Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Werbungskostenabzug für Reparaturen an einer für weniger als einen Monat geräumten Eigentumswohnung
Leitsatz (NV)
Wird eine selbstgenutzte Eigentumswohnung zur Durchführung notwendiger Reparaturen für weniger als einen Monat vollständig geräumt, ist der Nutzungswert auch für diese Zeit nach § 21 a EStG zu ermitteln. Die Reparaturkosten sind nicht als Erhaltungsaufwand abziehbar (Ergänzung zu der Senatsentscheidung vom 12. Februar 1985 IX R 43/82, BFHE 143, 132, BStBl II 1985, 422).
Normenkette
EStG §§ 9, 21 Abs. 2, § 21a
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind im Streitjahr (1983) zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Sie ließen in der Zeit vom 23. November bis zum 2. Dezember 1983 in der von ihnen selbst zu Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung Reparatur- und Modernisierungsarbeiten (Heizung erneuern, Holzfußboden reparieren, Maler- und Tapezierarbeiten in allen Räumen) durchführen und außerdem in der Küche einen Vorratsschrank einbauen. Die Kläger räumten zur Durchführung der Arbeiten ihre Wohnung. Sie stellten die Möbel in einer Garage unter und wohnten selbst während der Renovierungszeit bei Bekannten.
In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres machten die Kläger Aufwendungen in Höhe von insgesamt ... DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) versagte den Abzug und ermittelte den Nutzungswert der Wohnung für das gesamte Kalenderjahr nach § 21 a des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Der hiergegen -- nach erfolglosem Einspruch -- gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) überwiegend statt. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, bei einer während der Dauer von Bauarbeiten unbewohnbaren und auch tatsächlich geräumten Wohnung sei der Nutzungswert nicht nach § 21 a EStG zu ermitteln. Allerdings müßten bei dem -- für diese Zeit -- gemäß § 21 Abs. 2 Alternative 1 EStG zu ermittelnden Nutzungswert solche üblichen Renovierungsaufwendungen außer Betracht bleiben, die auch ein Mieter in regelmäßigen Abständen vorzunehmen habe. Im Streitfall seien deshalb nur die Aufwendungen für die Reparatur der Heizung und des Fußbodens als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 21 a Abs. 1, Abs. 3 i. V. m. § 21 Abs. 2 EStG). Die pauschale Nutzungswertermittlung nach § 21 a EStG sei nur bei einem aufgrund von Baumängeln für mindestens einen Kalendermonat unbewohnbaren und geräumten Haus ausgeschlossen.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Mit dem während des Revisionsverfahrens erlassenen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1983 vom 23. März 1994 erklärte das FA die Steuerfestsetzung teilweise für vorläufig und berücksichtigte den gemäß § 32 Abs. 8 Satz 1 EStG 1983 bis 1985 i. d. F. des § 54 EStG (Art. 1 Nr. 18 des Steueränderungsgesetzes 1991) rückwirkend erhöhten Kinderfreibetrag. Die Kläger beantragen, diesen Bescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens zu machen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage gegen den Änderungsbescheid vom 23. März 1994 (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
Der während des Revisionsverfahrens ergangene Änderungsbescheid wurde auf Antrag der Kläger Gegenstand des Verfahrens (§§ 68, 121, 123 Satz 2 FGO).
1. Die Vorentscheidung verletzt § 21 a EStG. Das FG hat rechtsfehlerhaft die strittigen Werbungskosten zum Abzug zugelassen.
a) Nach § 21 Abs. 2 Alternative 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus. Der Nutzungswert einer eigengenutzten Eigentumswohnung ist entsprechend der Pauschalierungsregelung des § 21 a EStG durch den Ansatz des Grundbetrages zu ermitteln (vgl. § 21 a Abs. 1 Sätze 1, 2 und 5 EStG). Es reicht aus, daß die Wohnung dem Steuerpflichtigen als nutzbar zur Verfügung steht (z. B. Urteile des Senats vom 7. April 1987 IX R 133--135/84, BFHE 150, 12, BStBl II 1987, 565, und vom 17. März 1992 IX R 69/88, BFH/NV 1992, 726). Im Rahmen der pauschalen Nutzungswertermittlung nach § 21 a EStG sind gemäß § 21 a Abs. 3 EStG nur erhöhte Absetzungen und bestimmte Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Ein sofortiger Abzug von Erhaltungsaufwand ist ausnahmsweise dann möglich, wenn die eigengenutzte Eigentumswohnung wegen einer Reparatur notwendigerweise mindestens für die Dauer eines Monats vollständig geräumt werden muß (z. B. Urteil des Senats vom 12. Februar 1985 IX R 43/82, BFHE 143, 132, BStBl II 1985, 422 m. w. N.).
b) Handelt es sich dagegen -- wie im Streitfall -- nur um eine Unterbrechung der Selbstnutzung von weniger als einem Monat, bleibt § 21 a EStG anwendbar. Das ergibt sich aus dem Zweck der pauschalen Nutzungswertermittlung nach § 21 a EStG, der darin besteht, in einem vereinfachten Verfahren mit einem als Durchschnittssatz bemessenen geringen Netto- Nutzungswert die auf das selbstgenutzte Objekt entfallenden Mieteinnahmen und -- bis auf die vom Gesetz zugelassenen Ausnahmen -- auch die damit im Zusammenhang stehenden Werbungskosten vollständig abzugelten (vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. Januar 1972 VIII R 74/68, BFHE 104, 349, zu § 29 Abs. 3 EStG a. F. und der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus; ferner Clausen in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 21 a EStG Anm. 1, 15; Blümich/Stuhrmann, § 21 a Rz. 3 f.; Stephan in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 21 a EStG Rn. 69). Mit einer solchen, an einem längeren Zeitraum der Selbstnutzung ausgerichteten Pauschalierung ist es nicht zu vereinbaren, bei einer geringfügigen Unterbrechung der Selbstnutzung den Nutzungswert nicht für das gesamte Kalenderjahr pauschal nach § 21 a EStG, sondern anteilig gemäß § 21 Abs. 2 Alternative 1 EStG durch Berücksichtigung einer Rohmiete und der tatsächlichen Werbungskosten zu ermitteln. Für diese Auslegung des § 21 a EStG spricht neben dem Zweck der Pauschalierung auch die in § 21 a Abs. 1 Satz 5 EStG enthaltene Regelung. Danach sind beim Bezug der Wohnung allein die vollen Kalendermonate der Selbstnutzung bei der Berechnung des Grundbetrages zu berücksichtigen.
2. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 420512 |
BFH/NV 1995, 871 |