Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungswert eines wegen Auslandsaufenthalts des Eigentümers möbliert leerstehenden Einfamilienhauses
Leitsatz (NV)
1. Die vom Dienstherrn nach der Auslandsumzugskostenverordnung i. V. m. § 18 des Bundesumzugskostengesetzes vom 13. November 1973 (BGBl I, 1628) erstatteten notwendigen Auslagen für das Beibehalten der bisherigen Wohnung im Inland sind keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, sondern Umzugskostenvergütungen, die typisierend durch das Dienstverhältnis bedingte Kosten ersetzen sollen (Anschluß an BFH-Urteil vom 15. Oktober 1982 VI R 229/77, BFHE 136, 542, BStBl II 1983, 75).
2. Da der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus bereits dann zu versteuern ist, wenn die hinreichend ausgestattete Wohnung dem Steuerpflichtigen zur Verfügung steht, greift die Pauschalierung des Nutzungswerts des selbstgenutzten Einfamilienhauses auch während eines vierzehnmonatigen Auslandsaufenthalts des Eigentümers ein. Dies hat zur Folge, daß der Abzug der während des Auslandsaufenthalts angefallenen Aufwendungen als Werbungskosten durch § 21 a EStG begrenzt ist.
Normenkette
EStG 1983 § 9 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1-2, § 21a Abs. 3
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Die Klägerin ist Eigentümerin eines von den Klägern zunächst selbstgenutzten Einfamilienhauses. Wegen einer dienstlichen Versetzung des Klägers vom 27. Dezember 1982 bis zum 16. Februar 1984 zogen die Kläger ins Ausland. Die Bundeswehrverwaltung erstattete dem Kläger im Streitjahr (1983) Kosten für das Beibehalten der Wohnung im Inland nach § 19 der Auslandsumzugskostenverordnung (AUV) in Höhe von . . . DM.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ermittelte die Klägerin aus dem Einfamilienhaus einen Werbungskostenüberschuß in Höhe von . . . DM. Sie stellte der Auslagenerstattung Werbungskosen in Höhe von . . . DM gegenüber. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dem nicht. Er setzte die Einkünfte der Klägerin aus dem Haus gemäß § 21 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit 0 DM an. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie die Verletzung von § 21 EStG geltend machen. Es könne nicht von einer Selbstnutzung ausgegangen werden. Die Kläger hätten vom Dienstherrn Mietleistungen von . . . DM (Auslagenerstattung) erhalten, die an die Stelle der Mietzahlung eines Dritten träten. Damit sei § 21 Abs. 1 EStG und nicht § 21 a EStG anzuwenden.
Während des Revisionsverfahrens hat das FA einen vorläufigen Änderungsbescheid erlassen, den die Kläger gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gemacht haben.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist unbegründet. Die Vorinstanz hat die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Einfamilienhauses zutreffend nach § 21 a EStG ermittelt und dabei Selbstnutzung auch für den Zeitraum angenommen, in dem die Wohnung während des Aufenthalts im Ausland leerstand.
1. Die Kläger können ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht durch Gegenüberstellung von Einnahmen und Werbungskosten nach § 21 Abs. 1 EStG ermitteln, weil sie keine Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift erzielen.
Die dem Kläger von seinem Dienstherrn gewährten Leistungen nach § 10 AUV sind keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Eine Erstattung der notwendigen Auslagen für das Beibehalten der bisherigen Wohnung im Inland gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. Nr. 2 Buchst. a AUV i. V. m. § 18 des Bundesumzugskostengesetzes vom 13. November 1973 (BGBl I, 1628) ist kein Entgelt für die Überlassung der Wohnung, sondern eine Umzugskostenvergütung, die typisierend durch das Dienstverhältnis bedingte Kosten ersetzen soll (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. Oktober 1982 VI R 229/77, BFHE 136, 542, 546, BStBl II 1983, 75).
Die Klägerin erzielte auch nicht dadurch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, daß - wie sie vorträgt - der Kläger ihr die Auslagenerstattung nach § 19 AUV überließ; diese Zahlung des Klägers an seine Ehefrau ist nicht Gegenleistung für die Gewährung des Gebrauchs des Einfamilienhauses im Rahmen eines Mietvertrags gemäß § 535 des Bürgerlichen Gesetzbuches, sondern eine gemäß § 12 Nr. 2 EStG steuerlich nicht zu berücksichtigende Zuwendung des Klägers.
2. Die Kläger können die Aufwendungen auch nicht als sog. vorab entstandene Werbungskosten im Hinblick auf die spätere Rückkehr aus dem Ausland nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehen; denn die Selbstnutzung ist durch den Auslandsaufenthalt nicht unterbrochen worden. Der Abzug der im Streitjahr angefallenen Werbungskosten war deshalb auch nach dem Wegzug weiterhin durch § 21 a Abs. 3 EStG begrenzt.
Der Tatbestand des § 21 Abs. 2, 1. Alternative EStG setzt die tatsächliche Nutzung einer Wohnung zu Wohnzwecken voraus (Senatsentscheidungen vom 7. April 1987 IV R 133-135/84, BFHE 150, 12, BStBl II 1987, 565, und vom 12. Februar 1985 IX R 43/82, BFHE 143, 132, BStBl II 1985, 423, m. w. N.). Diese Voraussetzung ist bereits dann erfüllt, wenn dem Steuerpflichtigen eine hinreichend ausgestattete Wohnung zur Nutzung zur Verfügung steht (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. zuletzt Senatsentscheidung vom 25. Juni 1991 IX R 7/85, BFHE 165, 67, 69, BStBl II 1992, 24, m. w. N.).
Nach der Rechtsprechung des BFH ist § 21 a EStG zwar nicht schon dann anwendbar, wenn der Steuerpflichtige eine Wohnung zu Eigenwohnzwecken objektiv nutzen kann, sie aber aus subjektiven Gründen zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch nicht nutzt, sondern sie einige Monate lang oder länger leerstehen läßt (Senatsentscheidung in BFHE 150, 12, BStBl II 1987, 565; BFH-Urteil vom 26. August 1975 VIII R 120/72, BFHE 117, 54, BStBl II 1976, 9). Diese Rechtsgrundsätze sind jedoch hier nicht anwendbar. Die genannten Entscheidungen betrafen Fälle, in denen die Wohnungen lediglich in ,,baulicher" Hinsicht bezugsfertig waren, die Eigentümer sie aber noch nicht bezogen und damit noch nicht zu Wohnzwecken genutzt hatten. Im Unterschied dazu bestand im Streitfall bereits eine Nutzung, es lag ein ,,Nutzungs"wert vor. Die Nutzung dauerte auch nach dem Wegzug an, da die Wohnung weiterhin eingerichtet war; sie stand den Klägern ununterbrochen zur Nutzung zur Verfügung. Unerheblich ist insoweit, aus welchen Gründen die Kläger die Wohnung tatsächlich nicht genutzt haben (vgl. Senatsentscheidung in BFHE 165, 67, BStBl II 1992, 24; Clausen in Herrmann / Heuer / Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 21 a EStG Anm. 72).
Dagegen, daß die Kläger die Wohnung selbst genutzt haben, spricht auch nicht, daß sie Leistungen nach § 19 AUV nur unter der Auflage erhielten, diese Wohnung nicht zu benutzen; denn ein Verstoß gegen die Auflage hätte lediglich den Verlust der Leistungen nach § 19 AUV zur Folge gehabt. Dies ändert nichts daran, daß ihnen die Wohnung zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung stand.
Fundstellen
Haufe-Index 418344 |
BFH/NV 1992, 726 |