Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenvermietung von Studentenwohnungen
Leitsatz (NV)
Die Einschaltung eines Zwischenmieters in die Vermietung von mit Fördermitteln im freifinanzierten Wohnungsbau errichteten Wohnungen ist wegen der den Eigentümer treffenden Bindungen umsatzsteuerrechtlich als Geschäftsbesorgung zu beurteilen.
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 15 Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 42; II. WoBauG § 88 Abs. 1, § 88a
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Architekt. Er errichtete auf einem 1983 erworbenen Grundstück in X ein Studentenwohnheim mit 17 Wohneinheiten (52 Wohnplätzen). Das Bauvorhaben finanzierte er mit Aufwendungsdarlehen der Landestreuhandstelle für den Wohn- und Städtebau. Nach den Darlehensbedingungen dürfen die geförderten Wohnungen nur an Personen überlassen werden, deren Jahreseinkommen die Einkommensgrenzen des §25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) nicht um mehr als 40 v. H. übersteigt. Noch während der Bauzeit vermietete der Kläger das Wohnheim an das Studentenwerk X, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, für 10 Jahre zu einem bestimmten monatlichen Mietzins zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer sowie der Nebenkosten. Das Studentenwerk war zur Untervermietung der Wohnungen berechtigt. Der Kläger verpflichtete sich, für die Wohnplätze, die das Studentenwerk nicht bis zum 31. Dezember 1986 vermieten konnte, keine Miete zu verlangen. Das Studentenwerk vermietete die Wohnplätze ab 1. März 1985 an Studenten der Fachhochschule X, die ihre Wohnberechtigung durch Immatrikulationsbescheinigung nachgewiesen hatten. Aufgrund notariellen Vertrags vom 30. Dezember 1985 veräußerte der Kläger das Grundstück unter Verzicht auf die Steuerbefreiung für ... DM zuzüglich Umsatzsteuer.
Der Kläger erklärte für 1984 und 1985 u. a. steuerpflichtige Umsätze durch Vermietung des Studentenwohnheims und zog für 1984 die ihm für Bauleistungen von Bauunternehmern berechnete Umsatzsteuer als Vorsteuer ab.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) war dagegen der Auffassung, der Kläger habe die Wohnungen an das Studentenwerk im Streitjahr (1984) steuerfrei vermietet. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung der Wohnungsvermietung sei unwirksam, weil das Studentenwerk die Wohnungen nicht als Unternehmer gemietet habe; denn es habe durch die Weitervermietung und durch die Verwaltung der Wohnungen keinen Betrieb gewerblicher Art unterhalten, sondern lediglich Vermögen verwaltet. Außerdem sei die gewerbliche Zwischenvermietung öffentlich geförderter Wohnungen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ausgeschlossen. Im Streitfall sei sie außerdem deshalb nicht anzuerkennen, weil der Kläger das Vermietungsrisiko in den Jahren 1984 und 1985 selbst getragen habe.
Den Einspruch des Klägers u. a. gegen die Steuerfestsetzung für 1984 wies das FA zurück. Die Klage hatte, soweit sie das Streitjahr (1984) betraf, Erfolg. Antragsgemäß berücksichtigte das Finanzgericht (FG) Vorsteuerbeträge von ... DM und setzte die Umsatzsteuer für 1984 auf ./. ... DM fest.
Das FG war der Ansicht, der Kläger habe steuerpflichtige Umsätze durch Grundstücksvermietung ausgeführt, weil er wirksam auf die Steuerbefreiung dieser Umsätze verzichtet habe (§9 Satz 1 i. V. m. §4 Nr. 12 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes -- UStG -- 1980). Dem Verzicht auf die Steuerbefreiung der Mietumsätze stehe weder §42 der Abgabenordnung (AO 1977) noch die Rechtsprechung des BFH über die Vermietung von "mit öffentlichen Mitteln" geförderten Wohnungen entgegen, weil den Entscheidungen nicht zu entnehmen sei, daß der Wohnungseigentümer nur selbst und unmittelbar an die begünstigten Mieter vermieten dürfe.
Mit der Revision, die das FA auf das Streitjahr 1984 beschränkt, rügt es unzutreffende Anwendung von §2 Abs. 3, §9 Satz 1 UStG 1980 und von §42 AO 1977. Das FA hält zur Begründung an seiner der Steuerfestsetzung zugrundeliegenden Rechtsauffassung fest, daß das Studentenwerk das Mietwohngrundstück nicht als Unternehmer ge- und vermietet habe, weil es insoweit nur im Rahmen nicht steuerbarer Vermögensverwaltung gehandelt habe. Außerdem, so macht das FA weiter geltend, umgehe der Kläger durch die Zwischenvermietung den Ausschluß vom Vorsteuerabzug für die mit der Vermietung zusammenhängenden Vorleistungen. Die Zwischenvermietung sei allein zur Erlangung des Vorsteuerabzugs gestaltet worden. Die vom FG als wirtschaftlich beachtlicher Grund für die Zwischenvermietung herangezogene Arbeitsvereinfachung für den Kläger rechtfertige keine vom Gesetzesplan abweichende Gestaltung, wie der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden habe. Schließlich habe das FG nicht beachtet, daß die Einschaltung eines Zwischenvermieters in die Verwaltung von mit öffentlichen Mitteln errichteten Wohnungen nur als Geschäftsbesorger möglich sei, weil der Wohnungseigentümer seine ihn persönlich treffende öffentlich-rechtliche Verpflichtung nicht an Dritte übertragen könne.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung, soweit sie das Streitjahr (1984) betrifft, aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger ist der Revision unter Bezugnahme auf die Gründe in der Vorentscheidung entgegengetreten. In der mündlichen Verhandlung hat er sich die Ausführungen eines von ihm eingereichten Gutachtens zu eigen gemacht und dargelegt, daß er die bezeichneten Wohnungen im freifinanzierten Wohnungsbau errichtet habe. Als Eigentümer von im freifinanzierten Wohnungsbau hergestellten Wohnungen unterliege er bei einer Vermietung nicht den gleichen persönlichen Bindungen wie sie für die Vermietung von im öffentlich geförderten Wohnungsbau hergestellten Wohnungen maßgebend seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage, soweit das Streitjahr (1984) betroffen ist. Die Vorentscheidung ist mit der Rechtsprechung des Senats zum Vorsteuerabzug von mit öffentlichen Mitteln errichteten Wohnungen, an der der Senat festhält, unvereinbar.
Die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug aus Rechnungen für Bauleistungen zur Herstellung des Studentenwohnheims liegen nicht vor. Nach §15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG 1980 ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn der Unternehmer die für sein Unternehmen bezogenen Leistungen für steuerfreie Umsätze verwendet.
Der Kläger hat die für sein Vermietungsunternehmen bezogenen Bauleistungen für Umsätze durch steuerfreie Wohnungsvermietung (§4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG 1980) verwendet. Er hat sie nicht durch Vermietung an das Studentenwerk, sondern an die Studenten als Wohnungsmieter bewirkt, weil das Studentenwerk im Streitjahr nur Hausverwalteraufgaben erledigte und vom Kläger lediglich als Geschäftsbesorger eingesetzt worden war.
Zwar hat der Kläger die mit Aufwendungsdarlehen (§88 Abs. 1 des II. WoBauG) errichteten Wohnungen im freifinanzierten Wohnungsbau errichtet. Die Fördermittel (im sog. zweiten Förderweg) gelten nicht als öffentliche Mittel (§88 Abs. 1 Satz 1 des II. WoBauG), obwohl sie aus Haushaltsmitteln getragen werden (dazu Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Vorbem. zu §§88 bis 88 f. des II. WoBauG, 3., §88 c des II. WoBauG, Anm. 2). Umsatzsteuerrechtlich unterliegt der Eigentümer bei der Vermietung dieser Wohnungen aber ähnlichen Beschränkungen wie sie ein Eigentümer beachten muß, der mit öffentlichen Mitteln errichtete Wohnungen vermietet. Die Wohnung darf nur einem bestimmten Personenkreis (§88 a Abs. 1 des II. WoBauG) zur bestimmungsgemäßen Nutzung gegen eine der Höhe nach begrenzte Miete (§88 b des II. WoBauG) überlassen werden. Die Einhaltung dieser Bindungen wird vertraglich sichergestellt (vgl. §88 c Abs. 1, 2 des II. WoBauG). Der Senat hat die Einschaltung eines Zwischenmieters in die Wohnungsvermietung wegen dieser Bindungen des Eigentümers in seiner bisherigen Rechtsprechung umsatzsteuerrechtlich nur als Geschäftsbesorgung und nicht als Vermietung an einen Nichtberechtigten beurteilt (BFH-Urteile vom 23. August 1984 V R 87/78, BFHE 142, 156, BStBl II 1984, 731, unter I. 3., und vom 2. Dezember 1987 X R 5/81, BFHE 152, 177, BStBl II 1988, 207, unter 3. -- für den Fall der Inanspruchnahme von Wohnungsfürsorgemitteln --, und zuletzt BFH-Beschluß vom 27. März 1996 V B 3/96, BFH/NV 1996, 717, unter 2.). Er hält an dieser Würdigung fest. Das gilt insbesondere im Streitfall.
Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Einschaltung des Studentenwerks in die Wohnungsvermietung als Geschäftsbesorger wird hier schon dadurch bestätigt, daß der Kläger das Studentenwerk im Streitjahr von seinem Vermietungsrisiko freigestellt hat. Wirtschaftlich erhielt das Studentenwerk den Unterschiedsbetrag zwischen der von den Studenten gezahlten und der an den Kläger abzuführenden Miete nur als Entgelt für eine Verwaltung der Wohnheimplätze.
Die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Steuerbefreiung von Umsätzen durch Grundstücksvermietungen (§9 Satz 1 UStG 1980) sind damit nicht gegeben. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob das Studentenwerk die Geschäftsbesorgung als Unternehmer (§2 Abs. 3 Satz 1 UStG 1980) im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art ausgeführt hat.
Es ist auch ohne Belang, daß eine Zwischenvermietung der Wohnheimplätze schon deshalb nicht durch beachtliche wirtschaftliche Gründe gerechtfertigt gewesen wäre und als Rechtsmißbrauch (§42 AO 1977) nicht hätte berücksichtigt werden dürfen, weil die vom FG für erheblich gehaltene Arbeitsvereinfachung eine Zwischenvermietung grundsätzlich nicht rechtfertigt (vgl. BFH- Urteil vom 14. Mai 1992 V R 12/88, BFHE 168, 468, BStBl II 1992, 931, zu II. 2., m. w. N., u. a. auch auf die vom FA herangezogenen Entscheidungen: BFH-Beschluß vom 29. Oktober 1987 V B 109/86, BFHE 151, 247, BStBl II 1988, 96, und BFH-Urteil vom 29. November 1984 V R 38/78, BFHE 142, 519, BStBl II 1985, 269).
Fundstellen
Haufe-Index 66428 |
BFH/NV 1998, 630 |
HFR 1998, 572 |
UR 1998, 231 |