Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Pfändungsverfügung
Leitsatz (NV)
Zur Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Pfändungsverfügung, die eine mangels Forderung nicht bestehende Höchstbetragshypothek zum Gegenstand hatte, aufgrund einer Fortsetzungsfeststellungsklage.
Normenkette
FGO § 100 Abs. 1 S. 4; BGB §§ 1093, 1113, 1184, 1190 Abs. 3
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb von seiner Mutter - durch notariellen Schenkungsvertrag vom 19. August 1981 - das Eigentum an dem Grundstück in B, an dem die Mutter des Klägers dessen Vater am 8. Juli 1981 ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt hatte. Außerdem war zugunsten des Vaters eine Höchstbetragshypothek in Höhe von 600 000 DM eingetragen. Der Kläger verkaufte das Grundstück durch notariellen Vertrag vom 17. September 1982. In diesem Vertrag verzichtete der Vater auf das zwischenzeitlich eingetragene Wohnrecht und auf die Höchstbetragshypothek.
Mit Verfügung vom 24. September 1982 hatte das Finanzamt (FA) in E wegen Steuerrückständen des Vaters in Höhe von 135 573,20 DM eine ,,angebliche Forderung" des Vaters gegenüber dem Kläger ,,zusammen mit der zur Sicherung dieser Forderung" eingetragenen Hypothek (Höchstbetragshypothek) gepfändet. Die Pfändung war am 28. Oktober 1982 im Grundbuch eingetragen worden. Nachdem der Prozeßbevollmächtigte des Klägers sich gegen die Pfändung gewandt und vorgeschlagen hatte, vom Kaufpreis 150 000 DM auf dem Notaranderkonto zu belassen, bis geklärt sei, ob die Pfändung der Höchstbetragshypothek Bestand habe, und außerdem erklärt hatte, es bestehe Einigkeit, daß mit einer Aufhebung der Pfändung nicht eine Aufgabe des Rechtsstandpunkts des FA verbunden sei und daß ein etwa an der Höchstbetragshypothek tatsächlich bestehendes Pfandrecht sich am Erlös - aus dem Grundstücksverkauf - fortsetze, hob das nunmehr als zuständig angesehene FA in B die Pfändungsverfügung auf und bewilligte die Löschung der Pfändung im Grundbuch, um die Durchführung des Kaufvertrages nicht zu behindern.
Die daraufhin vom Kläger gegen das FA in B beim Landgericht erhobene Klage auf Freigabe des festgelegten Betrags führte zur Verweisung des Rechtsstreits an das Finanzgericht (FG). Auf Anregung des FG wurde die Klage dahin geändert, daß sie gegen den Beklagten und Revisionsbeklagten (FA O) gerichtet wurde.
Das FG wies die Klage mit dem Antrag, festzustellen, daß die Pfändung der Höchstbetragshypothek sich nicht am Erlös aus der Veräußerung des Grundstücks fortsetze, ab. Zur Begründung führte es folgendes aus:
Der streitbefangene Kaufpreisanteil stehe dem FA O zu. Das Wohnrecht des Vaters sei mit der Höchstbetragshypothek wirksam gepfändet worden. Der Vater des Klägers habe zwar am 17. September 1982 in dem Grundstückskaufvertrag auf das Wohnrecht verzichtet. Der Verzicht sei aber erst mit der Löschung des Wohnrechts im Grundbuch am 2. Juni 1983 wirksam geworden. Zur Zeit der Pfändung des Wohnrechts und der Höchstbetragshypothek durch Verfügung vom 24. September 1982 und der Eintragung der Pfändung im Grundbuch hätten diese Rechte also noch bestanden. In der Pfändungsverfügung seien sowohl die Forderung (Wohnrecht) als auch die Hypothek gepfändet worden. Die Höchstbetragshypothek habe der Sicherung des Wohnrechts gedient. Da das Wohnrecht im Grundbuch eingetragen gewesen sei, habe nicht schon die Verzichtserklärung des Vaters in dem Grundstückskaufvertrag dazu geführt, daß die Höchstbetragshypothek zur Eigentümergrundschuld geworden sei.
Zur Begründung seiner Revision führt der Kläger im wesentlichen aus, hinter der Höchstbetragshypothek habe keine Forderung gestanden, so daß sie von Anfang an eine Eigentümergrundschuld gewesen sei.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß die Pfändung der Höchstbetragshypothek sich nicht am Erlös aus der Veräußerung des Grundstücks fortsetze.
Das FA O beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Es ist der Auffassung, daß die Pfändung der Höchstbetragshypothek wirksam gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Feststellung, daß die Pfändung hinsichtlich der Höchstbetragshypothek rechtswidrig ist.
1. Den Ausführungen des Klägers ist zu entnehmen, daß er mit der Klage die Feststellung anstrebt, die Pfändung hinsichtlich der Höchstbetragshypothek sei rechtswidrig. Ist sie rechtswidrig, so kann sich diese Pfändung nicht rechtmäßig an dem streitbefangenen Teil des Erlöses aus dem Grundstücksverkauf fortsetzen. Danach kommt es nicht darauf an, ob durch das Verhalten des FA O und des Prozeßbevollmächtigten des Klägers überhaupt erreicht worden ist, daß die Pfändung hinsichtlich dieses Teils des Erlöses fortwirkt.
2. Die Klage mit dem bezeichneten Feststellungsantrag ist zulässig. Die Zulässigkeit ergibt sich aus § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die streitbefangene Pfändungsverfügung ist ein Verwaltungsakt im Sinn dieser Vorschrift. Sie hat sich dadurch i. S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO erledigt, daß sie aufgehoben und die Eintragung im Grundbuch gelöscht worden ist. Für die Zulässigkeit der Klage ist unschädlich, daß die Erledigung schon vor Klageerhebung eingetreten ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 7. August 1979 VII R 14/77, BFHE 128, 346, BStBl II 1979, 708).
Ein berechtigtes Interesse an der geforderten Feststellung ist dem Kläger deshalb zuzugestehen, weil die Folgen der Pfändung noch nicht beseitigt sind und die Feststellung geeignet ist, zur Beseitigung der Folgen beizutragen.
3. Die Feststellungen des FG rechtfertigen auch die Entscheidung, daß die Klage begründet ist.
Die Pfändungsverfügung ist, soweit sie die Höchstbetragshypothek betrifft, rechtswidrig, weil entgegen der Auffassung des FG eine Höchstbetragshypothek zugunsten des Vaters des Klägers mangels Forderung nicht bestanden hat und eine zugrunde liegende Forderung nicht gepfändet werden konnte. Die Höchstbetragshypothek gilt kraft Gesetzes als Sicherungshypothek und ist als solche streng forderungsabhängig - akzessorisch - (§ 1190 Abs. 3, § 1184 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB).
Das FG hat verkannt, daß das Wohnrecht nicht eine Forderung ist, für die nach § 1113 BGB eine Hypothek bestellt werden kann. Nach § 1113 BGB kann eine Hypothek nur für eine Geldforderung bestellt werden (vgl. Eickmann in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 1981, § 1113 Rdnr. 39; Scherübl in Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., Rz. 31). Das Wohnrecht oder Wohnungsrecht (vgl. § 1093 BGB) beinhaltet nicht eine auf einen Geldbetrag gerichtete Forderung im vorgenannten Sinne. Es verleiht vielmehr ein Recht auf Nutzung eines Gebäudes oder eines Teiles davon als Wohnung und gehört zu den beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten (§ 1093 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Eine der Hypothek zugrunde liegende Forderung besteht auch nicht, wenn das FA O, wie es vorträgt, den Verzicht des Vaters des Klägers auf das Wohnrecht angefochten und dadurch nach dem Anfechtungsgesetz (AnfG) einen Wertersatzanspruch (vgl. dazu Urteil des erkennenden Senats vom 31. Juli 1984 VII R 151/83, BFHE 142, 99, BStBl II 1985, 31) erlangt hat. Nach der in den Vollstreckungsakten befindlichen Ablichtung der Urkunde über die Bestellung des Wohnrechts und der Eintragung einer Höchstbetragshypothek vom 8. Juli 1981, auf die das FG hinweist, sollte die Höchstbetragshypothek einen bedingten Anspruch auf Rückforderung einer geleisteten Mietzahlung sichern. Daraus ergibt sich, daß die Hypothek - entgegen der Auffassung des FG - nicht (unzulässigerweise) zur Sicherung des Wohnrechts bestellt worden ist. Bei dieser Sachlage konnte eine Anfechtung des Verzichts auf das Wohnrecht auch dann nicht zur Entstehung der Höchstbetragshypothek führen, wenn durch sie ein Wertersatzanspruch im vorgenannten Sinne entstanden ist. Im übrigen könnte ein Wertersatzanspruch auch deshalb nicht Grundlage der Höchstbetragshypothek werden, weil er sich lediglich aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem FA O und dem Vater des Klägers ergeben könnte.
Das in der Pfändungsverfügung bezeichnete Grundpfandrecht war vielmehr eine Eigentümergrundschuld, die dem Kläger und nicht dessen Vater zustand. Eine Pfändung dieses Grundpfandrechts kam nicht in Betracht und ist auch nicht erfolgt.
4. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob eine Pfändung des Wohnrechts erfolgt und ob sie rechtmäßig ist. Denn dem Klageantrag kann nicht entnommen werden, daß der Kläger auch eine Feststellung dahin begehrt, die Pfändung des Wohnrechts sei rechtswidrig. Dem Klageantrag kann nur ein Begehren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Pfändung hinsichtlich der Höchstbetragshypothek entnommen werden.
Im übrigen erscheint es auch bedenklich, ob der Pfändungsverfügung eine Pfändung des Wohnrechts entnommen werden kann. Nach dem Wortlaut der Pfändungsverfügung sollte die ,,angebliche Forderung" des Vaters des Klägers gepfändet werden, zu deren Sicherung die Hypothek bestellt worden ist. Selbst wenn darin eine hinreichend bestimmte Bezeichnung der zu pfändenden Forderung zu erblicken ist, so ergeben sich mit Rücksicht auf den aufgezeigten Inhalt der Urkunde über die Bestellung des Wohnrechts und der Eintragung der Höchstbetragshypothek zumindest Zweifel, ob das Wohnrecht als gepfändet angesehen werden kann.
Fundstellen
Haufe-Index 414552 |
BFH/NV 1987, 780 |