Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Wiedereinsetzung bei unrichtiger Postleitzahl
Leitsatz (NV)
Beruht die Versäumung der Frist auf einer durch eine falsche Postleitzahl verursachten Postlaufzeitverzögerung, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn der Fehler dem ansonsten zuverlässig arbeitenden Büropersonal unterlaufen ist.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Soldat, seine Ehefrau, die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), als Krankenschwester tätig. In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung 1990 machten die Kläger für die Reinigung von Berufskleidung in der eigenen Waschmaschine Aufwendungen von 379,50 DM (Kläger) bzw. 702 DM (Klägerin) zum Werbungskostenabzug geltend. Ferner begehrten sie, für die Reinigung der Uniformen des Klägers Werbungskosten in Höhe von 180 DM zu berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) erkannte demgegenüber für beide Kläger pauschal jeweils 200 DM zum Werbungskostenabzug an.
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage, mit der die Kläger den vollen Abzug der begehrten Waschkosten verfolgen, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus: Gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) könnten Aufwendungen für Kleidung als typische Kosten der privaten Lebensführung nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Auch wenn es sich bei den zu Hause gewaschenen Kleidungsstücken des Klägers teilweise um typische Berufskleidung gehandelt habe, scheide ein Werbungskostenabzug deshalb aus, weil diese Kleidungsstücke vermischt mit bürgerlicher Kleidung gewaschen worden seien. Die der beruflichen Sphäre zuzuordnenden Waschkosten seien nicht leicht und einwandfrei aus den Gesamtwaschkosten herauszurechnen. Dies gelte auch für die von der Klägerin während der Berufsausübung als Krankenschwester getragene Kleidung. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin bei ihrer Berufsausübung typische Berufskleidung getragen habe.
Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter. Sie weisen u. a. darauf hin, der Bundesfinanzhof (BFH) habe durch Urteil vom 29. Juni 1993 VI R 53/92 (BFHE 171, 527, BStBl II 1993, 838) entschieden, daß Aufwendungen für die Reinigung von typischer Berufskleidung in der privaten Waschmaschine als Werbungskosten abziehbar seien.
Das FA hält die Revision für unzulässig, da die Revisionsbegründungsschrift der Kläger um einen Tag verspätet den BFH erreicht habe.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist zulässig.
Zwar ist die Revisionsbegründungsschrift erst am 22. Februar 1994 und damit um einen Tag verspätet beim BFH eingegangen. Den Klägern ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da die Fristüberschreitung ohne Verschulden der Prozeßbevollmächtigten der Kläger eingetreten ist (§ 56 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Gemäß der als eidesstattliche Versicherung bezeichneten Erklärung der Mitarbeiterin im Büro der Prozeßbevollmächtigten, Frau A, war der Schriftsatz am 18. Februar 1994 (Freitag) vor der letzten Leerung um 17.00 Uhr in den Briefkasten des Postamtes Z eingeworfen worden. Der Senat geht von der Richtigkeit dieser Erklärung aus. Ob die fehlerhafte Postleitzahl -- das Revisionsbegründungsschreiben weist die Postleitzahl ... statt ... aus -- zu einer Postlaufverzögerung geführt hat, kann dahingestellt bleiben. Der Senat wertet diesen Fehler als ein unschädliches Büroversehen, welches der Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegensteht. Er liegt damit auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach welcher der Prozeßbevollmächtigte regelmäßig nicht zu überprüfen hat, ob sein ansonsten zuverlässig arbeitendes Kanzleipersonal die postalische Anschrift einem Schriftsatz zutreffend beigefügt hat (Beschluß vom 2. Mai 1990 XII ZB 17/90, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1991, 307). Im Streitfall sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß das Personal des Prozeßbevollmächtigten nicht zuverlässig ist. Die unzutreffende Hausnummer des BFH (108 statt 109) hat nach der der Senatsgeschäftsstelle erteilten Auskunft des Postamtes jedenfalls nicht zu einer Postlaufverzögerung geführt.
Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Das FG konnte bei seiner Entscheidung noch nicht die neue Rechtsprechung des Senats berücksichtigen, nach der die Aufwendungen für die Reinigung typischer Berufskleidung auch dann als Werbungskosten abziehbar sind, wenn die Reinigung in der privaten Waschmaschine erfolgt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf seine Urteile vom 29. Juni 1993 VI R 77/91 (BFHE 171, 525, BStBl II 1993, 837) und in BFHE 171, 527, BStBl II 1993, 838. Bei Beachtung der Grundsätze dieser Entscheidungen wird das FG bei seinen erforderlichen Feststellungen insbesondere, ggf. durch Einvernahme der Arbeitgeberseite, zu klären haben, ob die Angaben der Kläger zur Häufigkeit der Reinigung zutreffend sind.
Fundstellen