Entscheidungsstichwort (Thema)
Zufluß von Betriebseinnahmen - Abtretung
Leitsatz (amtlich)
Leistet eine Vermögensberatungsgesellschaft im Rahmen eines Versorgungswerks zugunsten ihrer selbständig tätigen Anlageberater Zahlungen an eine Anlagegesellschaft (Immobilienobjekt) zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen, so sind die Zahlungen bei den Anlageberatern in dem Zeitpunkt als Betriebseinnahmen zugeflossen, in dem sie bei der Anlagegesellschaft eingehen.
Orientierungssatz
1. Ein Zufluß i.S. von § 11 Abs. 1 EStG liegt erst mit der tatsächlichen Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein in Geld oder Geldeswert bestehendes Wirtschaftsgut vor. Die Form des Übergangs der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ist unerheblich. Der Steuerpflichtige erlangt diese auch dann, wenn wenn der Geldwert oder Sachwert an einen Dritten für Rechnung des Steuerpflichtigen geleistet wird. Das "Behaltendürfen" des Zugeflossenen ist nicht Merkmal des Zuflusses. Auch hindern Verfügungsbeschränkungen grundsätzlich den Zufluß nicht. Dies gilt nicht nur für nachträgliche Verfügungsbeschränkungen, sondern auch für im Leistungszeitpunkt bereits bestehende.
2. Betriebseinnahmen sind alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Betrieblich veranlaßt ist die Zuwendung von Vermögenswerten dann, wenn ein objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Der Begriff der "betrieblichen Veranlassung" wird von der Rechtsprechung des BFH im gleichen Sinn verwendet wie bei den Betriebsausgaben.
3. Eine Abtretung setzt die Verfügungsberechtigung des Abtretenden voraus.
4. Parallelentscheidung: BFH, 1.10.1993, III R 33/92, NV.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 3, § 11 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Vermögensberater für die A-Vermögensberatungs-AG --später B- Vermögensberatungs-AG-- (AG) selbständig tätig. Er ermittelt seinen Gewinn durch Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nach § 4 Abs.3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die AG bietet ihren Vermögensberatern im Rahmen eines "Versorgungswerks" als freiwillige Leistung zwei Versorgungsleistungen an, die sog. Grundversorgung und die sog. Aufbauversorgung.
Die Grundversorgung besteht in der Übernahme von Beitragszahlungen zu einer Kapital-Lebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, die der Vermögensberater bei der C-AG abzuschließen hat. Diese Leistungen erhalten Vermögensberater der AG, die einen bestimmten Mindestumsatz erbracht haben.
Erbringt ein Vermögensberater über diese Mindestleistung hinaus weitere, im einzelnen festgelegte Mehrleistungen, so erhält er Gelegenheit zur Teilnahme an der Aufbauversorgung des Versorgungswerks. Nach den "Bedingungen zur Aufbauversorgung" erbringt die AG die Leistungen zu dieser Versorgung, deren Höhe und Modalitäten von ihr jeweils im Dezember eines Jahres für die abgelaufene Zeit bekanntgegeben werden, nach ihrer Wahl durch Zahlungen an die D-GmbH oder an die E-AG oder an eine andere von ihr jeweils bekanntzugebende Einrichtung, die ihr für eine solche Vermögensanlage zweckmäßig und geeignet erscheint. Zur Durchführung der Einzahlungen werden Konten auf den Namen der AG unter Beifügung des Namens des jeweiligen Vermögensberaters eingerichtet.
Mit Vollendung des 60.Lebensjahres bzw. mit Eintritt des Versicherungsfalls in der Grundversorgung erlangt der Vermögensberater "die uneingeschränkte Verfügungsberechtigung über seine im Rahmen der Aufbauversorgung begründeten Konten". Endet der Vermögensberatervertrag vorher aus anderen Gründen, ist der Vermögensberater verpflichtet, diejenigen Mittel aus der Aufbauversorgung an die AG zurückzuerstatten, die ihm innerhalb der letzten 60 Monate vor Vertragsbeendigung zur Verfügung gestellt wurden; zur Sicherung dieses Rückgewähranspruchs tritt der Vermögensberater seine Ansprüche gegen diejenige Einrichtung an die AG ab, an die die Mittel zur Aufbauversorgung geflossen sind.
Außerdem ist in Nr.5 der "Allgemeinen Bedingungen" zum Versorgungswerk ausgeführt:
"Das Versorgungswerk verfolgt auch das Ziel, dem Vermögensberater einen
Ausgleich zu verschaffen für die Ausgleichsregelung der §§ 89b, 92 HGB,
wobei aber auf einen evtl. Ausgleichsanspruch jedenfalls sämtliche dem
Vermögensberater aus dem Versorgungswerk zufließenden Leistungen
aufgerechnet würden, zumindest aber diejenigen Aufwendungen, die die
Gesellschaft für ihn mittelbar oder unmittelbar zum Erwerb der Rechte aus
dem Versorgungswerk (Grund- und Aufbauversorgung) erbracht hat."
Mit den Bedingungen des Versorgungswerks erklärt sich der Vermögensberater
durch die Annahme der Leistungen, die die AG in das Versorgungswerk
einbringt, einverstanden.
Mit Schreiben vom 10.November 1978 und vom 17.Dezember 1981 bestätigte die
AG dem Kläger die Aufnahme in das Versorgungswerk ab 1.Dezember 1978. Mit
weiteren Schreiben vom 15.Juni 1983 und 17.November 1983 bestätigte die AG
dem Kläger noch einmal die Aufnahme in das Versorgungswerk ab 1.Dezember
1982 bzw. 1.November 1983.
Mit einem gesonderten Schreiben vom 17.November 1983 teilte die AG dem
Kläger außerdem mit, daß das "Immobilienobjekt F" in das Versorgungswerk
einbezogen worden sei. Hierbei handelt es sich um eine Unterbeteiligung an
einem Kommanditanteil an der F-GmbH & Co. KG. Die Unterbeteiligung ist als
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gestaltet. Mitglieder der GbR sind
ausschließlich Vermögensberater der AG.
Nach § 1 Nr.1 des Gesellschaftsvertrags bezweckt die GbR die wirtschaftliche Beteiligung an der Kommanditbeteiligung unter Einsatz der aus der Aufbauversorgung des Versorgungswerks der AG stammenden Geldmittel. Nach § 4 erbringt jeder Gesellschafter seine Einlage nur in der Form, daß er die AG anweist, Beträge, die ihm jeweils aus der Aufbauversorgung zugute kommen, unmittelbar zugunsten seiner Gesellschafterkonten an die GbR zu zahlen. Eine Abtretung oder Verpfändung der Beteiligung ist nicht zulässig (§ 15).
Im Anschluß an eine Betriebsprüfung setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) auch die Beträge, die die AG in den einzelnen Streitjahren (1981-1984) zur Aufbauversorgung des Klägers geleistet hatte, als Betriebseinnahmen beim Kläger in den Jahren der Zahlung (durch die AG) an. Auf dieser Grundlage erließ das FA geänderte Gewerbesteuermeßbescheide für die Streitjahre 1981 bis 1984.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) nahm zur Begründung im wesentlichen Bezug auf sein Urteil vom selben Tage betreffend die Klage des Klägers und seiner Ehefrau wegen Einkommensteuer 1981 bis 1984. In jenem Urteil hat das FG zunächst entschieden, daß die Leistungen, die die AG im Rahmen des Versorgungswerks zugunsten des Klägers erbracht hat, für diesen Betriebseinnahmen darstellten. Weiter gelangte es zu der Auffassung, daß diese Einnahmen dem Kläger bereits in den Streitjahren zugeflossen sind. Der Kläger habe die Verfügungsmacht über den jeweiligen Jahresbetrag mit der Annahme der Leistungen bzw. mit der Konkretisierung der Leistungen durch die (jeweiligen) Vertragspartner erlangt. Die Vereinbarungen über eine mögliche Zurückerstattung oder Verrechnung mit eventuellen Ansprüchen des Klägers nach §§ 89b, 92 des Handelsgesetzbuches (HGB) stünden dem nicht entgegen.
Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er trägt im wesentlichen vor:
Das FG gehe zu Unrecht davon aus, daß die Aufbauversorgung ein Teil des Prämiensystems der AG sei. Die Aufbauversorgung sei vielmehr eine Rückdeckungsversicherung. Die AG wolle auf diese Weise den Ausgleichsanspruch nach §§ 89b, 92 HGB sicherstellen. Es handele sich somit um Leistungen der AG, die ihm, dem Kläger, nicht zugerechnet werden könnten. Ein Zufluß könne bei ihm nicht angenommen werden. Es sei im übrigen zu prüfen, ob ein Zufluß nicht allenfalls erst dann in Betracht komme, wenn aus der Aufbauversorgung Versorgungsleistungen gewährt würden (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.Dezember 1988 I R 44/83, BFHE 155, 368, BStBl II 1989, 323, 325).
Die strittigen Zahlungen seien im übrigen bei Instituten angelegt worden, die von der AG gegründet und verwaltet würden.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und Abänderung der angefochtenen Bescheide die Zahlungen aus der Aufbauversorgung nicht als Betriebseinnahmen zu erfassen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß auch die von der AG für die Aufbauversorgung des Klägers erbrachten Leistungen als Gewinn aus dessen Gewerbebetrieb in den Streitjahren zu berücksichtigen sind.
Gemäß § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14 Abs.2 GewStG) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge.
a) Zutreffend hat das FG zunächst entschieden, daß es sich bei den streitigen Zahlungen der AG um gewinnerhöhende Einnahmen aus betrieblicher Tätigkeit des Klägers handelt.
Der Einkommensteuer unterliegen alle Einkünfte, die der Steuerpflichtige im Rahmen der in § 2 Abs.1 EStG aufgeführten Einkunftsarten erzielt. Einkünfte sind die Vermögensmehrungen, die nach § 2 Abs.2 EStG als Gewinn oder als Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln sind. Gewinn ist im Rahmen der Überschußrechnung der Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4 Abs.3 EStG; BFH-Urteil vom 22.Juli 1988 III R 175/85, BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995).
Betriebseinnahmen sind alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlaßt sind. "Betrieblich" veranlaßt ist die Zuwendung von Vermögenswerten dann, wenn ein objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Der Begriff der "betrieblichen Veranlassung" wird von der Rechtsprechung des BFH im gleichen Sinn verwendet wie bei den Betriebsausgaben (§ 4 Abs.4 EStG; BFH-Urteil vom 20.April 1989 IV R 106/87, BFHE 157, 118, BStBl II 1989, 641). Bei Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze sind die auf die Investmentkonten und auf die Kapitalkonten des Klägers bei der GbR durch die AG gezahlten streitigen Beträge beim Kläger betrieblich veranlaßt und somit als Betriebseinnahmen zu berücksichtigen.
Es ergibt sich insoweit kein Unterschied zu den im Rahmen der Grundversorgung geleisteten Beitragszahlungen zur Kapital- Lebensversicherung (mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung), die auch nach Ansicht des Klägers betrieblich veranlaßt sind.
Sämtliche Leistungen, die die AG im Rahmen des Versorgungswerks zugunsten des Klägers erbringt, haben, wie das FG zu Recht ausführt, ihre Wurzel in den geschäftlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der AG. Die Gewährung von Leistungen nach dem Versorgungswerk setzt die Erbringung bestimmter betrieblicher Ergebnisse voraus. In ihren Genuß kommt nur der Vermögensberater, der bestimmte Mindestumsätze bzw. darüber hinausgehende Mehrumsätze erbringt. Damit handelt es sich um Betriebseinnahmen; denn Betriebseinnahme ist letztlich jeder wirtschaftliche Vorteil, den der Steuerpflichtige aus betrieblichen Gründen erlangt. Dabei ist ohne Bedeutung, daß die AG sich nicht zur Leistung der Grund- und Aufbauversorgung verpflichtet, sondern die entsprechenden Leistungen jeweils "freiwillig" erbracht hat. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang lediglich, daß die tatsächlich erbrachten Leistungen jeweils dem Kläger zukommen sollten.
b) Die Leistungen der AG im Rahmen des Versorgungswerks sind dem Kläger auch bereits in den Streitjahren als Betriebseinnahmen i.S. des § 11 Abs.1 Satz 1 EStG zugeflossen.
Nach dieser Vorschrift sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Der Begriff "Zufließen" in § 11 Abs.1 Satz 1 EStG ist nach ständiger Rechtsprechung wirtschaftlich auszulegen. Danach liegt ein Zufluß erst mit der tatsächlichen Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein in Geld oder Geldeswert bestehendes Wirtschaftsgut vor; das ist in der Regel der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs oder der Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen (s. aus jüngerer Zeit BFH-Urteil vom 21.November 1989 IX R 170/85, BFHE 159, 72, BStBl II 1990, 310). Die Form des Übergangs der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ist unerheblich. Der Steuerpflichtige erlangt diese auch dann, wenn der Geld- oder Sachwert an einen Dritten für Rechnung des Steuerpflichtigen geleistet wird (Birk in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 11 EStG Anm.36 m.w.N.). Ob im Einzelfall die wirtschaftliche Verfügungsmacht übergegangen ist, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Falles.
Nach diesen Grundsätzen ist das FG zu Recht davon ausgegangen, daß auch die Leistungen im Rahmen der Aufbauversorgung dem Kläger bereits in den jeweiligen Streitjahren zugeflossen sind.
aa) Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Zufluß der Leistungen zur Aufbauversorgung nicht bereits deswegen (in den Streitjahren) ausgeschlossen, weil es sich insoweit um Sondertatbestände der Zukunftssicherung handele, bei denen erst ein Zufluß mit dem Erhalt der Versorgungsbezüge selbst angenommen werden könne.
Es ist zwar für den Bereich der Vermögensbildung und Zukunftssicherung von Arbeitnehmern anerkannt, daß eine Versorgungszusage als solche noch keinen Zufluß eines geldwerten Vorteils darstellt und daß in Beiträgen zu einer Rückdeckungsversicherung noch keine zugeflossenen Einnahmen gesehen werden können (s. z.B. Birk in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 11 EStG Anm.69 i.V.m. § 19 EStG Anm.266, mit zahlreichen Hinweisen).
Doch handelt es sich im Streitfall nicht um derartige oder auch nur vergleichbare Gestaltungen. Entgegen der Auffassung des Klägers dienen die Leistungen im Rahmen des Versorgungswerks nicht dazu, der AG lediglich die Mittel zur Erfüllung einer zugesagten Versorgung oder des dem Kläger möglicherweise nach §§ 89b, 92 HGB zustehenden Ausgleichsanspruchs zu verschaffen.
(1) Die Grundversorgung und die Aufbauversorgung dienen nicht einer erst in der Zukunft einzulösenden Versorgungszusage der AG. Eine solche Versorgungszusage der AG gibt es nicht. Von daher liegen die streitigen Leistungen auch nicht im überwiegenden Interesse der AG. Sie sollen vielmehr unmittelbar und "direkt" die spätere Versorgung der Vermögensberater absichern helfen.
Diese erwerben --wie auch der Kläger-- aufgrund der Leistungen der AG eigene Rechte und Ansprüche gegen die Investmentgesellschaften oder die GbR. Damit steht die vorliegende Versorgungsregelung einer Direktversicherung (zu dieser Art der Zukunftssicherung insbesondere von Arbeitnehmern s. z.B. Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 19 EStG Anm.275 ff., mit zahlreichen Hinweisen) weit näher als einer Pensionszusage im Sinne des vom Kläger genannten Urteils in BFHE 155, 368, BStBl II 1989, 323. Die Versorgungsregelung der AG stellt sich --wirtschaftlich betrachtet-- so dar, als ob die AG dem Kläger Mittel zur Verfügung stellt und dieser sie dann zum Erwerb seiner Zukunftssicherung verwendet (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 7.Februar 1990 X R 36/86, BFHE 161, 16, BStBl II 1990, 1062).
(2) Auch soweit das Versorgungswerk das Ziel verfolgen soll, dem Kläger einen "Ausgleich" für die Ausgleichsregelung der §§ 89b, 92 HGB zu verschaffen, ergibt sich nichts anderes.
Dabei kann der Senat --wie auch schon das FG-- offenlassen, ob eine derartige Einschränkung der Ansprüche aus § 89b HGB zivilrechtlich zulässig ist. Denn auch bei einer wirksamen Einschränkung dieses Ausgleichsanspruchs gegenüber der AG zeigt sich, daß deren Leistungen in den Streitjahren im Interesse des Klägers und für ihn erbracht wurden. Anstelle von Ansprüchen an die AG (nach § 89b HGB) sollen ihm dann wenigstens solche an die C-AG, die Investmentgesellschaften oder die GbR (aufgrund des Versorgungswerks) zustehen.
Auch die Regelung, daß der Kläger sich auf einen evtl. Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB zumindest diejenigen Aufwendungen anrechnen lassen muß, die die AG für ihn mittelbar oder unmittelbar zum Erwerb der Rechte aus dem Versorgungswerk (Grund- und Aufbauversorgung) erbracht hat, bestätigt dieses Ergebnis. Denn eine solche Anrechnung setzt die vorherige Zurechnung zwangsläufig voraus.
bb) Nach alledem verbleibt es bei Anwendung der allgemeinen Grundsätze des § 11 Abs.1 Satz 1 EStG.
Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger --wie das FG meint-- die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Leistungen der AG bereits durch die Annahme des Angebots des Versorgungswerks oder die Konkretisierung der Leistung durch Bekanntgabe der Höhe der jeweiligen Jahresleistung erlangt hat. Denn ein Zufluß ist spätestens bei Gutschrift der vom Betriebsprüfer in den einzelnen Streitjahren festgestellten Zahlungen auf den jeweiligen Konten anzunehmen (BFH-Urteil vom 14.Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480).
Dies gilt zunächst für die den Investmentkonten gutgeschriebenen Beträge. Zwar sind diese Konten auf den Namen der AG eingerichtet worden, während auf den jeweiligen Vermögensberater nur ein Zusatz hinweist. Dies steht jedoch der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Konten nicht entgegen, da es auf die äußere Form nicht ankommt. Entscheidend ist, daß nach den zwischen dem Kläger und der AG getroffenen Vereinbarungen bzw. den Bedingungen des Versorgungswerks die Einzahlung auf den Investmentkonten wirtschaftlich für den Kläger erfolgte. Wie sich aus den "Bedingungen zur Aufbauversorgung" ergibt, erbringt die AG ihre Leistungen zur Aufbauversorgung (an die Vermögensberater) nämlich in Form von Zahlungen u.a. auf Investmentkonten.
Das macht deutlich, daß auf diese Weise die Versorgungsleistungen bereits bei der AG abfließen und nicht etwa in ihrem wirtschaftlichen Verfügungsbereich verbleiben sollten. Durch die Einzahlung auf die Investmentkonten erfüllt die AG dem Kläger zustehende Ansprüche durch Leistung an einen Dritten. Mit der Gutschrift auf den Anlagekonten erlangt der Kläger einen Rechtsanspruch gegen die jeweilige Anlagegesellschaft. Das ergibt sich schon daraus, daß nach Nr.4 der "Bedingungen zur Aufbauversorgung" der jeweilige Vermögensberater seine Ansprüche gegen die Anlagegesellschaft an die AG abzutreten hat. Eine Abtretung setzt nämlich die Verfügungsberechtigung des Abtretenden voraus, ohne daß es auf den Ablauf der einzelnen Rechtsgeschäfte ankäme (BFH-Urteil vom 9.Juli 1987 IV R 87/85, BFHE 150, 345, BStBl II 1988, 342). Die Abtretung ist demnach Einkommensverwendung als Ausübung der bereits erlangten wirtschaftlichen Verfügungsmacht (vgl. hierzu auch das BFH-Urteil vom 24.März 1993 X R 55/91, BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499, zur Gutschrift von bereits verdienten und fälligen Provisionen eines Versicherungsvertreters auf einem Kautionskonto).
Auch soweit die AG auf die Kapitalkonten des Klägers bei der GbR gezahlt hat, ist ein Zufluß i.S. des § 11 Abs.1 Satz 1 EStG anzunehmen. Dies erklärt sich schon daraus, daß es sich insoweit um Konten des Klägers handelt. Insofern kann nichts anderes gelten als bei Überweisungen auf ein Girokonto oder bei der Gutschrift auf dem Anlagekonto eines stillen Gesellschafters. Die Gutschrift auf einem Konto des Empfängers führt stets zum Zu- und Abfluß (BFH-Urteil vom 9.Mai 1984 VI R 63/80, BFHE 141, 50, BStBl II 1984, 560; Birk in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 11 EStG Anm.46, 64). Hinzu kommt, daß der Kläger nach § 4 des Vertrages zur Begründung der Unterbeteiligung die AG sogar anzuweisen hat, die ihm aus der Aufbauversorgung zustehenden Beträge auf sein Gesellschafterkonto einzuzahlen.
Der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht in den Streitjahren steht weiter nicht entgegen, daß nach den "Bedingungen zur Aufbauversorgung" bei vorzeitiger Beendigung des Vermögensberatervertrages eine Rückzahlungspflicht in Betracht kommt. Denn die Verfügungsmacht muß nicht endgültig sein. Das "Behaltendürfen" des Zugeflossenen ist nicht Merkmal des Zuflusses i.S. des § 11 Abs.1 Satz 1 EStG (BFH-Urteil vom 13.Oktober 1989 III R 30-31/85, BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287).
Es ist schließlich auch unschädlich, daß der Kläger nach den "Bedingungen zur Aufbauversorgung" bis auf weiteres über seine im Rahmen der Aufbauversorgung begründeten Konten nicht uneingeschränkt verfügungsberechtigt ist. Verfügungsbeschränkungen hindern grundsätzlich den Zufluß nicht. Dies gilt nicht nur für nachträgliche Verfügungsbeschränkungen, sondern auch für im Leistungszeitpunkt bereits bestehende (Blümich/Glenk, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 14.Aufl., § 11 EStG Rz.16). So führt etwa auch die Zahlung des Schuldners auf ein vom Steuerpflichtigen einem Kreditinstitut zur Sicherheit verpfändetes Bankkonto zum Zufluß. Denn die rechtsgeschäftliche Verpfändung setzt voraus, daß der Steuerpflichtige als Gläubiger selbst Verfügungsberechtigter des Guthabens geworden ist (BFH-Urteil in BFHE 150, 345, BStBl II 1988, 342). Beruht eine Verfügungsbeschränkung auf einer freien Vereinbarung, ist bereits in der Vereinbarung eine Verfügung zu sehen (BFH-Urteil vom 23.April 1980 VIII R 156/75, BFHE 131, 41, BStBl II 1980, 643).
Fundstellen
BStBl II 1994, 179 |
BFHE 172, 445 |
BB 1994, 131 (L) |
DB 1994, 307-309 (LT) |
DStR 1994, 240 (KT) |
DStZ 1994, 154 (KT) |
HFR 1994, 200-201 (LT) |
StE 1994, 26 (K) |
WPg 1994, 247 (L) |
StRK, R.45 (LT) |
FR 1994, 149 (KT) |
BetrAV 1994, 82 (L) |