruch gegen die angefochtenen Bescheide eingelegt hatte. Mit dem Beschluss in BFH/NV 2000, 1217 hat der beschließende Senat (auch) die Auffassung vertreten, dass ein Gesellschafter, der gegen den Bescheid über die Gewinnfeststellung einer Personengesellschaft keinen Einspruch eingelegt hat und auch nicht zum Einspruchsverfahren der Personengesellschaft hinzugezogen worden ist, gleichwohl Klage erheben kann, wenn ihm gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO ein eigenes Klagerecht zusteht. Hieran hält der Senat fest. In diesem Sinn hat auch der VIII. Senat des BFH in seinem Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 32/01 (zur Veröffentlichung bestimmt) entschieden. Die Entscheidungen vom 10. Juni 1997 IV B 124/96 (BFH/NV 1998, 14) und vom 30. März 1999 VIII R 16/99 (BFH/NV 1999, 1469) sind damit überholt.
c) Die Zulässigkeit scheitert auch nicht daran, dass der Kläger sein Klagebegehren nicht innerhalb der vom FG gesetzten Ausschlussfrist hinreichend genau bestimmt hätte (§ 65 Abs. 2 Satz 2 FGO). Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26. November 1979 GrS 1/78 (BFHE 129, 117, BStBl II 1980, 99) ist zur Bezeichnung des Streitgegenstands ―jetzt: des Gegenstands des Klagebegehrens― vorzutragen, worin die den Kläger treffende Rechtsverletzung liegt, inwiefern also der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Da das Gericht nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht über das Klagebegehren hinausgehen darf, obliegt es dem Kläger, den Umfang des begehrten Rechtsschutzes zu bestimmen. Das Gericht muss in die Lage versetzt sein, das Klagebegehren zu ermitteln, um die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis zu bestimmen. Wie weit das Klagebegehren im Einzelnen zu substantiieren ist, hängt von den Umständen des Falles ab, insbesondere von dem Inhalt des angefochtenen Verwaltungsaktes, der Steuerart und der Klageart. Entscheidend ist, ob das Gericht durch die Angaben des Klägers in die Lage versetzt wird, zu erkennen, worin die den Kläger treffende Rechtsverletzung nach dessen Ansicht liegt (BFH-Beschluss vom 17. Januar 2002 VI B 114/01, BFHE 198, 1, BStBl II 2002, 306, m.w.N.).
Diesem Erfordernis hat der Kläger im Streitfall genügt. Er hat innerhalb der vom FG gesetzten Ausschlussfrist als Prozessziel angegeben, dass die angefochtenen Bescheide nach Maßgabe der ursprünglich eingereichten Erklärungen geändert werden sollten. Wegen der Einzelheiten hat er auf die Einspruchsentscheidungen Bezug genommen, in denen die einzelnen Streitpunkte ―gegliedert nach Feststellungen der Steuerfahndung, Einwendungen der KG und Entscheidung des FA im Einspruchsverfahren― aufgeführt waren. Das FG konnte hieraus mit hinreichender Sicherheit entnehmen, dass die KG alle Streitpunkte des Einspruchsverfahrens mit der Klage weiterverfolgen wollte.
2. Gewinnfeststellungen 1989 bis 1991
Für die Klage gegen diese Bescheide fehlt dem Kläger die Klagebefugnis.
a) Feststellungsbescheide, in denen der Gewinn der Gesellschaft und die Anteile der Gesellschafter an diesem Gewinn als Grundlage für die Veranlagung zur Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer festgestellt werden, richten sich nach ihrem Inhalt und ihren Wirkungen gegen die Gesellschafter, so dass diesen nach § 40 Abs. 2 FGO auch die Befugnis zustehen müsste, gegen diesen Bescheid Einspruch einzulegen oder Klage zu erheben. In diesem Sinne versteht der Senat auch den Hinweis des Klägers, seine Klagebefugnis sei daraus herzuleiten, dass die angeblichen Schwarzeinnahmen allein ihm zuzurechnen seien. Die FGO zieht diese Konsequenz jedoch nicht. Nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO i.d.F. des Gesetzes vom 24. Juni 1994 ―BGBl I 1994, 1395― (entspricht § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F.) sind im Regelfall nur die zur Vertretung befugten Geschäftsführer (in Prozessstandschaft für die Gesellschaft) befugt, gegen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen Einspruch einzulegen oder Klage zu erheben. Den Gesellschaftern selbst steht ein eigenes Einspruchs- oder Klagerecht gegen Feststellungsbescheide nur in den Fällen zu, in denen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 FGO n.F. vorliegen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 8. Oktober 1998 VIII B 61/98, BFH/NV 1999, 291, m.w.N.).
Das war hier nicht der Fall. Der Rechtsstreit geht nicht darum, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist und wie dieser sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt (§ 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO). Die Beteiligten streiten ―was die Gewinnfeststellungen 1989 bis 1991 betrifft― auch nicht um Fragen, die den Kläger persönlich betreffen (§ 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO). Für diese Streitjahre hat die Steuerfahndung keine (zusätzlichen) Sonderbetriebseinnahmen festgestellt oder den Abzug von Sonderbetriebsausgaben verweigert.
Streitig waren vielmehr ausschließlich nicht anerkannte Rückstellungen, zusätzliche Betriebseinnahmen der KG, die der Prüfer aus ungeklärten Vermögenszuwächsen des Klägers hergeleitet hatte, nicht erklärte Zinseinnahmen, als Betriebsausgaben behandelte Zahlungen der KG, die nach Meinung des Prüfers über Umwege dem Kläger zugeflossen waren, sowie Zahlungen, bei denen nach den Feststellungen des Prüfers die Empfänger nicht benannt waren oder die betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen war.
Soweit diese Zahlungen der KG tatsächlich dem Kläger zugeflossen sein sollten, würde es sich um "verdeckte" Entnahmen handeln. Der Streit über das Vorliegen solcher Entnahmen ist nicht von der Klagebefugnis des Gesellschafters, dem sie zugute gekommen sind, umfasst.
aa) Wie der Senat in seinem Urteil vom 17. Oktober 1985 IV R 34/84 (BFH/NV 1987, 374) ausgeführt hat, ist bei einem Streit um die Höhe des Steuerbilanzgewinns einer Personengesellschaft und um dessen Erhöhung wegen Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen grundsätzlich nur die Gesellschaft nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F. (entspricht § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO n.F.) klagebefugt, sofern unstreitig ist, nach welchem Schlüssel der Steuerbilanzgewinn oder die Entnahmen den Gesellschaftern anteilig zuzurechnen sind.
Auf dieses Urteil stützt sich die Entscheidung des beschließenden Senats vom 6. August 1998 IV B 123/97, juris. Es ging dort um Zahlungen einer KG an einen Gesellschaftsfremden, deren betriebliche Veranlassung streitig war. Diese Zahlungen waren möglicherweise einer Kommanditistin der KG zugeflossen. Der Senat entschied, dass die Kommanditistin mangels Klagebefugnis nicht notwendig beizuladen gewesen sei.
Ebenso entschied der VIII. Senat des BFH im Urteil vom 20. April 1999 VIII R 81/94 (BFH/NV 1999, 1457). Es ging u.a. um Beiträge zu einer Direktversicherung zugunsten der Ehefrauen der Gesellschafter, die das FA nicht als Betriebsausgaben, sondern als Entnahmen der Ehemänner angesehen hatte. Der VIII. Senat verneinte die Klagebefugnis der Gesellschafter.
bb) Allerdings haben sowohl der beschließende als auch der VIII. Senat die einzelnen Gesellschafter als klagebefugt angesehen, soweit es um Sachentnahmen ging.
Im Urteil vom 20. Oktober 1988 IV R 97/85 (BFH/NV 1989, 511) gestand der beschließende Senat dem Gesellschafter ein eigenes Klagerecht zu, "soweit es um den Wert der von ihm entnommenen Wohnung ging".
Im Urteil vom 30. März 1999 VIII R 29/95 (BFH/NV 1999, 1468) ging es um eine Segelyacht, die eine KG ―wie sie vortrug unter Wert― an einen ihrer Gesellschafter verkauft hatte. Der VIII. Senat vertrat die Auffassung, die Kommanditisten seien klagebefugt und daher notwendig beizuladen gewesen, "damit die Entscheidung über die Höhe und die Zurechnung eines etwaigen Entnahmegewinns auch ihnen gegenüber in Rechtskraft" erwachse.
cc) Die Fälle der Sachentnahmen unterscheiden sich von den "verdeckten" Entnahmen infolge nicht anerkannter Betriebsausgaben dadurch, dass nur bei den erstgenannten die Aufdeckung stiller Reserven in Betracht kommt, deren Verteilung zweifelhaft sein kann. Zum einen ist denkbar, dass sie allen Gesellschaftern nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zugerechnet werden, zum anderen kann eine Änderung des Gewinnverteilungsschlüssels vorliegen, die zu einer Zurechnung allein beim begünstigten Gesellschafter führt (vgl. Senatsurteil vom 28. September 1995 IV R 39/94, BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276). Es bedarf daher stets der Prüfung, ob der Gewinnverteilungsschlüssel geändert wurde. Möglicherweise lag den Entscheidungen in BFH/NV 1989, 511 und BFH/NV 1999, 1468 die Vorstellung zugrunde, wegen des Erfordernisses dieser Prüfung seien die Gesellschafter zur Klage der Gesellschaft notwendig beizuladen, was ihre Klagebefugnis voraussetzt. Demgegenüber ist der durch eine Betriebsprüfung nachträglich festgestellte Mehrgewinn einer Personengesellschaft grundsätzlich allen Gesellschaftern nach dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen (Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., S. 431). Besonderheiten sind nur dann zu beachten, wenn die festgestellten Mehrgewinne ausschließlich einem Gesellschafter zugute gekommen sind und weder die Gesellschaft noch die anderen Gesellschafter in der Lage sind, etwa bestehende Erstattungsansprüche gegen den Mitunternehmer durchzusetzen (Senatsurteile vom 7. Mai 1987 IV R 33/85, BFH/NV 1987, 775; vom 14. Dezember 2000 IV R 16/00, BFHE 194, 151, BStBl II 2001, 238). Dem Gesichtspunkt der Änderung der Gewinnverteilungsabrede kommt in derartigen Fällen regelmäßig keine Bedeutung zu.
dd) Der Senat lässt offen, ob er an der Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter im Falle einer Sachentnahme festhalten könnte. Derartige Entnahmen sind vorliegend nicht im Streit.
b) Eine von § 48 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 FGO unabhängige Klagebefugnis des Klägers ergibt sich auch nicht daraus, dass über das Vermögen der KG vor Klageerhebung das Konkursverfahren eröffnet worden ist. Zwar haben der beschließende Senat sowie der I. Senat des BFH früher diese Auffassung vertreten (BFH-Urteile vom 13. Juli 1967 IV 191/63, BFHE 90, 87, BStBl III 1967, 790; vom 26. März 1980 I R 111/79, BFHE 130, 477, BStBl II 1980, 587). Diese Rechtsprechung ist jedoch durch das Senatsurteil vom 21. Januar 1982 IV R 146/78 (BFHE 135, 386, BStBl II 1982, 506, unter I. a.E.) mit Zustimmung des I. Senats aufgegeben worden. Seitdem bleibt es auch im Stadium der Liquidation bei der ausschließlichen Klagebefugnis der Gesellschaft, vertreten durch den oder die Liquidatoren, soweit nicht eine der in § 48 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 FGO aufgeführten Ausnahmen vorliegt. Diese Änderung der Rechtsprechung ist in der vom Kläger zitierten Literaturstelle (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 251 AO 1977, Tz. 47) nicht berücksichtigt.
c) Nachdem die gegen den Kläger ergangenen Einspruchsentscheidungen aufgehoben worden sind, lässt sich seine Klagebefugnis auch nicht mehr daraus herleiten, dass diese Verwaltungsakte auch an ihn gerichtet waren.
d) Wenn der Kläger unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 18. Dezember 2002 I R 33/01 (BFHE 201, 392, BStBl II 2003, 630) geltend macht, nach Konkurseröffnung hätten Gewinnfeststellungsbescheide nicht mehr ergehen dürfen, ist nicht klar, was hiermit bezweckt werden soll. Die streitigen Bescheide sind vor Konkurseröffnung ergangen. Zwar sind sie während des Einspruchsverfahrens geändert worden. Sollten die Änderungsbescheide unwirksam sein, hätte das jedoch nur zur Folge, dass die ursprünglich mit dem Einspruch angegriffenen Bescheide wieder auflebten. Abgesehen davon trifft die vom Kläger vertretene Auffassung nicht zu. Auch nach Eröffnung des Konkurs- (Insolvenz-)verfahrens über das Vermögen einer Personengesellschaft können noch Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung ergehen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum es nicht statthaft sein soll, die die persönliche Ertragsteuer der (sich nicht ebenfalls im Konkurs befindlichen) Gesellschafter betreffenden Besteuerungsgrundlagen festzustellen. Es besteht vielmehr ein Bedürfnis, so zu verfahren. Eine Auswirkung auf die zur Insolvenztabelle anzumeldende Gewerbesteuer der Gesellschaft kann dadurch vermieden werden, dass die Bindungswirkung des § 35b des Gewerbesteuergesetzes entfällt (Klein/ Brockmeyer, Abgabenordnung, 8. Aufl., § 251 Rz. 29).
e) Der Senat kann dem Kläger nicht in der Beurteilung folgen, ein Fehler des FA führe dazu, dass ihm jeglicher Rechtsschutz versagt werde. Der Kläger sieht den Fehler des FA darin, dass es ihn ―entgegen seiner ursprünglichen Absicht― nicht zum Verfahren hinzugezogen hat. Nach Auffassung des Senats führt dieser Umstand jedoch ―anders als noch vom FG angenommen― nicht zur Unzulässigkeit der Klage mangels Vorverfahrens (s.o. unter 1.b). Für diese Auffassung des Senats ist u.a. die Erwägung maßgeblich, dass die Möglichkeit eines Gesellschafters, gerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen, nicht davon abhängen soll, ob das FA die Erforderlichkeit der Hinzuziehung richtig beurteilt hat. Anders verhält es sich mit der Klagebefugnis. Sie hängt nicht von einem Verhalten des FA ab. Vielmehr obliegt es demjenigen, der einen Rechtsstreit zu führen gedenkt, seine Klagebefugnis zu prüfen. Die Klagebefugnis steht nicht zur Disposition der Prozessbeteiligten. Deshalb kann die Klagebefugnis nicht daraus hergeleitet werden, dass auch der Beklagte von ihrem Bestehen ausgegangen ist.
Fundstellen
BFH/NV 2004, 434 |
BStBl II 2004, 239 |
BFHE 2004, 44 |
BFHE 204, 44 |
BB 2004, 426 |
DStRE 2004, 359 |
SteuerBriefe 2004, 395 |
NWB 2004, 524 |
NWB 2005, 4451 |
NZG 2004, 486 |
ZIP 2004, 2156 |
RdW 2004, 558 |
StBW 2004, 8 |
SJ 2004, 10 |
StB 2004, 126 |
b&b 2004, 164 |
stak 2004, 0 |