Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Ergänzung des Bewirtungsvordrucks ist zulässig
Leitsatz (NV)
1. Ein Rechtsbehelf, der sich nach seinem klaren Wortlaut nur gegen bestimmte Gewinnfeststellungs- und Umsatzsteuerbescheide richtet, kann nicht dahin ausgelegt werden, daß zugleich die für dieselben Streitjahre ergangenen Gewerbesteuermeßbescheide angefochten werden sollen.
2. Der amtlich vorgeschriebene Bewirtungsvordruck nach §4 Abs. 5 Nr. 2 EStG 1985/1987 kann auch noch nach Ablauf des Geschäftsjahres während des Rechtsbehelfsverfahrens um den Namen der bewirtenden Person ergänzt werden.
Normenkette
AO 1977 § 357 Abs. 3; EStG § 4 Abs. 5 Nr. 2; GewStG § 35b
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG. Im Jahre 1988 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt, die die Jahre 1985 bis 1987 umfaßte. Dabei stellte der Prüfer fest, daß die Bewirtungsaufwendungen auf dem Bewirtungskonto der Klägerin ausgewiesen und wegen der gleichzeitigen Inanspruchnahme der Pauschbeträge für Verpflegungsaufwendungen durch den persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin um ein Drittel gekürzt worden waren. Auf den amtlichen Vordrucken, die im übrigen vollständig ausgefüllt und vom persönlich haftenden Gesellschafter unterschrieben waren, fehlte die Angabe der Personen, die auf seiten der Klägerin an der Bewirtung teilgenommen hatten. Auf eine entsprechende Beanstandung des Prüfers ergänzte die Klägerin die amtlichen Vordrucke für die Bewirtungsaufwendungen aus den Jahren 1983 und 1984 noch während der Außenprüfung um den Namen ihres persönlich haftenden Gesellschafters.
Nach Abschluß der Außenprüfung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) geänderte Gewinnfeststellungs-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermeßbescheide für die Streitjahre 1983 bis 1987. Wegen unzureichender Aufzeichnung der Bewirtungsaufwendungen versagte er insoweit in allen Jahren den Betriebsausgabenabzug und unterwarf die Aufwendungen als Eigenverbrauch gemäß §1 Abs. 1 Nr. 2c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Umsatzsteuer.
Der Erlaß der Änderungsbescheide wurde auf §164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützt. Lediglich die Änderung der Gewerbesteuermeßbescheide für die Jahre 1983 und 1984 erfolgte nach §35b des Gewerbesteuergesetzes (GewStG).
Am 22. September 1988 ging beim FA ein Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin ein, in dem es u.a. heißt:
"Wir beziehen uns auf den Inhalt des Berichts vom ... über die steuerliche Bp. bei der X-KG ... für die Zeit von 1985--1987 einschließlich. Auf der Grundlage dieses Berichts sind folgende Steuerbescheide ergangen:
Nach §164 AO geänderte Feststellungsbescheide für die KG vom ... für die Jahre 1983 und 1984 sowie ... für die Jahre 1985, 1986 und 1987. Nach §164 AO geänderte USt-Bescheide für die KG vom ... für 1983 und 1984 sowie ... für 1985, 1986 und 1987. Gegen sämtliche vorgenannten Verfügungen wird hiermit Einspruch eingelegt. ...
Der Einspruch richtet sich ausschließlich gegen die Feststellungen in Tz. 11 des Bp.-Berichts ... "
Mit ihrem Einspruch wandte sich die Klägerin gegen die Versagung des Betriebsausgabenabzugs für die Bewirtungsaufwendungen. Für die Jahre 1983 und 1984 seien die Belege zwischenzeitlich hinsichtlich der geforderten Angaben ergänzt worden. Im übrigen könne im vorliegenden Fall nicht zweifelhaft sein, daß als bewirtende Person bei der Klägerin allein ihr persönlich haftender Gesellschafter in Betracht komme.
Die Klägerin hat ferner darauf hingewiesen, daß bei einer früheren Außenprüfung, die im Jahr 1982 stattgefunden hat, die in gleicher Weise ausgefüllten Vordrucke über die Bewirtung nicht beanstandet worden seien. Damit habe das FA einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Das Verlangen, auch die bewirtende Person im Vordruck anzugeben, verstoße jedenfalls für die Jahre bis 1986 auch deshalb gegen Treu und Glauben, weil nach dem Wortlaut des als Anlage zu den Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) abgedruckten amtlichen Vordrucken nur die bewirtenden Personen anzugeben gewesen seien.
Das FA behandelte dieses Schreiben auch als Einspruch gegen die geänderten Gewerbesteuermeßbescheide und wies die Einsprüche durch Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 1989 zurück.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Soweit sich die Klage gegen die geänderten Gewerbesteuermeßbescheide richte, sei die Klage unzulässig, weil es insoweit an der Sachentscheidungsvoraussetzung eines abgeschlossenen Vorverfahrens fehle. Das Schreiben vom 16. September 1988 könne nur als Einspruch gegen die geänderten Feststellungsbescheide und Umsatzsteuerbescheide aufgefaßt werden.
Soweit sich die Klage gegen die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide und Umsatzsteuerbescheide richte, sei sie unbegründet. Das FA habe es zu Recht abgelehnt, die geltend gemachten Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (§4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --). Für die Jahre 1985 bis 1987 ergebe sich dies bereits daraus, daß die Angabe der bewirtenden Person fehle. Hinsichtlich der übrigen Streitjahre habe die Klägerin die Vordrucke nachträglich um die fehlende Angabe der bewirtenden Person ergänzt. Gleichwohl sei die Klage auch insoweit abzuweisen, weil der Vordruck insoweit nicht zeitnah erstellt worden sei (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 31. Juli 1990 I R 62/88, BFHE 162, 45, BStBl II 1991, 28).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG; §§182 Abs. 1, 357, 361 Abs. 1 AO 1977; §133 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --).
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die angefochtenen Bescheide in der Weise zu ändern, daß die geltend gemachten Bewirtungsaufwendungen bei der Gewinnfeststellung und bei der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages als Betriebsausgaben berücksichtigt und bei der Umsatzsteuer nicht als Eigenverbrauch angesetzt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nur zum Teil begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es die Gewerbesteuermeßbeträge 1983 bis 1987 sowie die Gewinnfeststellung und die Umsatzsteuer für die Jahre 1983 und 1984 betrifft. Der Klage ist stattzugeben, soweit die Klägerin die Abänderung der Gewinnfeststellungs- und Umsatzsteuerbescheide 1983 und 1984 beantragt. In der Gewerbesteuermeßbetragssache ist der Klage stattzugeben, soweit die Klägerin die Aufhebung der Einspruchsentscheidung beantragt; im übrigen ist die Klage gegen die Gewerbesteuermeßbescheide abzuweisen (§126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Die Revision ist unbegründet, soweit das Finanzgericht (FG) über die Gewinnfeststellung und Umsatzsteuer 1985 bis 1987 entschieden hat (§126 Abs. 2 FGO).
I. Gewerbesteuermeßbeträge 1983 bis 1987
1. Die Revision ist begründet, soweit das FG in der Gewerbesteuermeßbetragssache 1983 bis 1987 entschieden hat. Das FG hat die Klage insoweit zu Unrecht durch Prozeßurteil abgewiesen. Hat die Finanzbehörde über einen vom Steuerpflichtigen nicht oder nicht fristgerecht eingelegten Rechtsbehelf sachlich entschieden, ist die gegen den bestandskräftigen Verwaltungsakt erhobene Klage gleichwohl zulässig (st. Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 24. Juli 1984 VII R 122/80, BFHE 141, 470, BStBl II 1984, 791; vom 3. August 1993 VIII R 82/91, BFHE 174, 24, BStBl II 1994, 561).
2. Der Klageantrag ist im Ergebnis insoweit begründet, als die Klägerin die Aufhebung der Einspruchsentscheidung betreffend die Gewerbesteuermeßbeträge 1983 bis 1987 beantragt hat. Das FA durfte insoweit keine Einspruchsentscheidung gegen die Klägerin erlassen, da sie die Gewerbesteuermeßbescheide nicht mit dem Einspruch angefochten hatte (Senatsurteil in BFHE 174, 24, BStBl II 1994, 561).
3. Im übrigen ist die Klage gegen die Gewerbesteuermeßbescheide 1983 bis 1987 als unbegründet abzuweisen. Die nach §35b GewStG geänderten Gewerbesteuermeßbescheide, die der Klägerin am 23. August und am 6. September 1988 bekanntgegeben wurden, sind bestandskräftig geworden. Sie wurden innerhalb der Einspruchsfrist von einem Monat (§355 Abs. 1 AO 1977) nicht mit dem Einspruch angefochten.
a) Der am 22. September 1988 beim FA eingegangene Einspruch der Klägerin vom 16. September 1988 richtet sich nur gegen die aufgrund der Außenprüfung geänderten Gewinnfeststellungs- und Umsatzsteuerbescheide 1983 bis 1987.
Das Einspruchsschreiben kann nicht dahingehend ausgelegt werden, daß auch die geänderten Gewerbesteuermeßbescheide Gegenstand des Einspruchsverfahrens sein sollten.
Der durch einen sachkundigen Bevollmächtigten -- eine Steuerberatungsgesellschaft -- eingelegte Einspruch betrifft nur die nach §164 AO 1977 geänderten Gewinnfeststellungs- und Umsatzsteuerbescheide 1983 bis 1987. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind damit unmißverständlich bezeichnet (§357 Abs. 3 Satz 1 AO 1977). Das Schreiben vom 16. September 1988 kann nicht in der Weise ausgelegt werden (§§133, 155 BGB), daß auch die Gewerbesteuermeßbescheide 1983 bis 1987 Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens sein sollten. Zwar ist nach der Rechtsprechung derjenige Rechtsbehelf als eingelegt anzusehen, der nach Lage der Sache in Betracht kommt und sachlich den Belangen des Steuerpflichtigen entspricht (BFH-Urteil vom 11. September 1986 IV R 11/83, BFHE 147, 403, BStBl II 1987, 5, m.w.N.). Dieser Auslegungsmaßstab ist jedoch nur dann von Bedeutung, wenn es an einer eindeutigen Erklärung des wirklich Gewollten fehlt (BFH-Urteil vom 9. November 1988 I R 202/84, BFH/NV 1989, 616; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, §357 AO 1977 Rz. 47).
Das Schreiben der Klägerin vom 16. September 1988 ist eindeutig auf die Anfechtung der geänderten Gewinnfeststellungs- und Umsatzsteuerbescheide gerichtet; dabei ist auch zu berücksichtigen, daß der Einspruch von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe eingelegt wurde. Die Beschränkung des Einspruchs auf die Gewinnfeststellungs- und Umsatzsteuerbescheide kann darauf beruhen, daß der Bevollmächtigte im Interesse der Prozeßökonomie auf eine Anfechtung der Gewerbesteuermeßbescheide verzichte, weil er darauf vertraute, daß ein Erfolg des Rechtsbehelfsverfahrens in der Gewinnfeststellungssache gemäß §35b GewStG ohne weiteres zu einer entsprechenden Änderung der formell bestandskräftigen Gewerbesteuermeßbescheide führen werde.
b) Der Umstand, daß die Gewerbesteuermeßbescheide in einer gewissen Abhängigkeit von den Gewinnfeststellungsbescheiden stehen, rechtfertigt es nicht, diese "automatisch" oder im Wege der Auslegung als mitangefochten zu behandeln. Denn durch §35b GewStG sollen gerade unnötige Doppelverfahren vermieden werden: Der Steuerpflichtige soll sich darauf beschränken können, bei einem Streit über die Höhe des Gewinns aus Gewerbebetrieb nur den Einkommensteuer- oder Gewinnfeststellungsbescheid anzufechten. Stellt das FA oder das FG einen niedrigeren Gewinn aus Gewerbebetrieb fest und ist der Rechtsbehelf deswegen erfolgreich, ergibt sich hieraus grundsätzlich die Notwendigkeit einer Folgeänderung (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 1991 X R 48/91, BFHE 166, 367, BStBl II 1992, 351; zum Verhältnis zwischen Feststellungsbescheid und Gewerbesteuermeßbescheid vgl. auch den Senatsbeschluß vom 21. Dezember 1993 VIII B 107/93, BFHE 173, 158, BStBl II 1994, 300; zur Aussetzung der Vollziehung vgl. BFH-Beschluß vom 8. August 1974 IV S 17/74, BFHE 113, 8, BStBl II 1974, 639). Bei einem sachkundig vertretenen Steuerpflichtigen kann deshalb nicht angenommen werden, daß mit der Bezeichnung des Einkommensteuerbescheids oder Gewinnfeststellungsbescheids als Gegenstand des Rechtsbehelfs zugleich der Gewerbesteuermeßbescheid angefochten werden soll.
II. Gewinnfeststellung 1985 bis 1987; Umsatzsteuer 1985 bis 1987
1. FA und FG haben es zu Recht abgelehnt, die in den Streitjahren 1985 bis 1987 bei der Gewinnfeststellung als Betriebsausgaben geltend gemachten Bewirtungskosten gewinnmindernd zu berücksichtigen.
a) Nach §4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung dürfen Aufwendungen für die Bewirtung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, den Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht mindern, soweit sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind oder soweit ihre Höhe und ihre betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen sind. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige gemäß Satz 2 der Vorschrift auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck (Anlage 3a zu den EStR 1975 bis 1987) die folgenden Angaben zu machen: Ort und Tag der Bewirtung, bewirtete Personen, Anlaß der Bewirtung und Höhe der Aufwendungen; hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so ist dem Vordruck die Rechnung über die Bewirtung, die vom Inhaber der Gaststätte unterschrieben sein muß, beizufügen. Diese Form des Nachweises ist eine materielle Tatbestandsvoraussetzung für die gewinnmindernde Berücksichtigung der Bewirtungsaufwendungen (st. Rspr., vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30. Januar 1986 IV R 150/85, BFHE 146, 241, BStBl II 1986, 488; vom 25. Februar 1988 IV R 95/86, BFHE 152, 506, BStBl II 1988, 581; vom 13. Juli 1994 I R 128/93, I R 130/93, BFHE 175, 256, BStBl II 1994, 894).
b) Nach der Rechtsprechung des BFH muß der Vordruck ferner den Namen des an der Bewirtung teilnehmenden bewirtenden Unternehmers enthalten (Urteile in BFHE 146, 241, BStBl II 1986, 488; vom 27. Juni 1990 I R 168/85, BFHE 161, 125, BStBl II 1990, 903, und in BFHE 175, 256, 258, BStBl II 1994, 894). Das ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des §4 Abs. 5 Nr. 2 EStG, der nur die Angabe der "bewirteten Personen" fordert. Die Angabe des Namens des bewirtenden Unternehmers ist jedoch erforderlich, um die betriebliche Veranlassung nachzuweisen (BFHE 146, 241, BStBl II 1986, 488; vgl. jetzt auch die Klarstellung in §4 Abs. 5 Nr. 2 EStG 1990, nach der die "Teilnehmer der Bewirtung" anzugeben sind). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Da die Vordrucke in den Jahren 1985 bis 1987 unstreitig den Namen des bewirtenden persönlich haftenden Gesellschafters nicht enthalten, fehlt eine tatbestandliche Voraussetzung des Betriebsausgabenabzugs.
c) Zu Recht hat das FG es abgelehnt, in der Unterzeichnung des amtlichen Vordrucks durch den Komplementär der Klägerin eine hinreichende Bezeichnung des an der Bewirtung teilnehmenden Unternehmers zu sehen. Denn aus der Unterschrift geht nicht zweifelsfrei hervor, daß der Unterzeichnende selbst an der Bewirtung teilgenommen hat. Bestätigt wird dadurch lediglich die Richtigkeit und Vollständigkeit der in dem Vordruck enthaltenen Angaben. Dem Zweck des §4 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 EStG, ein vollständiges Bild über den Bewirtungsvorgang zu vermitteln, wird dadurch nicht genügt (BFH-Urteile vom 1. Oktober 1992 IV R 96/91, BFH/NV 1993, 408; vom 21. Juli 1993 IV R 45/93, BFH/NV 1995, 206).
d) Der Betriebsausgabenabzug für die streitigen Bewirtungsaufwendungen kann der Klägerin auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gewährt werden. Die Tatsache, daß bei einer Außenprüfung für die Jahre 1978 bis 1980 die unvollständigen Vordrucke über die Bewirtungsaufwendungen zu Unrecht nicht beanstandet wurden, verpflichtet das FA nicht, auch in den Folgejahren auf einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Nachweis der Bewirtungsaufwendungen zu verzichten. Die formellen Anforderungen an den Nachweis der Bewirtungsaufwendungen gehören zu den gesetzlichen Voraussetzungen des Betriebsausgabenabzugs und stehen deshalb nicht zur Disposition der Finanzbehörden; es kommt deshalb nicht darauf an, wann das FA den unzureichenden Nachweis erstmals beanstandet und wie es diese Frage in den Vorjahren behandelt hat (BFH- Urteil in BFH/NV 1994, 367 a.E.).
2. Das FG hat zutreffend entschieden, daß die streitigen Bewirtungsaufwendungen in den Jahren 1985 bis 1987 zur Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch nach §1 Abs. 1 Nr. 2c UStG 1973 heranzuziehen waren. Nach der genannten Vorschrift liegt Eigenverbrauch vor, soweit ein Unternehmer im Inland Aufwendungen tätigt, die nach §4 Abs. 5 Nrn. 1 bis 7 EStG bei der Gewinnermittlung ausscheiden. Nach den Ausführungen unter II. 1. sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des §1 Abs. 1 Nr. 2 c UStG erfüllt. Die streitigen Bewirtungskosten der Klägerin sind nach §4 Abs. 5 Nr. 2 EStG bei den Gewinnermittlungen der Jahre 1985 bis 1987 nicht zu berücksichtigen, weil die Klägerin die amtlichen Vordrucke über die Bewirtungsaufwendungen nicht vollständig ausgefüllt hat.
Die Festsetzungen der Steuer auf den Eigenverbrauch sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Als Bemessungsgrundlage des Eigenverbrauchs hat das FA zutreffend die in den Streitjahren jeweils angefallenen Aufwendungen der Bewirtung angesetzt (§10 Abs. 5 Nr. 3 UStG).
III. Gewinnfeststellung und Umsatzsteuer 1983 und 1984
1. Für die Streitjahre 1983 und 1984 hat die Klägerin die amtlichen Vordrucke nachträglich um den Namen des Bewirtenden (ihres persönlich haftenden Gesellschafters) ergänzt. In der Rechtsprechung war streitig, ob der Betriebsausgabenabzug gewährt werden kann, wenn der Steuerpflichtige in den unvollständig ausgefüllten Vordrucken i.S. des §4 Abs. 5 Nr. 2 EStG die Angaben zur Person des Bewirtenden nachholt.
Während der I. Senat eine nachträgliche Ergänzung um den Namen des Bewirtenden auch noch nach Ablauf des Geschäftsjahrs für zulässig erachtete (vgl. Urteil in BFHE 175, 256, BStBl II 1994, 894), hat der IV. Senat zunächst die Ansicht vertreten, die unterbliebene Angabe des Bewirtenden könne im Rechtsbehelfsverfahren nicht nachgeholt werden (vgl. Urteile in BFH/NV 1993, 408, und in BFH/NV 1995, 206). In seinem Urteil vom 19. März 1998 IV R 40/95 (BFHE 185, 446, BStBl II 1998, 610) hat der IV. Senat seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und ist der vom I. Senat vertretenen Rechtsauffassung gefolgt. Der erkennende Senat schließt sich der nunmehr übereinstimmenden Rechtsprechung des I. und IV. Senats an.
Für die Zulässigkeit einer nachträglichen Ergänzung des Bewirtungsvordrucks um die unterbliebene Angabe des Bewirtenden sprechen insbesondere Form und Inhalt des amtlichen Vordrucks, wie er in den Streitjahren nach dem Muster in Anlage 3a zu den EStR 1975 bis 1987 vorgeschrieben war. Dieser Vordruck enthielt zwar ein Feld für die Angabe der bewirtenden Person(en), nicht aber ein Eintragungsfeld für den Bewirtenden. Auch aus dem Wortlaut des §4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG ging nicht eindeutig hervor, daß der bewirtende Steuerpflichtige im amtlichen Vordruck anzugeben sei. Für den Steuerpflichtigen war deshalb weder aus dem Gesetzestext noch aus dem Muster des amtlichen Vordrucks zweifelsfrei erkennbar, daß für den Betriebsausgabenabzug auch die Angabe der bewirtenden Person erforderlich war. Ein Steuerpflichtiger konnte deshalb nach der in den Streitjahren maßgeblichen Gesetzesfassung und nach dem Inhalt des amtlichen Vordrucks davon ausgehen, seiner Nachweispflicht auch ohne die Angabe des Bewirtenden Genüge getan zu haben. Unter diesen Umständen würde die Versagung einer nachträglichen Ergänzung des Vordrucks um den Namen des Bewirtenden ein treuwidriges Verhalten der Finanzverwaltung darstellen. Mit der Nachholung der unterbliebenen Angabe des Bewirtenden im amtlichen Vordruck wird die Gefahr eines Mißbrauchs beim Abzug von Bewirtungsaufwendungen nicht wesentlich erhöht. Denn es ist grundsätzlich nicht anzunehmen, daß ein Steuerpflichtiger, der den Namen des Bewirtenden zunächst nicht angegeben hat, weil im amtlichen Vordruck nicht danach gefragt wurde, bei der späteren Ergänzung des Vordrucks in der Absicht der Manipulation handelt. Im übrigen ergeben sich für das FA aus der Unterschrift auf dem Bewirtungsvordruck gewisse Anhaltspunkte dafür, ob die nachträgliche Angabe des Bewirtenden den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht (BFH-Urteil in BFHE 185, 446, BStBl II 1998, 610).
IV. Das Urteil des FG beruht, soweit es die Gewinnfeststellung und die Umsatzsteuer 1983 und 1984 betrifft, auf einer abweichenden Rechtsauffassung. Es ist deshalb aufzuheben (§126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Die Sache ist auch insoweit entscheidungsreif. Nach den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils und dem Vorbringen der Beteiligten im Revisionsverfahren ist davon auszugehen, daß die Bewirtungsvordrucke der Jahre 1983 und 1984 alle nach §4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG erforderlichen Angaben enthalten. Die streitigen Bewirtungsaufwendungen sind deshalb als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Der Ansatz eines Eigenverbrauchs ist insoweit nicht gerechtfertigt. Der Klage gegen die geänderten Gewinnfeststellungs- und Umsatzsteuerbescheide 1983 und 1984 ist stattzugeben (§126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
Fundstellen
BFH/NV 1999, 596 |
DStZ 1999, 377 |
HFR 1999, 453 |