Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung einer Steuerforderung im Konkurs
Leitsatz (NV)
Wird der Feststellungsbescheid i.S. des § 251 Abs. 3 AO 1977 auf einen anderen als den zur Konkurstabelle angemeldeten und erörterten Grund gestützt oder wird ein höherer Betrag beansprucht, so ist der Bescheid mangels Feststellungsinteresses des Finanzamts insoweit aufzuheben. Das FG hat die Übereinstimmung zwischen angemeldeter und festgestellter Steuerforderung als Sachurteilsvoraussetzung im Verfahren über den Feststellungsbescheid zu prüfen.
Normenkette
AO 1977 § 251 Abs. 3; KO §§ 139, 141, 146 Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Konkursverwalter in dem über das Vermögen der N.-Baugesellschaft (KG) am . . . 1976 eröffneten Konkursverfahren.
Mit Vertrag vom . . . 1975 hatte die KG Liegenschaften an die L-Gesellschaft verkauft. Als Kaufpreis waren . . . DM vereinbart. Mit einem weiteren Vertrag von 1976 hatten die Vertragsparteien eine Herabsetzung des Kaufpreises um . . . DM vereinbart.
Durch Umsatzsteuervoranmeldung vom 5. November 1975 hatte die KG für den vereinbarten Kaufpreis von . . . DM eine Umsatzsteuervorauszahlung von . . . DM angemeldet, die jedoch von ihr nicht entrichtet wurde. Mit einer weiteren Umsatzsteuervoranmeldung vom 19. Juli 1976 wurde die Bemessungsgrundlage in Höhe der Kaufpreisminderung von . . . DM berichtigt; dies führte zu einer negativen Umsatzsteuer von . . . DM.
Am 12. Dezember 1978 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) in einem gegen den Konkursverwalter gerichteten Feststellungsbescheid die zur Konkurstabelle angemeldeten Beträge gemäß § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) mit 744 853,75 DM Umsatzsteuer 1975 und 186 750,82 DM Umsatzsteuer 1976 als Konkursforderungen i.S. des § 3 Abs. 1 AO 1977 fest. Nachdem der Konkursverwalter gegen diesen Feststellungsbescheid Einspruch eingelegt hatte, erging am 10. April 1979 ein geänderter Feststellungsbescheid, in dem als Konkursforderung ein Betrag von 563 057,66 DM Umsatzsteuer 1976 festgestellt wurde. Nachdem der Konkursverwalter auch hiergegen Einspruch eingelegt hatte, erließ das FA am 4. Februar 1980 eine Einspruchsentscheidung, durch welche der Einspruch gegen den Feststellungsbescheid 1976 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Mit der Klage vom 8. Februar 1980 beantragte der Kläger, die Konkursforderung des FA aus Umsatzsteuer 1976 auf DM 186 750,82 festzustellen.
Die Klage ist als unbegründet abgewiesen worden. Zu Recht habe das FA verneint, so führt das Finanzgericht (FG) aus, daß der KG nach § 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) aufgrund der mit Vertrag vom . . . 1976 vereinbarten Kaufpreisminderung ein eigenständiger Umsatzsteuererstattungsanspruch entstanden sei. Da die KG die auf das ursprünglich vereinbarte Entgelt entfallende Umsatzsteuer nicht bezahlt habe, habe sich bei Minderung des Entgelts auch kein Erstattungsanspruch ergeben können.
Mit der Revision beantragt der Kläger,
unter Aufhebung der Vorentscheidung die Konkursforderung des FA aus Umsatzsteuer 1976 auf 186 750,82 DM festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung durch das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung FGO).
Die Vorentscheidung war aufzuheben, weil das FG als Sachurteilsvoraussetzung für seine Entscheidung nicht geprüft hat, ob die zur Konkurstabelle angemeldeten und die dem Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO 1977 zugrunde gelegten Steuerforderungen identisch sind. Wie der Senat im Urteil vom 17. Mai 1984 V R 80/77 (BFHE 141, 7, BStBl II 1984, 545) ausgeführt hat, kann der Konkursgläubiger eine Feststellung gemäß § 146 der Konkursordnung (KO) nur bezüglich derjenigen Forderung betreiben, die er zuvor wirksam, d.h. nach Grund und Betrag, gemäß § 139 KO zur Konkurstabelle angemeldet und auch im Prüfungstermin nach § 141 KO angegeben hat (§ 146 Abs. 4 KO). Hierzu hat das FG zu prüfen, ob dem Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO 1977 dieselben Forderungen zugrunde liegen, die das FA angemeldet hat und die im Prüfungsverfahren erörtert worden sind.
Das FG wird bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung diese Feststellungen nachzuholen haben. Vorsorglich weist der Senat ergänzend auf sein Urteil vom 26. Februar 1987 V R 114/79 (BFHE 149, 98, BStBl II 1987, 471) hin. Wird ein Feststellungsbescheid auf einen anderen als den angemeldeten und erörterten Grund gestützt oder wird ein höherer Betrag beansprucht (§ 146 Abs. 4 KO), so ist der Bescheid mangels eines Feststellungsinteresses des FA insoweit aufzuheben (vgl. BFHE 141, 7, BStBl II 1984, 545; Böhle/Stamschräder/Kilger, Konkursordnung, 14. Aufl., § 146 Anm. 2e; Geist, Insolvenzen und Steuern, 3. Aufl., Tz. 96); ggf. ist die Forderung erneut anzumelden (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. November 1953 III 48/52 S, BFHE 58, 190, BStBl III 1953, 364; Böhle/Stamschräder/Kilger, a.a.O.). Im Streitfall ist darüber hinaus zu beachten, daß der Feststellungsbescheid vom 12. Dezember 1978 durch den Feststellungsbescheid vom 10. April 1979 geändert worden ist.
Zum Zeitpunkt der Berichtigung nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 verweist der Senat auf § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG 1967. Ergänzend weist der Senat auf seine Urteile vom 12. Juni 1975 V R 42/74 (BFHE 116, 201, BStBl II 1975, 755); vom 13. November 1986 V R 59/79 (BFHE 148, 346, BStBl II 1987, 226) und vom 16. Juli 1987 V R 80/82 (BFHE 150, 211, BStBl II 1987, 691) hin.
Fundstellen
Haufe-Index 415374 |
BFH/NV 1988, 287 |