Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassungsfreie Revision wegen nicht ordnungsgemäßer Vertretung im finanzgerichtlichen Verfahren
Leitsatz (NV)
1. Ein Beteiligter war im Verfahren vor dem FG nicht ,,nach Vorschrift des Gesetzes vertreten" (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO), wenn ein Verfahrensvertreter ohne Prozeßvollmacht für den Beteiligten aufgetreten ist und das FG diesen Umstand bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat.
2. Die Rüge, im Prozeß nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen zu sein, kann nur dann zu einer zulassungsfreien Revision führen, wenn sie von dem nicht ordnungsgemäß Vertretenen selbst, nicht aber, wenn sie von seinem Prozeßgegner erhoben wird.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 3
Gründe
Die Revision ist unzulässig.
Auch ohne Zulassung durch das FG konnte das FA Revision einlegen, um einen der in § 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten wesentlichen Verfahrensmängel zu rügen. Hierzu gehört auch der Umstand, daß ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO). Dies kann zutreffen, wenn ein Verfahrensvertreter ohne Prozeßvollmacht für die Beteiligten aufgetreten ist und das Gericht diesen Umstand bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat.
Die Vorschrift bezweckt den Schutz desjenigen Beteiligten, der im Vorprozeß nicht ordnungsgemäß vertreten war; ihm sollen aus dem Prozeßablauf keine Nachteile entstehen, die er selbst nicht veranlaßt hat. Dieser Zweck begrenzt den Anwendungsbereich der Vorschrift. Da für den Prozeßgegner eine derartige Situation nicht besteht, ist er nicht in den Schutzbereich der Vorschrift einbezogen. Dies zeigt sich schon darin, daß der nicht ordnungsgemäß vertretene Beteiligte die Prozeßführung genehmigen und dadurch auf die Geltendmachung des Verfahrensmangels verzichten kann (vgl. Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, 1987, § 119 Rdnr. 18, m. w. N.); dem Prozeßgegner steht dieses Recht nicht zu. Wäre auch er befugt, den Mangel geltend zu machen, könnte der im Vorprozeß nicht ordnungsgemäß vertretene Beteiligte dem Revisionsverfahren des Prozeßgegners jederzeit die Grundlage entziehen, indem er die Prozeßführung genehmigt.
Der vom FA gerügte Fehler kann gemäß § 134 FGO, § 579 Abs. 1 Nr. 4 der Zivilprozeßordnung Anlaß einer Nichtigkeitsklage sein. In diesem Zusammenhang hat die Rechtsprechung ausgeführt, daß der Mangel nur von der zu vertretenden Partei geltend gemacht werden könne (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 7. August 1969 V K 2/68, BFHE 96, 385, BStBl II 1969, 660; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. September 1974 IV ZR 55/73, BGHZ 63, 78). Gleiches gilt für die Anwendung von § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 423019 |
BFH/NV 1991, 747 |