Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerpauschalierung bei abgrenzbaren freiberuflichen Nebentätigkeiten eines Hochschullehrers - Steuerfreiheit für Umsätze aus nebenberuflicher Dozententätigkeit - Voraussetzungen einer Nebentätigkeit zur unselbständigen Tätigkeit eines Hochschullehrers
Leitsatz (amtlich)
Bei einem unselbständig tätigen Hochschullehrer mit freiberuflicher Nebentätigkeit sind in die Bemessungsgrundlage für die Vorsteuerpauschalierung steuerfreie Umsätze auch dann einzubeziehen, wenn sie aus einer abgrenzbaren Nebentätigkeit stammen.
Orientierungssatz
1. Der Senat brauchte nicht zu entscheiden, ob im Hinblick darauf, daß nach § 23 UStG 1980 abziehbare Vorsteuerbeträge pauschaliert werden sollen, etwas anderes gilt, wenn die Umsätze aus der freiberuflichen Nebentätigkeit ausschließlich steuerfrei sind.
2. Im Streitfall ließ der Senat offen, ob sich die Steuerfreiheit für die Umsätze des Steuerpflichtigen aus nebenberuflicher Dozententätigkeit an einer Verwaltungsakademie und Wirtschaftsakademie aus § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1980 ergibt. Der Steuerpflichtige konnte sich für die begehrte Steuerbefreiung jedenfalls unmittelbar auf Abschn. X Art. 13 A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG berufen (vgl. BFH-Beschluß vom 29.8.1991 V B 113/91).
3. Eine Nebentätigkeit zur unselbständigen wissenschaftlichen Tätigkeit eines Hochschullehrers (§§ 69, 70 UStDV 1980 i.V.m. Anlage Abschn. A Abs. IV Nr. 3) ist anzunehmen, wenn sie sich als Ausfluß der Hochschullehrertätigkeit darstellt. Nicht als Nebentätigkeit angesehen werden kann eine Tätigkeit, die vom Arbeitgeber der Haupttätigkeit vergütet wird und mit dieser unmittelbar zusammenhängt. Die Nebentätigkeit muß von der Haupttätigkeit eindeutig abgrenzbar sein. Die Beurteilung, ob es sich um eine freiberufliche Tätigkeit handelt, richtet sich nach den einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen. Maßgebend für die Entscheidung der Frage, ob eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausgeübt wird, ist das Gesamtbild der Verhältnisse (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur).
Normenkette
UStG 1980 § 23; UStDV 1980 §§ 69, 70 Anl 1 Abschn. A Abs. 4 Nr. 3; EWGRL 388/77 Abschn. 10 Art. 13A Abs. 1 Buchst. j; UStG 1980 § 4 Nr. 21 Buchst. b
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 07.02.1992; Aktenzeichen 9 K 57/90) |
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr 1988 ordentlicher Professor an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät einer Universität. Daneben war er als Lehrbuchautor tätig, außerdem als Dozent an der Württembergischen Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie - Studienakademie (VWA). Die VWA ist ein eingetragener Verein; sie unterhält im Auftrag des Landes Baden-Württemberg im Rahmen der staatlichen Berufsakademie Stuttgart eine Studienakademie für die Fachgruppe Industrie und Datenverarbeitung des Ausbildungsbereichs Wirtschaft. Nach dem Schreiben des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg vom 14. August 1985 bereiten die an den Berufsakademien - Staatlichen Studienakademien - im Rahmen der Studienpläne tätigen nebenberuflichen Lehrbeauftragten mit ihren Leistungen die Studierenden auf einen Beruf und auf eine staatliche Prüfung ordnungsgemäß vor; die Berufsakademien - Staatliche Studienakademien - sind ermächtigt, entsprechende Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) auszustellen. Die VWA hat eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt.
Der Kläger erklärte in seiner Umsatzsteuererklärung für 1988 aus seiner Dozententätigkeit an der VWA nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1980 steuerfreie Umsätze von 33 575 DM, außerdem steuerpflichtige Umsätze von 3 965 DM aus seiner Tätigkeit als Lehrbuchautor. Die Umsatzsteuer hierauf betrug 277,55 DM. Der Kläger setzte nach § 23 UStG 1980 i.V.m. §§ 69, 70 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) 1980 und Abschn. A Abs. IV Nr. 3 der Anlage hierzu für die Umsätze aus freiberuflicher Nebentätigkeit zur unselbständig ausgeübten wissenschaftlichen Tätigkeit als Hochschullehrer Vorsteuerbeträge von 938,50 DM (2,5 % von 37 540 DM) an und ermittelte eine negative Umsatzsteuerschuld von 661 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte durch Bescheid vom 9. Oktober 1989 die Umsatzsteuer unter Berücksichtigung eines Abzugsbetrags nach § 19 Abs. 3 UStG 1980 auf 34 DM fest. Das FA lehnte es ab, die Umsätze aus der Dozententätigkeit in die Bemessungsgrundlage für die Durchschnittsatzbesteuerung einzubeziehen.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) mit dem in der Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 1993, 56 veröffentlichten Urteil abgewiesen. Es führt im wesentlichen aus, der Vorsteuerabzug nach allgemeinen Durchschnittsätzen (§ 23 UStG 1980) setze im Streitfall u.a. Umsätze aus freiberuflicher Nebentätigkeit zur unselbständig ausgeübten wissenschaftlichen Haupttätigkeit voraus. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hätten die Beteiligten bezüglich der Tätigkeit des Klägers an der VWA und als Lehrbuchautor zutreffend bejaht. Nach den hier zugrunde zu legenden einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen habe der Kläger die Dozententätigkeit selbständig und damit freiberuflich ausgeübt. Es habe sich dabei auch um eine Nebentätigkeit zur unselbständig ausgeübten Tätigkeit als ordentlicher Professor an der Universität gehandelt. Der Kläger sei auch als Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG 1980 tätig geworden, denn er habe die Dozententätigkeit nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen ausgeübt. Die Umsätze des Klägers aus der freiberuflichen Dozententätigkeit seien zwar nicht gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1980 steuerfrei, aber unter Berücksichtigung der Bestimmung in Abschn. X Art. 13 A Abs. 1 Buchst. j der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), auf welche sich der Kläger berufen könne. Bei der Berechnung der abziehbaren Vorsteuerbeträge nach allgemeinen Durchschnittsätzen nach § 23 UStG 1980 i.V.m. §§ 69 und 70 UStDV 1980 und Abschn. A Abs. IV Nr. 3 der Anlage hierzu seien nur die steuerpflichtigen Umsätze des Klägers aus der freiberuflichen Nebentätigkeit als Lehrbuchautor zugrunde zu legen. Zwar seien nach der herrschenden Meinung im Schrifttum und der Meinung der Finanzverwaltung in die Bemessung alle sonstigen steuerfreien Umsätze einzubeziehen. Hierzu brauche im Streitfall aber nicht Stellung genommen zu werden. Der Kläger habe als Hochschullehrer mehrere freiberufliche Nebentätigkeiten ausgeübt und damit mehrere Unternehmensbereiche im Rahmen seines umsatzsteuerrechtlichen Gesamtunternehmens unterhalten. Nur wenn die gesamte berufliche Tätigkeit eines Hochschullehrers ausschließlich (und nur) einen Unternehmensbereich umfasse, habe dies zur Folge, daß die im Rahmen einer freiberuflichen Nebentätigkeit zur unselbständig ausgeübten wissenschaftlichen Haupttätigkeit ausgeführten steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätze mit Ausnahme der in § 69 Abs. 2 UStDV 1980 genannten in die Bemessung zur Vorsteuerpauschalierung einzubeziehen seien. Diese einschränkende Auslegung des Abschn. A Abs. IV Nr. 3 der Anlage zu den §§ 69 und 70 UStDV 1980 und des § 69 Abs. 2 UStDV 1980 sei im Hinblick auf die Zielsetzung der Vorsteuerpauschalierung nach § 23 UStG 1980 geboten. Der Vorsteuerabzug solle vereinfacht werden; daraus solle sich aber keine wesentliche Abweichung zur Regelbesteuerung ergeben. Die Umsätze des Klägers aus dessen verschiedenen und abgrenzbaren Tätigkeitsbereichen zur unselbständig ausgeübten wissenschaftlichen Haupttätigkeit (einerseits schriftstellerische Tätigkeit - andererseits Dozententätigkeit an der VWA) seien den jeweiligen Unternehmensbereichen zuzuordnen und die steuerfreien Umsätze des Klägers aus dessen abgrenzbarer Tätigkeit an der VWA aus der Bemessungsgrundlage zur Vorsteuerpauschalierung auszuscheiden.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG 1980. Seine Nebentätigkeiten ließen sich nicht verschiedenen Unternehmensbereichen zuordnen. Er betreibe mit seinen Nebentätigkeiten ein einheitliches Unternehmen, in dem alle seine steuerbaren Umsätze zusammengefaßt würden.
Der Kläger beantragt --zum Teil sinngemäß--, die Vorentscheidung aufzuheben, die abziehbaren Vorsteuerbeträge für 1988 auf 938,50 DM und eine negative Umsatzsteuer von 661 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Es trägt vor, zwischen den verschiedenen und abgrenzbaren Tätigkeitsbereichen des Klägers bestehe kein wechselseitiger, unbedingter Zusammenhang. Infolgedessen seien die erzielten Umsätze den jeweiligen Unternehmensbereichen zuzuordnen. Für die steuerfreien Umsätze aus der Dozententätigkeit an der VWA gelte der allgemeine Grundsatz des § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Diese Umsätze dürften --auch im Rahmen der Vorsteuerpauschalierung-- nicht zum Vorsteuerabzug führen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Zu Unrecht hat das FG die steuerfreien Umsätze des Klägers aus der Dozententätigkeit an der VWA nicht in die Bemessungsgrundlage für die Vorsteuerpauschalierung einbezogen.
1. Der Kläger war im Streitjahr als Hochschullehrer nicht selbständig tätig. Mit seiner übrigen beruflichen Tätigkeit erfüllte er den Unternehmerbegriff des § 2 Abs. 1 UStG 1980; denn er war als Dozent und Lehrbuchautor selbständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig. Der Unternehmer kann unter den Voraussetzungen des § 15 UStG 1980 Vorsteuerbeträge abziehen. Für die nach § 15 UStG 1980 abziehbaren Vorsteuerbeträge oder die Grundlagen ihrer Berechnung können gemäß § 23 UStG 1980 zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für Gruppen von Unternehmern durch Rechtsverordnung Durchschnittsätze festgesetzt werden. Die Festsetzung allgemeiner Durchschnittsätze und deren Umfang ist in den §§ 69 und 70 UStDV 1980 und der Anlage dazu geregelt. In Abschn. A Abs. IV Nr. 3 der Anlage ist ein Durchschnittsatz von 2,5 % des Umsatzes für Hochschullehrer, die Umsätze aus freiberuflicher Nebentätigkeit zur unselbständig ausgeübten wissenschaftlichen Tätigkeit haben, festgesetzt.
2. a) Eine Nebentätigkeit zur unselbständigen wissenschaftlichen Tätigkeit ist anzunehmen, wenn sie sich als Ausfluß der Hochschullehrertätigkeit darstellt (vgl. Stadie in Rau/ Dürrwächter/Flick/Geist, Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer), Kommentar, § 23 Rdnr.92). Nicht als Nebentätigkeit angesehen werden kann eine Tätigkeit, die vom Arbeitgeber der Haupttätigkeit vergütet wird und mit dieser unmittelbar zusammenhängt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Januar 1987 IV R 189/85, BFHE 149, 45, BStBl II 1987, 783). Die Nebentätigkeit muß von der Haupttätigkeit eindeutig abgrenzbar sein. Die Beurteilung, ob es sich um eine freiberufliche Tätigkeit handelt, richtet sich nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist eine freiberuflich ausgeübte Tätigkeit u.a. die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit. Maßgebend für die Entscheidung der Frage, ob eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausgeübt wird, ist das Gesamtbild der Verhältnisse (vgl. BFH-Urteil vom 4. Oktober 1984 IV R 131/82, BFHE 142, 268, BStBl II 1985, 51).
b) Aufgrund der vorgenannten Rechtsgrundsätze haben die Beteiligten und das FG zutreffend die Tätigkeit des Klägers als Lehrbuchautor wie auch als Dozent an der VWA als freiberufliche Nebentätigkeiten zur unselbständigen Haupttätigkeit als Hochschullehrer angesehen. Für die Selbständigkeit der nebenberuflichen Dozententätigkeit spricht insbesondere, daß die Vergütung nach der Zahl der übernommenen Wochenstunden bemessen war, mithin kein Anspruch auf bezahlten Urlaub und auf Weihnachtsgeld bestand. Außerdem bestand kein Anrecht auf Kündigungsschutz und auf die Erteilung eines Lehrauftrags nach Abschluß eines Semesters.
3. Zutreffend hat das FG die Umsätze des Klägers aus der nebenberuflichen Dozententätigkeit an der VWA als steuerfrei beurteilt. Der Senat läßt offen, ob sich die Steuerfreiheit aus § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1980 ergibt. Jedenfalls kann sich der Kläger für die begehrte Steuerbefreiung unmittelbar auf Abschn. X Art. 13 A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG berufen (vgl. BFH-Beschluß vom 29. August 1991 V B 113/91, BFHE 165, 109, BStBl II 1992, 267).
4. Der Senat ist mit der einhelligen Meinung im Schrifttum (vgl. u.a. Birkenfeld, Das Große Umsatzsteuer-Handbuch, Bd.II, Abschn. VII Rdnr.31; Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 23 Rdnr.18; Plückebaum/Malitzky, Umsatzsteuergesetz, Bd.II/7, § 23 Rdnr.141/1; Stadie in Rau/Dürrwächter/Flick/ Geist, a.a.O., § 23 Rdnr.43; Lange in Schüle/Teske/Wendt, Umsatzsteuergesetz, § 23 Tz.28 d; Wagner in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, § 23 Rdnr.27; Vogel in Vogel/Reinisch/ Hoffmann, Umsatzsteuergesetz, § 23 Rdnr.5) sowie der Meinung der Finanzverwaltung (vgl. Erlaß zu der den §§ 69, 70 UStDV 1980 entsprechenden 4. UStDV vom 3. Januar 1968, BStBl I 1968, 166) der Auffassung, daß zur Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Vorsteuerabzugs nach Durchschnittsätzen auch steuerfreie Umsätze zählen, soweit sie nicht besonders ausgenommen sind. Dies ergibt sich aus § 69 Abs. 1 und 2 UStDV 1980, wonach der Umsatz zugrunde zu legen ist, den der Unternehmer im Rahmen der in der Anlage bezeichneten Berufs- und Gewerbezweige im Erhebungsgebiet ausführt, mit Ausnahme der Einfuhr und der in § 4 Nr. 8, Nr. 9 Buchst. a und Nr. 10 des Gesetzes bezeichneten Umsätze. Diese Ausgliederung bestimmter steuerfreier Umsätze bedeutet, daß die übrigen steuerfreien Umsätze in die Bemessung des zugrunde zu legenden Umsatzes eingehen. Zwar ist in § 23 Abs. 2 UStG 1980 bestimmt, daß die Durchschnittsätze zu einer Steuer führen müssen, die nicht wesentlich von dem Betrag abweicht, der sich nach dem UStG ohne Anwendung der Durchschnittsätze ergeben würde. Diese Vorschrift wendet sich aber ausschließlich an den Verordnungsgeber. Sie legt keine zusätzliche und im Einzelfall zu beachtende tatbestandsmäßige Auslegung für die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs nach Durchschnittsätzen fest. Auch der Verordnungsgeber braucht nicht den Willen gehabt zu haben, wesentliche Abweichungen im Einzelfall zu vermeiden; lediglich für Gruppen von Unternehmern soll es nicht zu wesentlichen Abweichungen kommen. Andernfalls könnte der Zweck der Vorschrift, das Besteuerungsverfahren zu vereinfachen, nicht verwirklicht werden (BFH-Urteil vom 11. Januar 1990 V R 189/84, BFHE 160, 69, BStBl II 1990, 405). Diesem Vereinfachungszweck entspricht es, daß nicht nur steuerpflichtige, sondern auch steuerfreie Umsätze in die Bemessungsgrundlage der Durchschnittsätze für den Vorsteuerabzug eingehen.
5. Zu Unrecht hat das FG die Dozententätigkeit des Klägers an der VWA als eigenen Unternehmensbereich beurteilt, dessen Umsätze nicht in die Bemessungsgrundlage für die Anwendung des Durchschnittsatzes eingehen. § 23 Abs. 2 UStG 1980 bietet hierfür --wie bereits ausgeführt-- keine Handhabe. Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 werden die allgemeinen Durchschnittsätze zwar für "die nach § 15 abziehbaren Vorsteuerbeträge" festgesetzt. Daraus kann aber nicht hergeleitet werden, daß Vorsteuerbeträge tatsächlich nach § 15 UStG abziehbar sein müssen. Dies widerspräche dem Vereinfachungszweck der Vorschrift. Die Festsetzung hat "für Gruppen von Unternehmern" zu erfolgen. Das beinhaltet --worauf § 69 Abs. 2 und § 70 Abs. 1 UStDV 1980 abstellen--, daß die Durchschnittsätze für die gesamte Tätigkeit des Unternehmers im Rahmen bestimmter Berufs- und Gewerbezweige gelten. Nach Abschn. A Abs. IV Nr. 3 der Anlage zu §§ 69 und 70 UStDV 1980 unterliegen der Pauschalierung Umsätze des Hochschullehrers aus freiberuflicher Nebentätigkeit. Danach werden alle Umsätze erfaßt, die der freiberuflichen Nebentätigkeit des Hochschullehrers zuzuordnen sind. Erfüllt bei mehreren gegeneinander abgrenzbaren Tätigkeiten jede den Begriff der freiberuflichen Nebentätigkeit, so handelt es sich bei den jeweiligen Umsätzen um solche im Rahmen des entsprechenden Berufszweigs. Eine Ausgliederung derjenigen Tätigkeit, aus der steuerfreie Umsätze erzielt werden, ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob im Hinblick darauf, daß nach § 23 UStG 1980 abziehbare Vorsteuerbeträge pauschaliert werden sollen, etwas anderes gilt, wenn die Umsätze aus der freiberuflichen Nebentätigkeit ausschließlich steuerfrei sind.
6. Die Sache ist entscheidungsreif. Dem Antrag des Klägers auf Abzug von pauschalierter Vorsteuer in Höhe von 938,50 DM ist zu entsprechen und die Umsatzsteuer auf ./. 661 DM festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 65328 |
BStBl II 1995, 346 |
BFHE 176, 70 |
BFHE 1995, 70 |
BB 1995, 810 |
BB 1995, 810-811 (LT) |
DStR 1995, 289-291 (KT) |
DStZ 1995, 315-316 (KT) |
HFR 1995, 269-270 (LT) |
StE 1995, 132 (K) |