Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkunftserzielungsabsicht beim Abschluss einer privaten Rentenversicherung gegen durch Darlehen finanzierten Einmalbetrag
Leitsatz (amtlich)
Bei der Beurteilung der Frage, ob der Steuerpflichtige beim Abschluss einer privaten Rentenversicherung mit Einkunftserzielungsabsicht gehandelt hat, sind in die hiernach gebotene Prognose der insgesamt anfallenden steuerpflichtigen Einnahmen auch solche künftigen Rentenzahlungen einzubeziehen, die nach dem wahrscheinlichen Verlauf der Dinge nach dem Tod des Versicherungsnehmers an dessen Ehegatten als Hinterbliebenenrente ausgezahlt werden.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1 S. 1, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1992 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der am 15. Oktober 1937 geborene Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die am 24. Dezember 1939 geborene Klägerin erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
Ende Dezember 1992 schloss der Kläger als Versicherungsnehmer mit der X-Lebensversicherung AG (X) einen Vertrag über eine sofort beginnende Rente gegen Zahlung eines Einmalbeitrags in Höhe von 100 000 DM. Die X verpflichtete sich, beginnend ab dem 1. Januar 1993 monatlich 397,08 DM zuzüglich einer nicht garantierten Bonusrente aus der Überschussbeteiligung in Höhe von anfänglich monatlich 216,08 DM an den Kläger zu zahlen. Nach dem Tod des Klägers sollte an die Klägerin ―die im Versicherungsschein als "mitversicherte Person" bezeichnet war― bis zu deren Ableben eine Hinterbliebenenrente in unveränderter Höhe gezahlt werden. Es war eine Rentengarantiezeit von 20 Jahren vereinbart.
Der Kläger finanzierte den Einmalbeitrag in voller Höhe durch ein Bankdarlehen, das am 17. Dezember 1997 zur Rückzahlung fällig werden sollte, dessen Laufzeit aber auch ―gegebenenfalls zu neuen Konditionen― verlängert werden konnte (Darlehen I). Die Zinsen für die gesamte Zinsfestschreibungsdauer (nominal 9 %, abgezinst 36 412,96 DM) waren bereits bei der Auszahlung des Darlehens im Voraus zu entrichten. Zur Finanzierung dieser Zinsvorauszahlung nahm der Kläger ein weiteres Darlehen über 36 412,96 DM auf, bei dem die Zinsen (nominal 8,75 %) vierteljährlich nachträglich zu entrichten waren (Darlehen II). Auch hier war eine Laufzeit bis zum 17. Dezember 1997 vereinbart; Sondertilgungen waren jederzeit zulässig, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen sollte. Für die beiden Darlehen waren Kontoführungsgebühren in Höhe von jeweils 10 DM monatlich zu entrichten.
Der Kläger zahlte das Darlehen I bei dessen Fälligkeit im Dezember 1997 und das Darlehen II vorzeitig im Jahre 1993 zurück.
In ihrer Einkommensteuererklärung 1992 machten die Kläger bei den Einkünften aus Leibrenten Werbungskosten in Höhe von 42 143 DM geltend. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus der Zinsvorauszahlung (36 412,96 DM), Kontoführungsgebühren (30 DM) und einer "Konzeptgebühr" (5 700 DM), die an den Vermittler des Rentenkonzepts zu entrichten war.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) lehnte eine Berücksichtigung des Werbungskosten-Überschusses ab. Er vertrat die Auffassung, es fehle an der erforderlichen Einkunftserzielungsabsicht. Zum einen seien etwaige Einnahmen der Klägerin aus der Hinterbliebenenrente nicht in die für den Kläger zu erstellende Überschussprognose einzubeziehen. Zum anderen seien Zinsen für das Darlehen II für dessen gesamte vereinbarte Laufzeit und Zinsen für das Darlehen I auch über die Zinsfestschreibungsfrist hinaus anzusetzen.
Im Klageverfahren trugen die Kläger vor, dass im Falle einer Nichtberücksichtigung der Hinterbliebenenrente bei den Einnahmen auch die Werbungskosten um den kalkulatorisch auf die Hinterbliebenenrente entfallenden Anteil ―den die Kläger auf 19 % bezifferten― gekürzt werden müssten. Zudem müsse die vorzeitige Tilgung des Darlehens II berücksichtigt werden.
Das Finanzgericht (FG) stellte in seinem angefochtenen Zwischenurteil fest, dass der Kläger dem Grunde nach berechtigt gewesen sei, bei den sonstigen Einkünften aus Leibrenten Werbungskosten in Zusammenhang mit der Aufnahme der beiden Darlehen abzuziehen (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 2002, 840). Es bezog sowohl die Hinterbliebenenrente als auch die Schuldzinsen für die gesamte vereinbarte Laufzeit des Darlehens II in die Überschussprognose ein und ermittelte auf dieser Grundlage einen Totalüberschuss.
Mit seiner Revision begehrt das FA, die Hinterbliebenenrente nicht in die Überschussprognose einzubeziehen. Aus der gesetzlichen Systematik ergebe sich, dass Überschussprognosen subjektbezogen anzustellen seien. Diese Beurteilung könne nicht durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise verdrängt werden. Denn während im Streitfall allein der Kläger Versicherungs- und Darlehensnehmer sei, stelle die Hinterbliebenenrente einen in der Person der Klägerin entstehenden eigenen Rentenanspruch dar. Auch eine Kürzung der Werbungskosten um den kalkulatorisch auf die Hinterbliebenenrente entfallenden Anteil sei nicht möglich, weil diesen Aufwendungen ein hinreichend enger Zusammenhang mit den aufschiebend bedingten Ansprüchen der Klägerin fehle.
Das FA beantragt, das angefochtene Zwischenurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass es dem Kläger nicht an der erforderlichen Einkunftserzielungsabsicht gefehlt hat.
1. Die vom Kläger im Streitjahr 1992 geltend gemachten vorweggenommenen Werbungskosten sind dem Grunde nach bei den sonstigen Einkünften aus Leibrenten (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) abzuziehen, weil die von ihm ab dem Jahr 1993 bezogenen monatlichen Renteneinnahmen für die Dauer der Lebenszeit der Bezugspersonen gezahlt werden.
Auch die Erzielung von Einkünften aus Leibrenten setzt die Absicht voraus, auf die voraussichtliche Dauer der Betätigung oder Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 5. Mai 1993 X R 128/90, BFHE 172, 31, BStBl II 1993, 867, unter 4.a, und vom 15. Dezember 1999 X R 23/95, BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II.3.a, m.w.N.).
Der Zeitraum, für den die Überschussprognose vorzunehmen ist, entspricht bei den Einkünften aus Leibrenten im Regelfall der Gesamtdauer der Vermögensnutzung (BFH-Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II.3.b). Maßgebend sind allein die bei Vertragsschluss erkennbaren Verhältnisse, weil sich der Rentenberechtigte bereits zu diesem Zeitpunkt endgültig gebunden hat (BFH-Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II.4.a aa bb).
2. In die Überschussprognose sind auch diejenigen steuerpflichtigen Einnahmen einzubeziehen, die voraussichtlich der Klägerin nach dem Tod des Klägers als Hinterbliebenenrente zufließen werden.
a) Überschussprognosen beruhen in weitaus größerem Umfang als förmliche Steuerfestsetzungen auf wirtschaftlichen Überlegungen und Wahrscheinlichkeitserwägungen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung der sich im Streitfall wahrscheinlich ergebenden Entwicklung werden aber voraussichtlich Einnahmen aus der Hinterbliebenenrente zufließen und der Einkommensbesteuerung unterliegen.
Auch diese Einnahmen haben ihre Grundlage in dem vom Kläger abgeschlossenen Rentenvertrag und sind durch den vom Kläger gezahlten Einmalbeitrag mit erworben. Ohne die Hinterbliebenenversorgung wäre entweder (bei unveränderter Höhe des Einmalbeitrags) die an den Kläger zu zahlende Leibrente höher ausgefallen, was seine steuerpflichtigen Einnahmen erhöht hätte, oder der Einmalbeitrag wäre (bei unveränderter Höhe der monatlichen Rentenzahlung) geringer ausgefallen, womit sich auch die Finanzierungskosten im selben Verhältnis vermindert hätten.
b) Nach Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. Verfügungen der Oberfinanzdirektion ―OFD― Kiel vom 4. Oktober 2000, Finanz-Rundschau ―FR― 2001, 323, unter III.2.1.a, und der OFD Hannover vom 16. April 2002, FR 2002, 851, unter 3.1) ist zu unterscheiden zwischen der Vereinbarung von Hinterbliebenenrenten einerseits (keine Einbeziehung der Zahlungen an den überlebenden Ehegatten) und andererseits Verträgen, bei denen beide Ehegatten Versicherungsnehmer sind (Einbeziehung der Zahlungen an den überlebenden Ehegatten) bzw. Verträgen, bei denen die Rentenzahlung nicht vom Leben des Versicherungsnehmers, sondern einer dritten Person abhängig ist und nach dem Tod des Versicherungsnehmers weiterhin an dessen Erben erbracht werden soll (ebenfalls Einbeziehung der Zahlungen an den Erben). Eine solche Differenzierung erweist sich indes bei wirtschaftlicher Betrachtung für die Beurteilung der Frage, ob derjenige, dem die Einkünfte zunächst zuzurechnen sind, mit Einkunftserzielungsabsicht handelt, wenn die Rente nach seinem Ableben voraussichtlich an weitere Personen gezahlt wird, als wenig sinnvoll. Denn in sämtlichen genannten Fallgruppen bemisst sich der zu leistende Einmalbeitrag nach dem Langlebigkeitsrisiko derjenigen Person mit der statistisch höchsten Lebenserwartung; umgekehrt wird in keiner der Fallgruppen derjenige, der den Einmalbeitrag leistet, nach der wahrscheinlichen Entwicklung die volle Rentenlaufzeit erleben. Damit sprechen die wirtschaftlich entscheidenden Parameter dafür, die genannten Fälle hinsichtlich der Einkunftserzielungsabsicht gleich zu behandeln.
c) Auch in anderen Konstellationen wird die Überschuss- bzw. Totalgewinnprognose subjektübergreifend durchgeführt, wenn dies wirtschaftlich geboten ist.
So ist die Prognose des Totalgewinns bei den sog. Generationenbetrieben in der Land- und Forstwirtschaft generationenübergreifend vorzunehmen. Als Begründung führt die Rechtsprechung die in der Land- und Forstwirtschaft üblichen Hofübergabeverträge und andere der Betriebsübertragung dienende Gestaltungen an (BFH-Urteil vom 24. August 2000 IV R 46/99, BFHE 192, 542, BStBl II 2000, 674, unter 3.a). Indes ist im Verhältnis zwischen Ehegatten die Vereinbarung von Hinterbliebenenversorgungen bei der Begründung von Rentenansprüchen eines Ehegatten nicht weniger üblich als die Übergabe land- und forstwirtschaftlicher Betriebe in der Generationenfolge.
Ebenso ist bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in die Überschussprognose auch die mögliche Nutzung durch unentgeltliche Rechtsnachfolger des Steuerpflichtigen mit einzubeziehen (BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726, unter II.1.e cc); der IX. Senat geht dabei typisierend von einem Prognosezeitraum von 30 Jahren aus. Soweit die Finanzverwaltung für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Regelfall derzeit noch eine Überschussprognose über 100 Jahre vornimmt (Schreiben des Bundesministers der Finanzen ―BMF― vom 23. Juli 1992, BStBl I 1992, 434), ist dies erst recht nur dann durchführbar, wenn auch diejenigen Einnahmen, die steuerrechtlich durch Dritte erzielt werden, im Rahmen der Überschussprognose bereits bei dem ursprünglichen Inhaber der Einkunftsquelle angesetzt werden.
d) Der gegenständliche Charakter der Einkunftsquelle steht bei den Einkünften aus einer Leibrente, die durch eine einmalige Zahlung erworben wurde, in gleicher Weise im Vordergrund wie bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder den Generationenbetrieben in der Land- und Forstwirtschaft (so zutreffend Valentin, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 2001, 505, 511). Auch die Vorschriften der § 6 Abs. 3 EStG (im Streitjahr noch § 7 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ―EStDV―), § 11d EStDV und § 24 Nr. 2 EStG bringen zum Ausdruck, dass unentgeltliche Übertragungen einkommensteuerrechtliche Zusammenhänge nicht durchbrechen sollen.
Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass bei Leibrenten ―anders als bei Immobilien― nicht auf die gesamte Laufzeit der Investition, sondern nur auf die Fruchtziehung durch den jeweiligen Steuerpflichtigen abzustellen sei, weil Renten typischerweise der höchstpersönlichen Versorgung des Empfängers dienten, während sich Immobilieninvestitionen aufgrund der Besonderheiten des dortigen Marktes nur bei einer objektbezogenen Betrachtung rechneten (so aber FG Köln, Urteil vom 19. Dezember 2001 12 K 6068/97, EFG 2004, 788, Revision VIII R 76/03). Denn wenn die Parteien des Rentenversicherungsvertrages die Zahlung einer Hinterbliebenenrente ausdrücklich vereinbart haben, geht es gerade nicht mehr lediglich um die höchstpersönliche Versorgung desjenigen, der den Einmalbeitrag zahlt, sondern zusätzlich auch um die Versorgung des Hinterbliebenen.
Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass eine etwaige Zahlung der Hinterbliebenenrente an die Klägerin nicht auf einer unentgeltlichen Rechtsnachfolge im rechtstechnischen Sinne beruhen würde, sondern auf der unentgeltlichen Zuwendung eines eigenen Anspruchs der Klägerin durch den Kläger für den Fall, dass jene diesen überlebt. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtung ―die im Rahmen der Überschussprognose maßgebend ist― unterscheidet sich die unentgeltliche Zuwendung eines Anspruchs auf den Todesfall nicht entscheidungserheblich von der unentgeltlichen Einzelrechtsnachfolge.
e) Der von der Revision angeführte Hinweis auf die Rechtsprechung zu den sog. Mietkaufmodellen, wonach nicht auf die voraussichtliche Dauer der Gesamtnutzung des Wirtschaftsguts, sondern nur auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung durch den Nutzenden abzustellen sei (BFH-Urteil vom 31. März 1987 IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774), geht fehl. Denn diese Rechtsprechung ist zu Konstellationen ergangen, in denen der Steuerpflichtige sich selbst einen Endtermin für die Einkunftserzielung gesetzt hatte (ebenso im Fall des Senatsurteils vom 31. Juli 2002 X R 48/99, BFHE 200, 504, BStBl II 2003, 282). Damit ist die generationenübergreifende Einkunftserzielung durch einen Übergang der Einkunftsquelle nach dem Tod des Steuerpflichtigen nicht vergleichbar.
f) Der Berücksichtigung der Hinterbliebenenrente im Rahmen der Überschussprognose stehen auch die von der Revision geäußerten steuersystematischen Bedenken nicht entgegen.
Es geht im Streitfall nicht etwa darum, Aufwendungen, die in der Person des Klägers entstehen, mit Einnahmen einer anderen Person zu verrechnen. Vielmehr ist lediglich eine Prognose der Höhe künftiger steuerpflichtiger Einnahmen unter besonderer Berücksichtigung von Wahrscheinlichkeitserwägungen und wirtschaftlichen Überlegungen aufzustellen. Bei keiner der künftigen Steuerfestsetzungen werden Einnahmen der einen Person mit Aufwendungen einer anderen Person verrechnet werden.
Dass die Hinterbliebenenrente steuerrechtlich eine eigenständige Rente darstellt, wird auch im Rahmen der Überschussprognose dadurch berücksichtigt, dass insoweit der sich nach Maßgabe des Beginns dieser Rente ergebende ―niedrigere― Ertragsanteil angesetzt wird (dazu noch unten 3.b). Hingegen wäre bei einer Rente, die von vornherein von der Lebenszeit mehrerer Personen abhängig wäre, von Beginn an der Ertragsanteil maßgebend, der sich für das Alter der jüngsten rentenberechtigten Person im Zeitpunkt des Rentenbeginns ergibt (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 EStDV).
Auch in der bisherigen Rechtsprechung sind Hinterbliebenenrenten trotz ihrer formalen Abhängigkeit vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung steuerrechtlich dann berücksichtigt worden, wenn dies bei wirtschaftlicher Betrachtung geboten war. So sind Zusagen auf Zahlung von Hinterbliebenenrenten im Falle des Erwerbs eines Wirtschaftsguts gegen eine Rentenverpflichtung sowohl in die Ermittlung der Anschaffungskosten (BFH-Urteil vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47, unter 3.; ebenso bereits BFH-Urteil vom 11. Oktober 1963 VI 162/61 S, BFHE 78, 20, BStBl III 1964, 8, unter II.2.) als auch in die Ermittlung des in den einzelnen Rentenzahlungen enthaltenen und als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG) abziehbaren Zinsanteils (BFH-Urteile in BFHE 78, 20, BStBl III 1964, 8, unter II.1., und in BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47, unter 5.f cc) einzubeziehen; Gleiches muss für die Behandlung beim Rentenberechtigten (Veräußerer des Wirtschaftsguts) gelten.
3. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ergibt sich im Streitfall ein Totalüberschuss von mindestens 6 443,95 DM.
a) Für den am 15. Oktober 1992 55 Jahre alt gewordenen Kläger betrug die mittlere weitere Lebenserwartung in diesem Zeitpunkt nach der bei Vertragsschluss aktuellen abgekürzten Sterbetafel 1988/1990 für das frühere Bundesgebiet (vgl. zur Verwendung dieser Tafel das zur amtlichen Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom 16. September 2004 X R 25/01, BB 2005, 79, unter II.4.a) 21,56 Jahre. Dieser Wert übersteigt die vereinbarte Rentengarantiezeit von 20 Jahren. Danach ist für die Überschussprognose davon auszugehen, dass der Kläger alle Rentenzahlungen erleben wird, die bis zum 7. Mai 2014 fällig werden. Da die Rente monatlich, beginnend am 1. Januar 1993, in Höhe von 397,08 DM + 216,08 DM gezahlt wird, sind für die Jahre 1993 bis 2013 21 Jahresbeträge (154 516,32 DM) und für die Monate Januar bis Mai 2014 fünf Monatsbeträge (3 065,80 DM) anzusetzen (insgesamt 157 582,12 DM).
Bei Ansatz des im Streitjahr ―und damit im Rahmen der Überschussprognose grundsätzlich für die gesamte Rentenlaufzeit (vgl. Senatsurteil vom 16. September 2004 X R 25/01, BB 2005, 79, unter II.4.b)― geltenden Ertragsanteils von 35 % für den bei Rentenbeginn 55 Jahre alten Kläger ergeben sich steuerpflichtige Einnahmen in Höhe von 55 153,74 DM.
Ob die Leistungen aus der nicht garantierten Überschussbeteiligung ebenso wie die garantierte Rente nur mit dem Ertragsanteil oder aber ―wegen fehlender Gleichmäßigkeit― in voller Höhe als sonstige wiederkehrende Bezüge der Besteuerung unterliegen, kann hier offen bleiben (ebenso BFH-Urteil vom 30. Oktober 2001 VIII R 29/00, BFHE 197, 114, unter II.4.b cc), da sich auch bei Ansatz lediglich des Ertragsanteils ein Totalüberschuss ergibt.
b) Für die am 24. Dezember 1992 53 Jahre alt gewordene Klägerin betrug die mittlere weitere Lebenserwartung in diesem Zeitpunkt nach der abgekürzten Sterbetafel 1988/1990 für das frühere Bundesgebiet 28,28 Jahre. Entgegen der Auffassung des FG ist für die aus Sicht des Vertragsschlusses vorzunehmende Überschussprognose von der Lebenserwartung in diesem Zeitpunkt auszugehen, nicht aber von der ―in der Regel wegen des Vorversterbens eines Teils der Jahrgangskohorte deutlich höheren― Lebenserwartung, die die Klägerin für den Fall, dass sie den Kläger überleben wird, im Zeitpunkt des Ablaufs der statistischen Lebenserwartung des Klägers noch haben würde. In der Überschussprognose sind daher alle Rentenzahlungen anzusetzen, die ab Juni 2014 bis zum 5. April 2021 fällig werden (für 2014 7 Monatsbeträge, für die Jahre 2015 bis 2020 6 Jahresbeträge, für 2021 4 Monatsbeträge, insgesamt 50 892,28 DM).
Bei Ansatz des im Streitjahr geltenden Ertragsanteils von 15 % für die im Zeitpunkt des voraussichtlichen Beginns der Hinterbliebenenrente 74 Jahre alte Klägerin ergeben sich steuerpflichtige Einnahmen in Höhe von 7 633,84 DM. Die Summe aller steuerpflichtigen Einnahmen aus dem Rentenversicherungsvertrag beläuft sich damit auf 62 787,58 DM.
c) Bei den Werbungskosten hat das FG angesichts der von ihm festgestellten Einkommensverhältnisse der Kläger rechtsfehlerfrei Zinsen für das Darlehen I nur bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist nach 5 Jahren berücksichtigt. Auch die Entscheidung, Zinsen für das Darlehen II ebenfalls für die volle ursprüngliche Laufzeit dieses Vertrages ohne Berücksichtigung der nach Ablauf des Streitjahres vorgenommenen vorzeitigen Tilgung zu berücksichtigen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn insoweit kommt es darauf an, ob Indizien bereits aus der maßgeblichen Sicht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw. zu Beginn der jeweiligen Streitjahre die mögliche Prognose zulassen, dass das Darlehen vorzeitig getilgt werde (BFH-Urteil vom 9. Mai 2000 VIII R 77/97, BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660, unter A.I.3.b bb bbb). Solche Indizien hat das FG im Streitfall aber nicht feststellen können (vgl. ―zu einem weitgehend identischen Konzept― auch FG Düsseldorf, Urteil vom 7. September 2001 18 K 5112/94 E, EFG 2002, 137, unter 3.b aa, rkr.).
Der als Finanzierungsnebenkosten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG) abziehbare Teil der Konzeptgebühr ist nach den Grundsätzen des zur amtlichen Veröffentlichung bestimmten Senatsurteils vom 16. September 2004 X R 19/03 (BFH/NV 2005, 120) im Regelfall auf 2 % des Darlehensbetrages (hier: 2 000 DM) beschränkt. Für den Streitfall ist dieser Betrag jedenfalls im Rahmen der Überschussprognose zugrunde zu legen.
Für die Zeit nach Ende der Finanzierungsphase hat das FG in der Überschussprognose keinen Werbungskosten-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG angesetzt. Dies erweist sich jedenfalls für die Zeit nach Vollendung des 65. Lebensjahrs des Klägers als zutreffend, weil der Werbungskosten-Pauschbetrag dann bereits aufgrund anderweitiger Leibrentenbezüge gewährt werden wird (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. September 2004 X R 25/01, BB 2005, 79, unter II.4.g). Für die Zeit zwischen dem Ende der Finanzierungsphase und der Vollendung des 65. Lebensjahrs (d.h. die Veranlagungszeiträume 2008 bis 2011) hat das FG hierzu zwar keine Feststellungen getroffen. Da dies auf den Ausweis eines Totalüberschusses im Ergebnis aber keine Auswirkungen hat, unterstellt der Senat insoweit den Abzug des Werbungskosten-Pauschbetrags.
Danach ergeben sich die Werbungskosten wie folgt:
- Zinsen Darlehen I: 36 412,96 DM;
- Zinsen Darlehen II: 36 412,96 DM x 8,75 % x 5 Jahre = 15 930,67 DM;
- Kontoführungsgebühren 2 x 600 DM = 1 200 DM;
- Konzeptgebühr: 2 % des Darlehensbetrags I = 2 000 DM;
- Werbungskosten-Pauschbetrag: höchstens 4 Jahre x 200 DM = 800 DM;
- Summe der Werbungskosten: höchstens 56 343,63 DM.
Der Überschuss beläuft sich demgemäß auf mindestens 6 443,95 DM.
4. Für das Betragsverfahren weist der Senat hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Konzeptgebühr zunächst auf sein Urteil vom 16. September 2004 X R 19/03 (BFH/NV 2005, 120) hin. Der Streitfall zeitigt demgegenüber allerdings die Besonderheit, dass sowohl die Bezeichnung als "Konzeptgebühr" als auch deren umsatzsteuerliche Behandlung (trotz der Umsatzsteuerfreiheit von Kreditvermittlungsleistungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes hat der Vermittler die Gebühr in der Rechnung vom 28. Dezember 1992 in voller Höhe der Umsatzsteuer unterworfen) darauf hindeuten, dass hier von vornherein kein Anteil für eine Kreditvermittlungsleistung enthalten ist.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Auch wenn das FG nur ein Zwischenurteil erlässt, hat der BFH im Falle der Zurückweisung der Revision eine endgültige Kostenentscheidung zu treffen (BFH-Urteile vom 14. März 1985 IV R 1/81, BFHE 143, 223, BStBl II 1985, 368, und vom 30. Juli 2003 X R 7/99, BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408, unter II.4.).
Fundstellen
Haufe-Index 1314857 |
BFH/NV 2005, 599 |
BStBl II 2006, 234 |
BFHE 2005, 129 |
BFHE 208, 129 |
BB 2005, 1373 |
BB 2005, 482 |
DB 2005, 474 |
DStR 2005, 326 |
DStRE 2005, 303 |
DStZ 2005, 173 |
HFR 2005, 316 |