Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung bei geklärter Rechtsfrage und behaupteter fehlerhafter Anwendung im konkreten Fall; erhöhte Investitionszulage bei Mischbetrieben; Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Leitsatz (NV)
1. Der BFH hat mehrfach zu der Rechtsfrage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang bei Mischbetrieben, die auch ein in die Handwerksrolle eingetragenes Handwerk ausüben, eine erhöhte Investitionszulage in Anspruch genommen werden kann. Danach kommt eine erhöhte Investitionszulage nur für die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter in Betracht, die dem eingetragenen Gewerk überwiegend dienen.
2. Die verrichteten Tätigkeiten müssen ganz oder zum Teil dem vom Berufsbild bestimmten eingetragenen Gewerk dienen. Anhaltspunkt bei Abgrenzungsschwierigkeiten können den in Rechtsverordnungen geregelten Berufsbildern entnommen werden. Allerdings sind die Tätigkeitsbeschreibungen und die in den Regelungen für das Berufsbild eines Meisters geforderten Kenntnisse und Fertigkeiten nicht rein schematisch und als allein ausschlaggebend zugrunde zu legen.
3. Eine Divergenz wird nicht dadurch hinreichend substantiiert dargelegt, dass die fehlerhafte Anwendung der vom BFH entwickelten Grundsätze im Streitfall durch das FG behauptet wird. Vielmehr muss es sich um eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen handeln.
4. Ein sog. qualifizierter Rechtanwendungsfehler, der ausnahmsweise die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert, kommt nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Fehlern des FG im Sinne einer willkürlichen oder zumindest greifbar gesetzwidrigen Entscheidung in Betracht. Eine bloß fehlerhafte Umsetzung höchstrichterlicher Rechtsprechungsgrundsätze auf die Besonderheiten des Einzelfalles reicht dafür nicht aus.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3; HwO § 45; InvZulG 1993 § 5 Abs. 2
Verfahrensgang
Gründe
Der Senat sieht von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
Die vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--) geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 2. Alternative FGO sind nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute bzw. weitere Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird.
Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (BFH-Beschluss vom 17. August 2004 III B 121/03, BFH/NV 2005, 46, m.w.N.).
Ein Allgemeininteresse wird nicht dadurch dargelegt, dass die Fehlerhaftigkeit der konkreten Entscheidung geltend gemacht wird.
Der BFH hat mehrfach zu der Rechtsfrage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang bei Mischbetrieben, die auch ein in die Handwerksrolle eingetragenes Handwerk ausüben, eine erhöhte Investitionszulage in Anspruch genommen werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 6. August 1998 III R 28/97, BFHE 187, 124, BStBl II 2000, 144; vom 7. September 2000 III R 57/97, BFHE 193, 187, BStBl II 2001, 40; vom 10. Mai 2001 III R 68/97, BFH/NV 2001, 1453).
Die erhöhte Investitionszulage kommt danach nur für die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter in Betracht, die dem eingetragenen Gewerk überwiegend dienen (BFH-Urteil vom 17. November 1998 III R 43/96, BFHE 188, 169, BStBl II 1999, 837). Die verrichteten Tätigkeiten müssen ganz oder zum Teil dem vom Berufsbild bestimmten eingetragenen Gewerk dienen. Anhaltspunkte für die Einordnung ergeben sich aus den Berufsbildern, wie sie in den Rechtsverordnungen auf der Grundlage von § 45 der Handwerksordnung (HwO) umschrieben sind.
Der Senat hat hervorgehoben, dass nicht rein schematisch allein aufgrund der Tätigkeitsbeschreibungen und der Aufführung verschiedener Kenntnisse und Fertigkeiten im meisterlichen Berufsbild entschieden werden könne, welche Verrichtungen einem Handwerk als wesentlich zuzurechnen seien. Aus den entsprechenden Verordnungen könnten sich nur Hinweise ergeben, die bei der Entscheidung von Abgrenzungsfragen von Bedeutung seien (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 1453, 1455, m.w.N.).
Hat der BFH sonach die abstrakten Grundsätze für die Zuordnung zu einem Handwerk geklärt, so geht es im Streitfall im Kern allein um die aus der Sicht des FA fehlerhafte Anwendung dieser Grundsätze im Einzelfall, wodurch kein weiterer Klärungsbedarf dargetan wird (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Januar 2003 III B 97/02, BFH/NV 2003, 510). Vielmehr kann diese Frage allenfalls im Rahmen einer zugelassenen Revision als materielle Rechtsverletzung gerügt werden (BFH-Beschluss vom 14. November 2003 VII B 123/03, BFH/NV 2004, 512).
2. Wird die Divergenz von einer Entscheidung des BFH geltend gemacht, so erfordert eine zulässige Rüge die Gegenüberstellung von einander abweichenden abstrakten Rechtssätzen. Es reicht nicht aus darzulegen, das Finanzgericht (FG) habe die vom BFH entwickelten Grundsätze im Streitfall unzutreffend angewandt (BFH-Beschlüsse vom 7. Oktober 2003 X B 52/03, BFH/NV 2004, 80; vom 22. November 2004 III B 47/04, nicht veröffentlicht, juris).
Es muss sich um eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen handeln (BFH-Beschluss vom 1. September 2004 X B 162/03, BFH/NV 2005, 224).
Das FG ist ausdrücklich von der Rechtsprechung des BFH, insbesondere von den im Urteil in BFHE 187, 124, BStBl II 2000, 144 entwickelten abstrakten Grundsätzen ausgegangen, ist indes aufgrund des im Vergleich zu jenem Urteil anderen Berufsbildes und auf der Grundlage der von ihm eingeholten Auskunft der zuständigen Handwerkskammer zu dem Ergebnis gelangt, dass auch der Betrieb der Breitbandkabelanlage dem eingetragenen Gewerk dient. Zum Berufsbild des Radio- und Fernsehtechnikers nebst Antennenbau gehört u.a. auch das Warten und Instandsetzen von Anlagen sowie die Inbetriebnahme.
Im Übrigen betreffen die vom FA angeführten Divergenzentscheidungen andere Handwerke mit dem entsprechenden eigenen, auf der Grundlage ebenfalls eigenständiger Verordnungen geregelten Berufsbildern, so dass auch die erforderlichen Voraussetzungen einer notwendigen Identität in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht gegeben sind (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 7. November 2003 XI B 199/01, BFH/NV 2004, 508; vom 26. Mai 2004 III B 89/03, BFH/NV 2004, 1221).
3. Das FA hat schließlich auch keine sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehler hinreichend substantiiert dargetan.
Es muss sich insoweit um einen Rechtsfehler handeln, der von erheblichem Gewicht ist und deshalb geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen (BFH-Beschlüsse vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; in BFH/NV 2003, 510, und vom 7. Juli 2004 VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896).
Ein solcher Fehler kommt nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsanwendungsfehlern des FG im Sinne einer willkürlichen oder zumindest greifbar gesetzwidrigen Entscheidung in Betracht. Dazu reicht indes nicht eine bloß fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles aus (BFH-Beschluss vom 27. August 2003 VIII B 150/02, BFH/NV 2004, 226, m.w.N.).
Insbesondere hat sich das FG intensiv mit der Rechtsprechung des BFH und auf der Grundlage der schriftlichen Auskunft der Handwerkskammer sowie der mitübersandten Unterlagen zum Berufsbild des Radio- und Fernsehtechniker-Handwerks mit der streitgegenständlichen Frage auseinander gesetzt, welche Tätigkeiten von diesem Berufsbild mitumfasst werden und deshalb im Rahmen des eingetragenen Gewerks anfallen.
Fundstellen
Haufe-Index 1396074 |
BFH/NV 2005, 1632 |