Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit von Aufwandsentschädigungen - Honorar für ein Rundfunk-Essay nicht steuerfrei
Leitsatz (amtlich)
Das Verfassen und der Vortrag eines Rundfunk-Essays sind mit den in § 3 Nr.26 EStG aufgeführten Tätigkeiten der Übungsleiter, Ausbilder oder Erzieher nicht vergleichbar.
Orientierungssatz
Die Vergleichbarkeit der sozialen Ergebnisse der Tätigkeit reicht nicht aus, um die Tatbestandsvoraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 26 EStG in der vor 1990 geltenden Fassung zu erfüllen. Gemeinsamer Nenner der im Gesetz genannten Tätigkeit ist die pädagogische Ausrichtung. Ausbilder, Übungsleiter und Erzieher haben miteinander gemeinsam, daß sie auf andere Menschen durch persönlichen Kontakt Einfluß nehmen, um auf diese Weise geistige und leibliche Fähigkeiten zu entwickeln und zu fördern. Nach dem möglichen Wortsinn des Gesetzes können demnach als vergleichbar auch nur solche Tätigkeiten eingestuft werden, die die oben dargestellte spezifische Gemeinsamkeit mit den im Gesetz ausdrücklich genannten aufweisen.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 26
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Professor an einer Universität und erzielte aus dieser Tätigkeit im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Im Rahmen seiner selbständigen Nebentätigkeit hatte der Kläger für das Hörfunkprogramm einer Rundfunkanstalt einen Beitrag verfaßt, der im Rahmen einer kulturgeschichtlichen Sendereihe gesendet wurde. Für das Honorar in Höhe von 1 500 DM beantragte der Kläger bei der Einkommensteuerveranlagung 1984 (Streitjahr) Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr.26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und führte aus, daß die Tätigkeit nebenberuflich zur Förderung gemeinnütziger Zwecke im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts ausgeübt worden sei. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit sei mit der eines Übungsleiters, Ausbilders oder Erziehers vergleichbar, weil durch den von ihm erarbeiteten Beitrag anderen Menschen Wissen, Erkenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten vermittelt worden seien.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) behandelte dieses Honorar unter Abzug geschätzter Betriebsausgaben in Höhe von 375 DM als steuerpflichtig. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1990, 15 veröffentlichten Urteil ab.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat zutreffend entschieden, daß das Honorar für den vom Kläger verfaßten und im Rundfunk vorgetragenen Essay nicht nach § 3 Nr.26 EStG in der vor 1990 geltenden Fassung steuerbefreit ist.
§ 3 Nr.26 EStG bezeichnet in der vor 1990 geltenden Fassung als steuerfrei Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder für eine vergleichbare nebenberufliche Tätigkeit zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke im Dienst oder Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs.1 Nr.9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) fallenden Einrichtung.
Nach dem Senatsurteil vom 23.Januar 1986 IV R 24/84 (BFHE 146, 63, BStBl II 1986, 398) gehört deshalb zu den begünstigten Tätigkeiten die Entwicklung geistiger und leiblicher Fähigkeiten anderer Menschen durch Ausbildung vorhandener Anlagen; gleichgestellt ist dem die Leitung von Übungen, in denen Menschen ihre Fähigkeiten selbst entwickeln oder erproben. Was zu den ebenfalls begünstigten "vergleichbaren Tätigkeiten" gehört, konnte der Senat in seiner damaligen Entscheidung offenlassen.
Es ist umstritten, ob sich die Definition der Vergleichbarkeit an der Art oder dem sozialen Ergebnis der Tätigkeit orientieren soll (Meincke in Littmann/Bitz/Meincke, Einkommensteuergesetz, § 3 Rdnr.140; auf die Art der Tätigkeit wollen abstellen: Hessisches FG, Urteil vom 11.Juli 1989 1 K 100/84, EFG 1989, 618; Niedersächsisches FG, Urteil vom 2.März 1989 III 244/88, EFG 1989, 619; Abschn.17 Abs.1 der Lohnsteuer-Richtlinien --LStR-- 1990; Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 3, Anm.38d ff.; für eine Orientierung am sozialen Ergebnis: Richter, Finanz-Rundschau --FR-- 1980, 425; Schad/Eversberg, Der Betrieb --DB-- 1980, 1234; Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 3 Nr.26 EStG, Grüne Seiten, S.22; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 10.Aufl., § 3 "Übungsleiter" c; v. Beckerath in Kirchhoff/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 3 Rdnr.B 26/37).
Der Senat vertritt die Auffassung, daß die Vergleichbarkeit der sozialen Ergebnisse der Tätigkeit nicht ausreicht, um die Tatbestandsvoraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr.26 EStG in der vor 1990 geltenden Fassung zu erfüllen. Gemeinsamer Nenner der im Gesetz genannten Tätigkeit ist, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, die pädagogische Ausrichtung. Ausbilder, Übungsleiter und Erzieher haben miteinander gemeinsam, daß sie auf andere Menschen durch persönlichen Kontakt Einfluß nehmen, um auf diese Weise geistige und leibliche Fähigkeiten zu entwickeln und zu fördern (vgl. Senatsurteil in BFHE 146, 63, BStBl II 1986, 398). Diese Gemeinsamkeit ist spezifischer als die, daß die Tätigkeit unter sozialen Aspekten wünschenswert ist; denn letzteres trifft auf eine Vielzahl der verschiedensten Aktivitäten zu. Demzufolge können nach dem möglichen Wortsinn des Gesetzes als vergleichbar auch nur solche Tätigkeiten eingestuft werden, die die oben dargestellte spezifische Gemeinsamkeit mit den im Gesetz ausdrücklich genannten aufweisen. Typisches Beispiel ist die Tätigkeit als Prüfer in den die Ausbildung abschließenden Examina (Senatsurteile vom 29.Januar 1987 IV R 189/85, BFHE 149, 45, BStBl II 1987, 783; vom 23.Juni 1988 IV R 21/86, BFHE 154, 81, BStBl II 1988, 890).
Bei Anwendung dieser Grundsätze stellt die streitige Tätigkeit des Klägers keine "vergleichbare Tätigkeit" i.S. des § 3 Nr.26 EStG dar. Die Vermittlung von Informationen im Rahmen eines Rundfunkbeitrags mag zwar der Entwicklung geistiger Fähigkeiten dienlich sein, es fehlt aber an der Einflußnahme durch den persönlichen Kontakt mit den Hörern. Daran vermag auch das Vorbringen des Klägers, er habe auf den Vortrag hin eine Reihe von Hörerzuschriften erhalten und konkret beantwortet, nichts zu ändern. Einem derartigen Schriftwechsel fehlt die pädagogische Zielsetzung, wie sie beispielsweise bei der schriftlichen Korrektur von Klausuren gegeben sein mag.
Zu Recht weist das FG auch darauf hin, daß die streitige Tätigkeit des Klägers in den journalistisch-schriftstellerischen Bereich einzuordnen ist, der im Rahmen des § 3 Nr.26 EStG von dem der Ausbildung abgegrenzt werden muß. Das folgt nicht nur daraus, das die Vergleichbarkeit einer Tätigkeit, wie oben dargestellt, aus den spezifischen Gemeinsamkeiten mit der Tätigkeit eines Übungsleiters, Ausbilders oder Erziehers herzuleiten ist, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung sollte sich die Steuerbefreiung auf alle nebenberuflichen Tätigkeiten zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke erstrecken (BTDrucks 8/3688, 3). Der Bundesrat äußerte gegen eine so weit gefaßte Regelung Bedenken. Ziel der Gesetzesänderung sei es, Zahlungen für solche Tätigkeiten von der Einkommensteuer zu befreien, die typischerweise gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke unmittelbar förderten und in aller Regel nicht gegen Arbeitslohn im eigentlichen Sinne, sondern gegen eine Entschädigung erbracht würden (BTDrucks 8/3688, 27). Daraufhin schlug der Finanzausschuß des Bundestages die im Streitfall maßgebende, bis 1989 geltende Gesetzesfassung vor.
Die Abfassung und der Vortrag eines Rundfunkbeitrags zählen nicht zu den Tätigkeiten, die üblicherweise gegen eine Entschädigung erbracht werden. Vielmehr zahlen die Rundfunkanstalten Honorare, bei denen nicht danach unterschieden wird, ob der Empfänger seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus ihnen bestreitet, oder ob er nebenberuflich tätig wird.
Fundstellen
Haufe-Index 63932 |
BFH/NV 1992, 15 |
BStBl II 1992, 176 |
BFHE 166, 72 |
BFHE 1992, 72 |
BB 1992, 691 |
BB 1992, 691 (LT) |
DB 1992, 871 (L) |
HFR 1992, 172 (LT) |
StE 1992, 83 (K) |