Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichsforderung durch ehevertragliche Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft - nicht schenkungsteuerbar
Leitsatz (amtlich)
Entsteht von Gesetzes wegen eine Ausgleichsforderung durch ehevertragliche Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft, ist dies nicht als freigebige Zuwendung schenkungsteuerbar, wenn es tatsächlich zu einer güterrechtlichen Abwicklung der Zugewinngemeinschaft kommt, und zwar auch dann nicht, wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft im Anschluss an die Beendigung neu begründet wird.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) und ihr Ehemann schlossen am 20. Dezember 1991 einen Ehevertrag, in dem sie die Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft mit Ablauf des Tages des Vertragsschlusses vereinbarten; zugleich begründeten sie mit Beginn des auf den Vertragsschluss folgenden Tages erneut den Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Den während der Dauer der Zugewinngemeinschaft bis zum Abschluss des Ehevertrages vom 20. Dezember 1991 entstandenen und auszugleichenden Zugewinn berechneten die Ehegatten im Einzelnen und setzten einvernehmlich die Zugewinnausgleichsforderung der Klägerin gegen ihren Ehemann auf … DM fest. Zugleich wurde bestimmt, dass die Ausgleichsforderung nicht abgetreten werden darf; eine vollständige oder teilweise Abtretung an die gemeinschaftlichen Abkömmlinge war jedoch gestattet. Die Ausgleichsforderung wurde "grundsätzlich" bis zum Tod des Ehemannes der Klägerin gestundet. Sie war nach dem Ehevertrag vom Zeitpunkt ihrer Entstehung an mit 1,5 % zu verzinsen. Das jeweilige Anfangsvermögen für den neuerlich vereinbarten Güterstand der Zugewinngemeinschaft sollte sich unter Berücksichtigung dieses für den beendeten Güterstand durchgeführten Zugewinnausgleichs ergeben.
Das seinerzeit zuständige Finanzamt war der Ansicht, dass der Klägerin durch Ehevertrag vom 20. Dezember 1991 … DM freigebig zugewendet worden seien, und setzte gegen sie mit Bescheid vom 30. August 1996 Schenkungsteuer in Höhe von … DM fest. Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1258 veröffentlichten Urteil mit der Begründung statt, dass die Ehegatten durch den Ehevertrag vom 20. Dezember 1991 den Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet hätten und die dadurch begründete Zugewinnausgleichsforderung mangels Vorliegens einer freigebigen Zuwendung nicht schenkungsteuerbar sei (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes ―ErbStG― i.V.m. § 1378 des Bürgerlichen Gesetzbuches ―BGB― und § 5 Abs. 2 ErbStG). Die Beschränkung der Zessionsbefugnis verstoße zwar gegen § 137 Satz 1 BGB i.V.m. § 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB, führe aber nicht zur Nichtigkeit des Ehevertrages (§ 139 BGB), sondern dazu, dass an die Stelle der unwirksamen Regelung die gesetzliche trete, d.h. die uneingeschränkte Übertragbarkeit des Ausgleichsanspruchs. Der Beendigung stehe nicht entgegen, dass die Ehegatten im unmittelbaren Anschluss den Güterstand der Zugewinngemeinschaft erneut begründet hätten. Dies sei zivilrechtlich zulässig und daher schenkungsteuerlich zu beachten. Die demgegenüber vertretene Auffassung, die Nichtsteuerbarkeit nach § 5 Abs. 2 ErbStG erfordere eine Totalbeendigung des gesetzlichen Güterstandes, finde weder im Text noch in der Begründung des Gesetzes eine Stütze. Schließlich liege weder ein Scheingeschäft (§ 117 Abs. 1 BGB i.V.m. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung ―AO 1977―) noch eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung (§ 42 AO 1977) vor, letzteres jedenfalls deswegen nicht, weil die Ehegatten beachtliche außersteuerliche Gründe für den Abschluss des Ehevertrages dargelegt hätten.
Der Beklagte und Revisionskläger (das im Einspruchsverfahren zuständig gewordene Finanzamt ―FA―) rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 ErbStG verkannt. Im Streitfall sei weder zivilrechtlich von einer Beendigung des Güterstandes auszugehen noch sei, wenn eine zivilrechtliche Beendigung vorläge, diese anzuerkennen, da sie nicht endgültig gewesen sei. Schließlich lägen entgegen der Annahme des FG die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung vor.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Begründung einer Ausgleichsforderung durch ehevertragliche Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft (§ 1378 BGB) nicht als freigebige Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) schenkungsteuerbar ist, wenn es tatsächlich zu einer güterrechtlichen Abwicklung der Zugewinngemeinschaft durch Berechnung der Ausgleichsforderung kommt, und zwar auch dann nicht, wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft im Anschluss an die Beendigung neu begründet wird. Die vom FG vorgenommene Auslegung des Ehevertrages, dass es zu einer Beendigung der Zugewinngemeinschaft gekommen ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; vgl. auch § 516 Abs. 1 BGB). Der Gegenstand der Schenkung richtet sich nach bürgerlichem Recht. Auszugehen ist danach zunächst vom Parteiwillen, im Falle der freigebigen Zuwendung vom Willen des Zuwendenden, d.h. davon, was dem Bedachten nach dem Willen des Schenkers geschenkt sein soll (vgl. m.w.N. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 10. November 2004 II R 44/02, BFHE 207, 360, BStBl II 2005, 188).
Die vom FA der Besteuerung unterworfene Begründung einer Ausgleichsforderung durch ehevertragliche Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft (§ 1378 BGB) ist keine freigebige Zuwendung. Dem ausgleichsberechtigten Ehegatten wird die Ausgleichsforderung nicht rechtsgeschäftlich zugewendet; sie entsteht vielmehr von Gesetzes wegen mit der Beendigung des gesetzlichen Güterstandes (§ 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Begründung der Ausgleichsforderung ist somit nicht schenkungsteuerbar, wie § 5 Abs. 2 ErbStG klarstellend regelt (BFH-Urteil vom 10. März 1993 II R 87/91, BFHE 171, 321, BStBl II 1993, 510).
Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft kann ―auch bei Fortbestand der Ehe― beendet und ―ggf. auch rückwirkend― vereinbart werden (Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 1. April 1998 XII ZR 278/96, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1998, 1857). Dies folgt aus der in § 1408 Abs. 1 BGB statuierten Vertragsfreiheit. Aus ihr folgt zugleich, dass die Beendigung des gesetzlichen Güterstandes und die anschließende Neubegründung bürgerlich-rechtlich zulässig sind (vgl. etwa Staudinger/Thiele (2000), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, § 1408 Rn. 14). Der für § 1408 Abs. 1 BGB erforderliche Güterstandsbezug liegt wegen der über den Vermögensausgleich hinausgehenden Wirkung immer vor, wenn der Güterstand insgesamt beendet wird (Palandt/ Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 64. Aufl. 2005, § 1408 Rn. 14).
Diese bürgerlich-rechtliche Gestaltungsfreiheit muss auch das Schenkungsteuerrecht anerkennen (vgl. BFH-Urteile vom 28. Juni 1989 II R 82/86, BFHE 157, 229, BStBl II 1989, 897, und vom 12. Mai 1993 II R 37/89, BFHE 171, 330, BStBl II 1993, 739), wenn es tatsächlich zu einer güterrechtlichen Abwicklung, d.h. Ermittlung der Ausgleichsforderung kommt (vgl. Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BTDrucks VI/3418, 63). Soweit danach die Ehegatten ―im Rahmen der zivilrechtlichen Vorschriften― den Umfang der Nichtsteuerbarkeit bestimmen können, ist dies in der Anknüpfung an das ―insoweit dispositive― Zivilrecht angelegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 171, 330, BStBl II 1993, 739). Grenzen sind dieser Gestaltungsfreiheit erst dort gezogen, wo sie einem Ehepartner eine überhöhte Ausgleichsforderung dergestalt verschafft, dass der Rahmen einer güterrechtlichen Vereinbarung überschritten wird (BFH-Urteil in BFHE 157, 229, BStBl II 1989, 897). Die Beendigung des gesetzlichen Güterstandes und seine anschließende Neubegründung ist regelmäßig ―wie auch im Streitfall vom FG zu Recht angenommen― nicht rechtsmissbräuchlich.
Aus § 5 Abs. 2 ErbStG lässt sich eine Einschränkung, die zivilrechtliche Beendigung des gesetzlichen Güterstandes sei steuerlich nur dann anzuerkennen, wenn die Beendigung endgültig ist (so wohl Abschn. 12 Abs. 3 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003 ―ErbStR 2003―), nicht entnehmen. Abgesehen davon, dass § 5 Abs. 2 ErbStG nur klarstellende Funktion hat (BFH-Urteil in BFHE 171, 321, BStBl II 1993, 510), also eine Steuerbarkeit nicht begründen kann, wiederholt die Vorschrift lediglich den zivilrechtlichen Gesetzestext (§ 1372 BGB); ihr kommt ein über die zivilrechtliche Bedeutung hinausgehender Inhalt nicht zu. Auch lässt die Tatsache, dass der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BFH zur Anerkennung zivilrechtlicher Gestaltungen im Rahmen des § 5 Abs. 1 ErbStG zum Anlass genommen hat, diese Vorschrift zu ändern, § 5 Abs. 2 ErbStG aber unberührt gelassen hat, nur den Schluss zu, dass es insoweit mit der Anerkennung der zivilrechtlichen Gestaltung sein Bewenden haben soll. Auch die Gesetzesmaterialien lassen nicht erkennen, dass das Tatbestandsmerkmal der Beendigung des Güterstandes in § 5 Abs. 2 ErbStG, abweichend vom Bürgerlichen Recht, eine zeitlich abschließende ―endgültige― Bedeutung haben soll. Vielmehr geht der Gesetzgeber insoweit ―lediglich― davon aus, dass es tatsächlich zu einer güterrechtlichen Abwicklung kommen muss (vgl. Begründung zum Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BTDrucks VI/3418, 63).
Das Erfordernis eines zeitlich abschließenden Moments lässt sich schließlich auch nicht, wie vom FA vorgetragen, aus § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG folgern. Das hierfür in Anspruch genommene BFH-Urteil vom 2. März 1994 II R 59/92 (BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366) betrifft, worauf das FG zutreffend hinweist, keinen Fall der Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Ehevertrag. § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG entfaltet seinen Regelungsbereich für (steuerbare) freigebige Zuwendungen, wird also auch bei der dargelegten Rechtsauffassung nicht überflüssig.
Die Vorentscheidung entspricht diesen Rechtsgrundsätzen.
2. Im Streitfall ist das FG auf Grund seiner Würdigung des Ehevertrages zum Ergebnis gelangt, dass die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand beendet haben. Diese Vertragsauslegung ist für den Senat bindend, da sie den gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) entspricht und offensichtlich nicht gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstößt (m.w.N. etwa BFH-Urteil vom 5. Mai 1999 XI R 6/98, BFHE 188, 415, BStBl II 1999, 735). Die Auslegung eines Ehevertrages unterliegt keinen Besonderheiten; es gelten die allgemeinen Grundsätze (Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1408 Rn. 14).
Das FG ist hierbei rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Ehevertrag weder sittenwidrig ―was keiner weiteren Begründung bedarf― noch deshalb insgesamt nichtig ist, weil er die Verfügungsbefugnis der Klägerin über die Ausgleichsforderung beschränkt. Auch wenn diese Verfügungsbeschränkung unwirksam ist, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der übrigen Bestimmungen des Ehevertrages, sondern lediglich dazu, dass an die Stelle der unwirksamen Regelung im Streitfall die uneingeschränkte Übertragbarkeit der Zugewinnausgleichsforderung tritt (§ 139 BGB).
Fundstellen
Haufe-Index 1436560 |
BFH/NV 2005, 2127 |
BStBl II 2005, 843 |
BFHE 2006, 470 |
BFHE 210, 470 |
BB 2005, 2343 |
DB 2005, 2504 |
DStR 2005, 1772 |
DStRE 2005, 1304 |
DStZ 2005, 727 |
HFR 2005, 1201 |